Zurück zur Kohle: Wackelt der “Green Deal”?
Nicht nur Deutschland, auch Österreich und andere EU-Länder wollen wegen Problemen bei der Gasversorgung aus Russland zurück zur Kohleverstromung. Wackelt der “Green Deal”?
Nein, sagt die EU-Kommission. Man halte ja an den EU-Zielen zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern fest. Außerdem sei die Nutzung von Kohlekraftwerken ja nur eine vorübergehende Maßnahme.
Da macht es sich von der Leyen wohl etwas zu leicht. Auch wenn die CDU-Politikerin und der grüne deutsche Wirtschaftsminister Habeck mittlerweile dicke Freunde sind – klimapolitisch geraten sie auf eine falsche Spur.
Das sei sei „klimapolitisch keine leichte Entscheidung“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dem „Tagesspiegel“. „Um den Gasverbrauch bei der Stromerzeugung zu reduzieren, ist das aber notwendig“, sagte Müller weiter.
Doch warum muß man den Gasverbrauch senken? Weil nicht mehr genug Gas aus Russland ankommt. Dies wiederum ist eine direkte Folge der EU-Sanktionen gegen die Gaspipeline Nord Stream 2, Kohle und Öl aus Russland.
Diese Sanktionen kann man geopolitisch begründen. Dann sollte man aber auch wenigstens so ehrlich sein zu sagen, dass sie im Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen stehen – genau wie die Beschaffung von klimaschädlichem Frackinggas made in USA.
Anders gesagt: Die neue Anti-Russland-Politik, die Deutschland und die EU verfolgen, gefährdet den “Green Deal”. Und auch den klimapolitischen Konsens in der EU. In Frankreich schüttelt man über die Rückkehr zur Kohleverstromung nur noch den Kopf…
Siehe auch “Neues vom Wirtschaftskrieg: “Die Lage ist ernst”. Mehr zum “Green Deal” hier
Ditmar Porth
21. Juni 2022 @ 13:45
Lieber Herr Armin Christ,
Sie sprechen mir und Millionen Bürgern aus der Seele.
Warum sollen wir für ein korruptestes und nationalistische System in der Ukraine den Wünschen der USA immer hörig sein. Nordstream 2 ist bereit zur Gaslieferung ,und das würde die Öl -und Gaspreise ,die künstlich hochgetrieben wurden, zu Fall bringen.
ebo
21. Juni 2022 @ 13:46
Stattdessen planen die USA jetzt einen Preisdeckel für Öl 🙂
Armin Christ
21. Juni 2022 @ 09:38
Mein Tipp: Wenn Nordstream 1 wegen der kanadischen Sanktionspolitik gegen Kompressoren nicht funktioniert, dann nehmt endlich Nordstream 2 in Betrieb. Ich habe die Schauze voll von Politikern und innen,die nach der Pfeife Washingtons tanzen und EUropäische wie nationale Interessen verleugnen. Die Ukraine ist wahrlich nicht der Hort von Freiheit und Demokratie.
Thomas Damrau
20. Juni 2022 @ 14:27
Vor kurzem haben wir alle noch über die hohe Abhängigkeit der EU und insbesondere Deutschlands von russischen Steinkohlelieferungen gejammert ( https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/eu-kommission-schraenkt-russische-kohleimporte-ein-101.html ).
Einschub —– Ich hoffe, dass mit “mehr Kohle” nicht Braukohle gemeint ist …
Diese Abhängigkeit sollte beendet werden. Das ist sicherlich möglich, da die weltweiten Kohlereserven ausreichend sind. Nur ergibt sich inzwischen ein konfuser Strategie-Mix:
1) Eine langfristige Aufforderung zum De-Investment in Kohle, um gegen die Erdüberhitzung vorzugehen.
2) Eine mittelfristige Aufforderung mehr Kohle zu produzieren, um russische Kohle zu ersetzen zu können.
3) Ein zusätzlicher kurzfristiger Bedarf an Kohle zur Stromerzeugung.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Märkte wirklich so flexibel sind.
PS: jetzt ist es amtlich: Russland hat neue Abnehmer für sein Öl gefunden ( https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/russland-ukraine-oelexport-china-indien-preisnachlaesse-saudi-arabien-101.html )
Bei Erdöl und Erdgas (und möglicherweise auch Uran) ist die weltweite Nachfrage offensichtlich immer noch hoch genug, so dass sich lediglich neue Lieferanten-Komsumenten-Konstellationen bilden, aber niemand auf seinem Stoff sitzen bleibt.