Zum Dessert ein bisschen Krise

Zeremonienmeister Herman bleibt Zuchtmutter Angie treu 

EU-Ratspräsident Van Rompuy hat das Menü für den EU-Sondergipfel am Mittwoch bereitet. Er fordert eine offene Debatte über Wachstum und Jobs, Tabus soll es dabei nicht geben. Doch seine Vorschläge liegen ganz auf der deutschen Linie: der Sparkurs wird nicht angetastet, der Fiskalpakt nicht aufgemacht, Eurobonds werden nicht einmal erwähnt. Da wird Frankreichs Präsident Hollande ganz schön kämpfen müssen…

Beschlüsse sind am Mittwoch noch nicht geplant, vielmehr dient das Treffen dem Kennenlernen und der Vorbereitung des EU-Gipfels Ende Juni. Gleichwohl ist es wichtig, denn die Eurokrise gerät zunehmend außer Kontrolle. Van Rompuy möchte „aktuelle Entwicklungen in der Eurozone“ jedoch erst ganz zum Schluß, beim Dessert, ansprechen. Griechenland, Spanien, Bankenrun – das kommt erst bei der Mousse au chocolat zu Wort, wenn überhaupt.

Im Vordergrund soll der von Hollande geforderte Wachstumspakt stehen. Doch eine Neuverhandlung des umstrittenen Fiskalpakts sieht Herman der Deutsche – pardon: Belgier – nicht vor. Auch Eurobonds stehen nicht auf der Tagesordnung – dabei pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass nicht nur Hollande, sondern auch Italiens Mighty Monti über die Gemeinschaftsanleihen sprechen wollen, die die EU-Kommission im Dezember vorgeschlagen hatte.

Hier die entscheidende Passage aus Van Rompuys Einladung: 

  • Measures improving the financing of the economy: under this heading, various interesting ideas have been floated over the past months and some of them are already being actively pursued. I would mention first the EIB, which could be better mobilized to support SMEs and key infrastructure through an increase in its capital and a strengthening of existing joint instruments (Risk Sharing Finance Facility; Loan guarantee for Transport). It is also urgent to put into place the Project Bond pilot phase. More generally, EU structural funds should be better focused on competitiveness and convergence. There is scope to do this already now, but we should also ensure in the upcoming MFF negotiations that EU funds are better geared to help growth and jobs. Then we have the difficult issue of a possible FTT. I am fully aware of the divergences of views there are on this subject, but we should not shrink from exchanging views and hopefully finding a pragmatic way forward. 

Die 27 sollen also über verschiedene interessante Ideen sprechen, aber bitteschön nicht über Eurobonds, und bitteschön auch nicht im Zusammenhang mit der akuten Krise. Damit droht wieder einmal eine völlig weltfremde und abgehobene Grundsatzdebatte wie beim Fiskalpakt: man redet über schöne Prinzipien und tolle Konzepte, ohne die aktuellen Probleme und ihre realen Ursachen zu diskutieren. 

Fazit: Von diesem Abendessen unter 54 Augen (Herman nicht mitgezählt) ist nicht viel zu erwarten – es sei denn, es wird, wie so oft in letzter Zeit, kurzfristig ergänzt bzw. verlängert. Vielleicht gibt es ja vorher ein Treffen Merkel-Hollande, oder hinterher eine Krisensitzung zu Spanien? Von letzterer würden wir aber wahrscheinlich nichts erfahren, jedenfalls nicht von offizieller Seite…

 

 

 


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