Kontrollverlust (III)

Sie sind mehr für mehr Wachstum, aber auch nicht gegen Konsolidierung

Wie kann man die Eurokrise eindämmen, ohne dass es noch mehr kostet? Und wie kann man die Griechen aus dem Euro werfen, ohne dass es nach Rauswurf aussieht? Dies sind die Fragen, mit denen sich die Euro-„Retter“ seit den Wahlen in Paris und Athen plagen. Sie haben auch das G8-Treffen in Camp David beherrscht. Dabei wurde offenbar, dass selbst die Großen Acht die Kontrolle über die Krise verloren haben – sie flüchteten sich in paradoxe Formelkompromisse.

„Konsolidierung UND Wachstum“, Griechenland soll im Euro bleiben UND seine Verpflichtungen erfüllendas sind die Zauberformeln, die in Camp David ersonnen wurden. Sie klingen gut, da sie sowohl Obama als auch Merkel, Hollande wie Cameron in den Kram passen – jeder kann sein Gesicht wahren, niemand hat verloren. Weder muss man Athen sofort aus dem Euro werfen, noch muss man frisches Geld in die Hand nehmen, heißt die frohe Botschaft aus Camp David. 

Doch in Wahrheit sagt sie nichts anderes, als dass die Großen Acht ratlos sind und die Dinge treiben lassen. Wachstum kann es mit dem aktuellen Konsolidierungskurs zumindest in Südeuropa nicht geben, wie die Lage in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal überdeutlich zeigt. Es zeugt von großer intellektueller Unredlichkeit der Kanzlerin, dies nach drei Jahren Krise immer noch zu leugnen und auch noch so zu tun, als habe sie, die immer nur sparen predigt, beim G8-Treffen gesiegt.

Noch grotesker ist die Wunderformel für Griechenland. Es sind ja gerade die Verpflichtungen, sprich Spardiktate, die das Land in den letzten drei Jahren in den wirtschaftlichen und politischen Ruin getrieben haben. Sie haben zur schlimmsten Rezession seit dem 2. Weltkrieg und zum Machtverlust der beiden Blockparteien geführt. Genau diese Verpflichtungen nun zur Bedingung für einen Verbleib im Euro zu machen, heißt nichts anderes, als dass man die Griechen loswerden will.

Doch nicht einmal den Abgang haben die Großen Acht unter Kontrolle, die Europäer schon gar nicht. Davon zeugt die Farce um das Euro-Referendum, das Merkel offenbar gleichzeitig mit der Neuwahl am 17. Juni abhalten lassen wollte, das ihr aber schon vorher auf die Füße fiel. Eine Volksabstimmung hätte den Vorteil, hinterher den Neinsagern die Schuld in die Schuhe scheiben zu können. Eine Parlamentswahl hingegen lässt sich nicht so leicht zur Euro-Wahl umfunktionieren, wie man dies in Berlin und Brüssel gerne hätte.

Letztlich zeigt das G-8-Ergebnis und der Eiertanz der Europäer in Camp David nur, dass sie völlig ratlos sind und die Kontrolle verloren haben. Nach den Banken und Zentralbanken (siehe Kontrollverlust I), nach der EU-Kommission und dem offiziellen Brüssel (Kontrollverlust II) sind nun auch die selbst ernannten „Führer der freien Welt“ mit ihrem Latein am Ende. Selbst Obama wirkt hilflos, wenn er die Europäer anfleht, „glaubwürdig und schnell“ auf Verwerfungen in der Eurozone zu reagieren – denn die könnten seine Wiederwahl gefährden.

Die wahren Akteure der Geschichte sind ab sofort die Griechen, die den weiteren Verlauf durch die Abstimmung am Bankkonto und an der Wahlurne bestimmen können – und die Märkte, die darüber entscheiden, ob sich die Krise ausweitet oder beruhigt. Am Freitag letzter Woche entschieden sich die Märkte für eine Zuspitzung der Lage: Die Ratingagentur Moody’s sorgte mit einem Downgrading für italienische und spanische Banken für neue Panik.

Dass den G8 zu dieser bedrohlichen Eskalation nichts einfiel, dass sie nicht einmal ein mahnendes Wort an die Märkte richteten, die Lage nicht noch weiter anzuheizen, ist an sich schon ein Armutszeugnis…

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