“Zensur” bei YouTube? Moskau tobt, Brüssel schweigt

Der US-Konzern YouTube hat die deutschsprachigen Kanäle des russischen Senders RT gesperrt. Ein bisher einmaliger Vorgang, in Moskau spricht man von “Zensur”. Doch niemand fühlt sich zuständig, Brüssel schweigt.

YouTube hatte die ungewöhnliche Maßnahmen mit Falschinformationen zu Corona begründet. Auf der Website der Videoplattform, die zum Google-Imperium gehört, finden sich allerdings keine näheren Erläuterungen oder Belege.

Deshalb lässt sich auch nicht nachprüfen, ob RT deutsch die Richtlinien mißachtet hat – und ob der Verstoß so gravierend war, dass deshalb gleich der gesamte Inhalt gelöscht und der Kanal gesperrt werden mußte.

Die Maßnahme wirkt bizarr – denn RT francais oder englisch sind weiter zugänglich. Dabei sind die Inhalte der Sender, die als Kreml-nah gelten, im Kern dieselben.

Dies legt die Vermutung nahe, dass YouTube zu dem harten Schritt gegen den deutschen Kanal gedrängt wurde – aus Berlin oder Brüssel.

Die EU-Kommission hatte erst im Juni neue Maßnahmen gegen Desinformation vorgeschlagen. Der bestehende Verhaltenskodex gegen Desinformation für Plattformen wie Facebook und Youtube solle gestärkt werden, hieß es.

Auch die Bundesregierung verstärkte den Kampf gegen “Desinformation”. Gleich nach der Bundestagswahl wurde die YouTube-Richtlinie zu Fehlinformationen über Wahlen verschärft. Berlin weist jedoch jede Verantwortung zurück.

Es handele sich um eine Entscheidung von Youtube, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Bundesregierung habe damit nichts damit zu tun. Wer anderes behaupte, bastele sich “eine Verschwörungstheorie” zurecht.

Und was sagt Brüssel? Nichts. Die EU-Kommission, die sonst gern über “Fake News” spricht und die Pressefreiheit verteidigt, hatte am Mittwoch Wichtigeres zu tun – Hauptthema war der Kampf gegen “Menschenschmuggel” aus Belarus.

Umso drastischer fiel die Reaktion in Moskau aus. Russland drohte YouTube mit einem Verbot. Außerdem prüfe die Regierung Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Sender, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

Wenn es dazu kommen sollte, dürfte die Reaktion der EU nicht lange auf sich warten lassen…

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P. S. Wäre es nicht Aufgabe der Bundesregierung, die Pressefreiheit in Deutschland zu verteidigen – auch bei YouTube? Wenn sie schweigt, könnte die Blockade von RT deutsch zu einem gefährlichen Präzedenzfall werden.