Wollt ihr den absoluten Macron?
Die Nationalisten verlieren, die Pro-Europäer gewinnen. So interpretiert man in Brüssel die letzten Wahlen. Britanniens May gilt als Loserin, Frankreichs Macron als Hoffnungsträger. Doch was, wenn Macron zu stark wird – und alle anderen Politiker und Parteien überrennt?
Das prophezeit nicht nur der „Canard Enchainé“. Das Satireblatt vergleicht Macrons Bewegung „En marche“ mit einer Armee, die alles platt macht. Sozialisten und Republikaner bleibe da nur der Todesmarsch.
Auch die Umfrageinstitute sehen beim ersten Wahlgang der Parlamentswahl einen überwältigenden Sieg der Macron-Anhänger voraus. Bei den Auslandsfranzosen liegt der Präsident bereits klar vorn.
Im ersten Wahlgang errangen in 10 von 11 Wahlkreisen Kandidaten von „La République en Marche“ und der verbündeten MoDem-Partei den ersten Platz. Selbst sicher geglaubte Wahlkreise der Konservativen fielen.
Wenn sich dieser Trend am Sonntag in Frankreich wiederholt, könnte von den Altparteien nicht mehr viel übrig bleiben. Sogar Promis wie Ex-Premier Valls müssen zittern. Die Sozialisten könnten ganz verschwinden.
Geschieht ihnen recht, könnte man meinen. Schließlich haben die Sozis ihr Programm komplett verraten, die Bilanz von Valls und Ex-Präsident Hollande ist miserabel. Auch die Rechte hat versagt.
Allerdings ist es schon merkwürdig, dass sogar völlig unbekannte Kandidaten beste Chancen haben, erfahrene Berufspolitiker zu verdrängen. Noch merkwürdiger ist es, dass Macron sich offenbar alles erlauben kann.
Es will nicht nur im Eilverfahren seine neoliberale Arbeitsmarkt-Reform durchboxen. Er will auch noch den Ausnahmezustand per Gesetz zum Normalfall machen – es wäre das Ende der liberalen Demokratie.
Das sei eben der Preis, den Frankreich zahlen muss, wenn es wieder groß werden will, heißt es achselzuckend in Brüssel und Berlin. Macron müsse seine „Hausaufgaben“ machen und die „Revolution“ vollenden.
Wollen die Franzosen diesen Preis wirklich zahlen? Wollen sie die Opposition zur Bedeutungslosigkeit verdammen und so die Republik, die wahre, schwächen? Wollt ihr den absoluten Macron?
Ähnliche Fragen stellt sich die Pariser Korrespondentin des belgischen „Soir“. „Eine Demokratie ohne Opposition ist nicht gesund“, schreibt sie (auf französisch)
Andres Müller
13. Juni 2017 @ 16:46
Wie ich bereits sagte und was ich glaube, Macron wird (für 90% der Franzosen) vermutlich in einigen Monaten bis Jahren noch die schlechtere Wahl als Le Pen gewesen sein. Mich wundert die aktuell immer tiefere Wahlbeteiligung nicht, wer will schon zwischen Cholera (Le Pen) und Pest (Macron) entscheiden?
Wer sich intensiv mit diesem Mann beschäftigt hat, der weiss das der Mann Politik nicht für Frankreich machen wird, sondern für das neolieral-autokratisch-oligarchische Netzwerk der (nach wie vor US dominierten) transatlantischen Konzerne.
Siehe auch (französisch) diesen interessanten Artikel vom November 16
http://www.monde-diplomatique.fr/2016/11/QUATREPOINT/56762
„In dieser globalisierten Welt hat das Französisch Eliten das gleiche Verhalten und die gleichen Ambitionen wie ihre US-Kollegen angenommen“
Kleine satirische Zugabe: Meine Frage lautet jetzt nur noch, wann und wo wird sich Macron mit solchen Herren wie Barroso von Goldman Sachs, treffen (vielleicht auch um die Briten zu „retten“) ?