Abrechnung mit der FDP

Die FDP-Abgeordneten im Europaparlament stehen nach der Pleite bei der Bundestagswahl mit dem Rücken zur Wand. Nun tritt einer aus – J. Chatzimarkakis wirft Merkel und ihren liberalen Ex-Ministern vor, in der Eurokrise “zu viel Schwachsinn” gemacht zu haben. Ein Interview.

Herr Chatzimarkakis, Sie wollen nicht mehr für die FDP ins nächste Europaparlament einziehen. Nun treten Sie auch noch aus der Partei aus. Warum?

Ich war 17 Jahre im FDP-Bundesvorstand. Ich habe dieser Partei viel zu verdanken. Aber jetzt möchte ich endlich wieder authentisch sein und in Griechenland Politik machen, wo ich ja auch meine Wurzeln habe. Ich bin gegen das Merkel-Barroso-Europa, die Europawahl ist die letzte Ausfahrt in Richtung Bundesstaat. Leider hat die FDP das nicht erkannt. Der frühere Parteichef Rösler hat gemeinsam mit Merkel so viel Schwachsinn in der Eurokrise gemacht, da hört bei mir die Freundschaft auf. Man hätte mehr auf Genscher hören müssen, wegen dem ich überhaupt in die FDP eingetreten bin.

Wann kam es zum Bruch? Es gibt ja dieses Rösler-Zitat: “Wir müssen uns doch nicht von jedem kretischen Schafshirten vorschreiben lassen, was wir zu tun haben.“ War es das?

Nein, das Zitat ist von Brüderle, nicht von Rösler. Aber das hat mich schon sehr getroffen, auch wenn es sicher flapsig-scherzhaft gemeint war. Dennoch fühlte ich mich als europäischer Patriot verletzt. Aber es ging ja nicht nur um mich, sondern auch um die Stützung Griechenlands und die Rettung des Euro. Das war 2010, ich hatte einen Vorschlag für einen Europäischen Stabilitätsmechanismus formuliert, der damals schon ESM heißen sollte. Doch Brüderle lehnte das mit diesem unsäglichen Zitat ab. Damit hat mein innerer Abschied aus der Partei begonnen.

Und Ihr Abgang hat gar nichts mit der Plagiats-Affäre zu tun?

Nein! Warum hätte ich denn nicht wieder aufgestellt werden sollen? Hätte es einen glaubwürdigeren Vertreter für die antigriechische Politik der FDP gegeben, als jemanden mit einem griechischen Namen?

Listenplatz 3 hätte ich auch zum vierten Mal hintereinander verteidigen können. Außerdem: Nehmen Sie Frau Schavan, sie hat genau dieselben Probleme, und sie wurde mit 99prozentiger Zustimmung wieder von der CDU als Kandidatin für den Bundestag aufgestellt.

Aber Ihre Parteifreundin Koch-Mehrin musste weichen…

Jeder Fall ist anders. Noch einmal: Ich gehe nicht wegen des Doktortitels, sondern weil ich mich während der schwarz-gelben Koalition von der FDP-entfremdet habe. Mit Christian Lindner, den ich sehr schätze, ebenso wie mit Alexander Graf Lambsdorff, hat die FDP eine Chance auf einen Neuanfang. Aber das ist nicht mein Projekt. Ich will Griechenland helfen.

Nie wieder FDP?

Ich werde Fördermitglied der FDP. Wenn mich liberale Parteigruppen auch künftig im Europaparlament oder in Griechenland besuchen wollen, sind sie herzlich willkommen!

Dies ist die Kurzfassung eines Interviews, das ich auf Cicero online veröffentlicht habe. Das Original steht hier