Was klappt noch? Der Stabipakt nicht!
165 Mal wurde der Stabilitätspakt für den Euro gebrochen. Das hat Ex-Ifo-Chef Sinn ausgerechnet. In 112 Fällen hätte die EU-Kommission eine Strafe verhängen müssen, behauptet der Ökonomie-Professor.
“Geschehen ist dies nicht ein einziges Mal”, klagt der Anhänger der Stabilitätskultur. Was nicht ganz plausibel ist, schließlich bereitet die EU gerade Sanktionen gegen Spanien und Portugal vor.
Aber egal, eigentlich geht es Sinn um etwas ganz anderes. Es geht um Frankreich, das besonders penetrant gegen die Maastricht-Regeln verstoße – und um Deutschland, das zu wenig dagegen tue.
Aber was soll Deutschland denn unternehmen, und warum? Bisher hat Frankreich den Euro noch nicht erschüttert, ein Budgetdefizit von 3,3 Prozent ist keine Gefahr für die Stabilität.
Eine Gefahr wäre es allerdings, wenn die EU Frankreich nun Strafen aufbrummen würde, wegen der 0,x Prozent zu viel Neuverschuldung. Das würde FN-Führerin Le Pen zum Sieg verhelfen.
Und selbst wenn nicht gerade Präsidentschaftswahlen bevorstünden: Wenn Deutschland nun auch noch Frankreich droht, dann verliert es auch den letzten noch halbwegs treuen Partner in Europa.
Es ist wie mit so vielen Dingen in der EU: Man hat Regeln aufgestellt, die nicht viel bringen und sich in der Praxis nicht bewähren – und dabei vergessen, dass es auch noch die Politik gibt…
Deutschland
28. Oktober 2016 @ 10:54
Der Ursprung des Übels von Euroland liegt in der mangelhaften Umsetzung der Stabi-Kriterien. “Hätte” man sich in allen Ländern daran gehalten, “hätte” man heute wesentlich wettbewerbsfähigere Volkswirtschaften innerhalb Europas. Doch das Brechen der Kriterien und das anschließende Ausbleiben von Strafen bis hin zur Finanzierung der nicht-restrukturierten Volkswirtschaften durch die EZB ist die Ursache für die heutige Misere – da wundert es mich schon sehr, dass Sie als klarer Kritiker der heutigen Zustände nicht stärker auf die Ursachen eingehen.
ebo
28. Oktober 2016 @ 11:44
@Nemschak Eben nicht. Wenn sich Deutschland 2004 an den Stabipakt gehalten hätte, wäre es heute noch der kranke Mann Europas.
Peter Nemschak
28. Oktober 2016 @ 09:36
Die Regeln sind ein Ersatz für etwas, das politisch nicht durchsetzbar ist. Nachdem ein transnationaler Finanztransfer politisch nicht umsetzbar und eine Währungsabwertung ex definitione nicht möglich sind, braucht man andere Instrumente zur Stabilisierung: die politisch schmerzhafte innere Abwertung, um wettbewerbsfähige Preisrelationen zwischen den Volkswirtschaften herzustellen. Die jetzige Konstruktion des EURO-Systems ist mehr Spreng- als Bindemittel für die Union.
S.B.
27. Oktober 2016 @ 22:29
“Es ist wie mit so vielen Dingen in der EU: Man hat Regeln aufgestellt, die nicht viel bringen und sich in der Praxis nicht bewähren – und dabei vergessen, dass es auch noch die Politik gibt…”
Die Regeln wurden allerdings von der Politik selbst aufgestellt. Da beißt sich die Katze wohl in den Schwanz.
Das die Regeln nicht passen, ist für jedermann ersichtlich. Es sieht so aus, als ob es für dieses Konstrukt EU gar keine Regeln gibt, die passen. Was seine Ursache in der Heterogenität seiner Mitglieder hat.
Regeln erfordern einerseits Disziplin durch die Mitglidsländer, andererseits Konsequenzen seitens der EU bei Nichteinhaltung.
Es fragt sich, wie ein solcher Mechanismus den Frieden in Europa sichern helfen soll, was ja der eigentliche Sinn der EU ist. Seit Ausbruch der Euro-Krise zeigt sich, dass es im Verhältnis zwischen den EU-Mitgliedern immer unfreundlicher zugeht. Grund dafür sind die starken Eingriffe, zumindest aber Einmischungen in die nationalen Souveränitäten, die noch dazu nur nachteilige Folgen für die betroffenen Länder haben. Eine Folge davon ist der Brexit.
Die EU wird mit keiner Regel im oben aufgezeigten Mechanismus funktionieren, wenn sich ihre Mitglieder ihr nicht unterordnen, was zwangsläufig Verzicht auf Souverinität voraussetzt. Es ist aber nicht zu erkennen, dsss die Mitgliedsländer dazu in auch nur irgendwie nennenswerten Umfang bereit sind.
Zu PT und SP: Es mag sein, das die EU Sanktionen vorbereitet. In der Praxis werden sie nicht ausgesprochen, jedenfalls aber nicht durchgesetzt werden. Begründung: siehe zuvor.