Warum Frankreich (auch) über Merkel abstimmt
Nur zwei französische Präsidentschafts-Kandidaten sollen „Deutschland-kompatibel“ sein, behauptet der regierungsnahe außenpolitische Thinktank DGAP. Doch wie “Frankreich-kompatibel” ist Kanzlerin Merkel?
Diese Frage stellt kaum jemand. Dabei stimmen die Franzosen am Sonntag auch über die Europapolitik der Kanzlerin ab. Denn die CDU-Politikerin hat unseren Nachbarn das Leben schwer gemacht.
Vor fünf Jahren weigerte sie sich zunächst, den damaligen Kandidaten Hollande im Kanzleramt zu empfangen. Merkel setzte damals noch auf einen gewissen Cameron, London war wichtiger als Paris.
Als Hollande dann gewählt war, blockte sie dessen Hauptforderung ab, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. Es war die erste große Niederlage in der Europapolitik- Hollande sollte sich nicht mehr davon erholen.
Ein Nein aus Berlin kam auch zur Vollendung der Bankenunion, zur Aufwertung der Eurozone in der EU, zur Vollendung der Währungsunion, zu einer expansiven Fiskalpolitik – und so weiter und so fort.
Hollande drang nicht durch. Fast immer hatte Merkel das letzte Wort – weshalb die Nationalistin Le Pen nun spottet, Hollande habe sich zum “Vizekanzler” der Deutschen degradieren lassen.
Dies ist ein wichtiger Grund für Hollandes Unbeliebtheit – und für die Ablehnung, die der EU nun entgegen schlägt. Ein weiterer Grund ist die Arbeitsmarkt-Reform nach deutschem Vorbild.
Sie wurde von Macron durchgezogen – also jenem Kandidaten, der nun quasi offizielle deutsche Weihen hat. Den Schaden hatte wiederum Hollande, Gewerkschaften und Linke gingen auf Distanz.
Doch auch Macron wurde von der Kanzlerin schon ausgebremst. Nach dem Brexit hat er einen Neustart der EU gefordert – doch Merkel überhörte den Appell und setzte ihr “bewährtes” Weiter so durch.
Ob sich das nach einem Wahlsieg von Macron ändern würde? Ich habe meine Zweifel. Dafür bräuchte es einen Plan B, um Druck zu machen. Den hat bisher aber nur Mélenchon…
Winston
21. April 2017 @ 14:25
Die Kosten/Nutzen Rechnung des Euro ist für Frankreich Rot, sogar Dunkelrot. Was soll Frankreich also für Interessen haben. Der Euro Schadet der Französischen Wirtschaft gewaltig, das sieht man am Französischen Handelsdefizit.
Übrigens ist Frankreich EU Nettozahler und die grössten Nettoempfänger liegen in Osteuropa wo Deutschland seine Billiglohn Fabriken Unterhält. Für Frankreich ist die Mitgliedschaft in der EU und des Euro eine Lose Lose Situation. Massiver Wettbewerbsnachteil durch eine Überbewertete Währung und obendrauf Subventioniert Frankreich durch seine Zahlungen an die EU die Deutschen Billigfabriken im Osten.
Frankreich zieht kein Nutzen, weder von der EU und schon gar nicht vom Euro.
Die Kosten/Nutzen Rechnung des Euro ist für Deutschland nicht nur Grün sonder Dunkelgrün, wäre es Rot hätte Deutschland dem Euro schon längst Adieu gesagt, davon bin ich 100% überzeugt.
Wieso sich das die Franzosen und auch Italiener antun, werden vermutlich die Historiker in 100 Jahren beantworten.
Frankreich und Italien ziehen absolut keinen Nutzen von der EU und vom Euro.
Tippe auf Mèlenchon, Er wird so enden wie der Verräter Tsipras. Sein Plan B ist m.E. ein Bluff.
Das wird dann der letzte EU-€phile Präsident in Frankreich sein, es sei den man schafft die Wahlen in der EU ab.
Atir Kerroum
21. April 2017 @ 12:16
Der Gegensatz zwischen Deutschland und Frankreich ist ein wesentlicher Grund, weshalb die Vereinigten Staaten von EUropa niemals funktionieren werden.
Die Franzosen (und ich sage bewusst nicht Frankreich) haben ein völlig anderes Verständnis vom Staat und seinen Aufgaben als die Deutschen. Sie haben und wollen eine andere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Und auch der linkeste französische Politiker käme nie auf die Idee, für EUropa zu zahlen, wie es hierzulande zum guten politischen Ton gehört.
Wir haben nun die Situation, dass Frankreich zu schwach ist, um seine Interessen mit Nachdruck durchzusetzen, während Berlin über die französische Innenpolitik bestimmen will, um Einfluss auf die Entwicklung in der EU zu nehmen.
Mir kann niemand erzählen, dass das ein Friedensprojekt ist.
Peter Nemschak
23. April 2017 @ 08:29
…aber ein sehr dynamisches Projekt der gesellschaftlichen Entwicklung. Auch Frankreich hat sich in den letzten 25 Jahren weiter entwickelt. Es stellt sich die Frage, welches gesellschaftliches Gebilde mit dem sozialen Wandel, der die Gesellschaft fragmentiert hat, besser zurecht kommt. Derzeit steht die gesellschaftliche Mitte unter Druck von rechts und links. Die Rechtspopulisten haben sich die zunehmende Spaltung der Gesellschaft zu Nutze gemacht und die Nachzügler für ihre Zwecke instrumentalisiert. Zu glauben, dass ein Friedensprojekt konfliktfrei wäre, ist naiv.
Alexander
20. April 2017 @ 21:20
Obama als Unterstützer der neoliberalen Sockenpuppe:
http://www.sueddeutsche.de/news/politik/wahlen-obama-und-macron-sprechen-ueber-wahl-und-zukunft-europas-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170420-99-131383
“Ziel des Gesprächs sei es aber nicht gewesen, dem sozialliberalen Kandidaten die Unterstützung auszusprechen, berichtete Obamas Sprecher Kevin Lewis.”
Neinnein, keinesfalls!
Ebenfalls interessant:
“Den bekannten französischen Soziologen irritiert die deutsche Euphorie gegenüber Emmanuel Macron. Er sagt: Wird der frühere Sozialist zum französischen Präsidenten gewählt, folgt in fünf Jahren Le Pen.”
http://www.sueddeutsche.de/politik/praesidentschaftswahl-in-frankreich-didier-eribon-wer-macron-waehlt-waehlt-le-pen-1.3470851
Pjotr56
20. April 2017 @ 18:50
Mélenchon wäre doch ein guter Kandidat, oder?
ebo
20. April 2017 @ 18:52
Das sagen viele, es werden sogar immer mehr…
ebo
20. April 2017 @ 19:20
Das denken viele Franzosen, es werden sogar immer mehr…
Anonym
20. April 2017 @ 21:51
Nein
Peter Nemschak
21. April 2017 @ 09:43
Melanchon kritisiert zu Recht das monarchische System Frankreichs, das eine Politikerkaste begünstigt hat, die den Staat für sich beansprucht. Verhaltensweisen wie die von Fillon aber auch Politikern anderer Couleur sind Symptome dieses Systems, das de Gaulle ins Leben gerufen hat. Nur sind Melanchons Lösungsansätze kollektivistisch und dirigistisch motiviert, in seiner Bezugnahme auf de Gaulle offen widersprüchlich. Ein roter Gaullismus wäre auch nicht die Lösung. Transparenz und Wettbewerb waren immer die stärksten, wenn auch unbequemsten Mittel gegen Oligarchismus und Machtzusammenballung..
Ein Europäer
20. April 2017 @ 17:08
Makron hat kaum politische Erfahrung, für mich er ist Hollande 2.
Peter Nemschak
20. April 2017 @ 16:48
Beide “deutschlandkompatible” Kandidaten stehen für eine marktwirtschaftliche Politik und wären damit auch EU-kompatibel.
Dixie Chique
21. April 2017 @ 10:03
Beide “deutschlandkompatible” Kandidaten stehen für eine markttotalitäre “Politik” und wären damit auch wunderbar NWO-kompatibel.
Verdient hätten diese “Kandidaten” es, in einem löchrigen Schlauchboot, selbstredend ohne Pass und Kreditkarten, vor der Küste von Misrata ausgesetzt zu werden. (Die von den Toyota-Pickups aufgewirbelten Staubwolken näherten sich mit hoher Geschwindigkeit..)