Warum die Krise in Frankreich die EU-Elite nicht weiter stört
Fehlstart für die neue Regierung in Frankreich: Die Linkspartei und die nationale Rechte haben Misstrauensanträge gegen Premier Lecornu und gestellt. Damit geht die Krise weiter. Doch die EU kümmert das nicht, solange Präsident Macron weiter machen kann.
Normalerweise müßten in Brüssel alle Alarmglocken schellen: Frankreich, das nach Deutschland wichtigste EU-Land, ist in eine Phase politischer Instabilität eingetreten, in Paris sprechen viele von einer Regimekrise.
Zudem ist das Land hoch verschuldet; eine Lösung der Schuldenkrise ist nicht abzusehen. “Die Chaostage in Paris machen Anleger nervös”, schreibt die “Wirtschaftswoche”. Es drohe eine Zitterpartie um den Euro.
Doch die Börse in Paris hat am Montag im Plus eröffnet, erst später ging es runter. In Frankfurt und an anderen europäischen Handelsplätzen ist von der französischen Krise nicht viel zu merken.
Neue europäische Oligarchie
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Woran liegt das? Zum einen steht die neue Regierung Lecornu für eine Fortsetzung der alten Politik, die Staatschef Macron vorgegeben hat. Diese Politik ist auf EU-Linie; europapolitisch dürfte sich nichts ändern.
Zum anderen ist Macron nicht nur der “starke Mann” Frankreichs, der trotz aller Probleme weitgehend allein entscheiden kann. Er ist auch Teil der neuen europäischen Oligarchie, die sich von der nationalen Politik entkoppelt hat.
Macron hat EU-Kommissionschefin 2019 von der Leyen “erfunden” und 2024 im Amt bestätigt. Ähnlich wie von der Leyen verfügt er über wichtige überstaatliche Ressourcen, etwa als Anführer der “Koalition der Willigen” für die Ukraine.
Merz wird Macron stützen
Dem elitären Club der “European Leader” gehört neuerdings auch Kanzler Merz an. Der CDU-Chef wird alles tun, um Macrons Politik zu stützen – zur Not auch gegen das französische Volk und dessen Wünsche.
Kritisch wird es erst, wenn Macron bzw. seine Politik abgewählt werden sollte. Dann müssen wir uns wohl auf das italienische Szenario einstellen. Dort wurde ein gewisser Berlusconi von der europäischen Elite entmachtet.
Die Führung hatten damals übrigens Altkanzlerin Merkel und der mittlerweile zu Haft verurteilte französische Ex-Präsident Sarkozy. Keiner von beiden mußten sich für Berlusconis Sturz verantworten; Sarkozy wurde etwas anderes zum Verhängnis …
Siehe auch Klingbeil sorgt sich um Frankreich – aber “keine Eurokrise”. Mehr zu Frankreich und den deutsch-französischen Beziehungen hier
P.S. Die Krise in Frankreich offenbare ein Machtvakuum in der EU, meint ein Kollege in Brüssel. Ich bin anderer Meinung. Macron, Merz & Co. haben immer noch die Macht – allerdings erleben wir eine schwere Legitimationskrise. Die Politik der Eliten ist nicht mehr legitim…

Monika
14. Oktober 2025 @ 11:55
Die Politik der Eliten ist nicht mehr legitim…Was Sie nicht sagen!
Wir beobachten seit Jahren die Entwicklung, jedesmal mit der leisen Hoffnung auf „schlimmer kanns nimmer werden“ und werden seitdem täglich überrascht, dass es eben exponentiell anschwellend immer noch schlimmer geht. Wir sollten alle Hoffnung auf „gängige“ Wege fahren lassen und uns um Szenarien kümmern, wie diesen Menschenverächtern möglichst in den Arm gefallen werden kann! Nicht nur unser Blog hat sich in das stille Eingeständnis des Fehlens jeder Handlungsmöglichkeit geschrieben. Und bekräftigt mit beinahe jedem Post die depressive Stimmung. Vielleicht fallen ja genau deswegen viele der juristische Instanzen als Regularien und Kondensationskerne zum Umdenken und dann Umsteuern aus.
Arthur Dent
14. Oktober 2025 @ 11:12
@Karl
Ich hab die Langfassung auch gelesen, vielleicht hab ich mich ja missverständlich ausgedrückt, hier sind wir mal einer Meinung.
Ich lebe übrigens seit den 1960er Jahren im Ruhrgebiet, ich hab nichts gegen gute Luft. Ich mag es aber nicht, unter dem „Deckmäntelchen Klimaschutz“ für viel Geld veräppelt zu werden.
Karl
14. Oktober 2025 @ 09:38
Mich stört die Wortwahl “Linkspartei” für ‘La France Insoumise’ (LFI). Denn ‘Das unbeugsame Frankreich’ wird von Arbeitern und Migranten gewählt. Für die Linkspartei gilt das Gegenteil.
Als “Regierungslinke” tut sie alles dafür, um an der Bundesregierung beteiligt zu werden; hat sogar die Wahl des Bläckrockers Merz möglich gemacht, als Merkel ihm noch Widerstand leistete, und ist Vorreiter des Russenhasses (“einziger Aggressor” zufolge des Bundesvorstandsbeschlusses vom 1.3.25 gleich nach der Bundestagswahl). – Daher ist sie mit LFI in keiner Weise vergleichbar, in grundlegenden Fragen vertritt sie das Gegenteil.
ebo
14. Oktober 2025 @ 09:43
Richtig, beide Parteien sind kaum zu vergleichen. Dennoch arbeiten sie im Europaparlament zusammen – mit Manon Aubry (LFI) und Martin Schirdewan (Linke) an der Spitze!
KK
13. Oktober 2025 @ 17:59
Macron und seine golemartige Schöpfung in Brüssel waren Schnapsideen.
Und wenn in Paris gar nichts mehr läuft hilft nur noch der Griff zum Pastis. Salut!
Michael
13. Oktober 2025 @ 17:20
„Warum …. ? Ist Krise im sog. Westen nicht einfach und ganz banal der Normalzustand angesichts des internationalen Abstiegs des Hegemon USA und der europäischen Vasallen!?
KK
13. Oktober 2025 @ 18:01
Krise muss ja, sonst hat man doch keinen Schuldigen für den ganzen Bockmist, der in den Chefetagen gebaut wird.
Erneuerung
13. Oktober 2025 @ 17:09
Das ist doch alles egal, die westliche Politik ist nur noch erbärmlich. Da kommt es auf so eine Peinlichkeit nicht mehr an. Es ist Konkursverschleppung in wirtschaftlicher Hinsicht, und in moralischer Hinsicht für mich sowieso nicht nachvollziehbar, aber es passt alles zusammen, Nobelpreis, Staatsräson in DE, Friedenspreis des deutschen Buchhandels, Banderaverehrung, Feindbildaufbau (vorerst nur Putin; Ungarn, Slowakei und China folgen), Militarisierung, Ghettobildung, Bildungsarmut, Verlust der Wettbewerbsfähigkeit,….
Es ist niemand in Sicht, der daran etwas ändern möchte und kann.
Also lassen wir doch Macron, vdL und Merz weiter wursteln, bis gar nichts mehr geht.
Michael
13. Oktober 2025 @ 18:07
Sehr treffende Aufzählung die sich fortsetzen läßt … Klima … etc., etc.!
Arthur Dent
13. Oktober 2025 @ 22:42
@Michael
Europäische Klimapolitik ist Extrem-Neoliberalismus pur. Man betrachtet Klimaschutz nicht als öffentliche Daseinsvorsorge, sondern man will privates Kapital akkumulieren. Abgesichert durch staatliche Gelder. Rendite für Investoren, Risiko für Karl und Lieschen Müller.
(Grüne Deals: Wer bezahlt und wer kassiert? – Jürgen Maier auf Klimareporter. Schon etwas älter, aber lesenswert).
Karl
14. Oktober 2025 @ 10:21
@Arthur Dent: Ich stimme Ihnen zu, dass Jürgen Maier einer der klügsten Köpfe der Umweltpolitik in Deutschland ist! Hätte die Umweltbewegung nicht auf die Realo-Grünen, sondern auf ihn gehört, so hätte die Energiewende heute die Unterstützung breiter Massen der Durchschnittsverdiener und wäre schon viel weiter.
Jedoch für Ihr hier übliches Niedermachen jeder Klimapolitik können Sie ihn gerade nicht anführen. Im Gegenteil! – Jürgen Maier sagt:
„Kurzum: Klimaschutz und Überwindung des Neoliberalismus als gemeinsames Projekt. Das ist der Kern des amerikanischen „Green New Deal“-Projekts von Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, angelehnt an Franklin D. Roosevelts „New Deal“ der 1930er Jahre.“
Quelle: https://www.klimareporter.de/europaeische-union/gruene-deals-wer-bezahlt-und-wer-kassiert
Ausführlicher siehe die LANGFASSUNG (beim „Raben Ralf“): https://grueneliga-berlin.de/wp-content/uploads/2021/01/gruene-deals.pdf
Jürgen Maier ist Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung (seit 1996), sozusagen ein internationales Öko-Attac, ein bundesweites Bündnis von etwa 65 NGO (früher Bonn, jetzt Berlin).