Vor deutschem Impfgipfel: Spahn fordert mehr Patriotismus

Das europäische Impfdebakel wird immer mehr zum Problem für Deutschland. Vor dem deutschen Impfgipfel (bei dem die EU-Kommission nur Zaungast spielen darf) fordert Gesundheitsminister Spahn mehr Patriotismus.

“Bei aller Kritik darf die patriotische Erzählung, wie wir durch die Krise kamen nicht verlorengehen”, sagte der CDU-Politier der FAZ am Sonntag. Die für Impfstoffe nötige Innovation sei “maßgeblich auch aus Deutschland” gekommen.

Gemeint ist offenbar Biontech, das aus dieser Krise schon jetzt als großer Gewinner hervorgeht. Anfang Januar hatte die EU-Kommission ihre Bestellung bei der deutschen Firma verdoppelt, nun kündigt Biontech zusätzliche Lieferungen an.

Spahn scheint darauf besonders stolz zu sein. Dabei hätte Biontech ohne die Hilfe des US-Konzerns Pfizer und sein weltweites Vertriebsnetz kaum liefern können. Interessant ist aber auch das Timing kurz vor dem deutschen Impfgipfel.

Spahns Appell zeigt, dass es um das viel beschworene europäische Denken in Berlin nicht weit her ist. Bei der ersten Krise wird Reden und Handeln in Deutschland wieder national – pardon: patriotisch. Das gilt sogar für Kommissionschefin von der Leyen.

Nachdem Spahn Parteifreundin (beide sind CDU-Mitglieder) wegen des Impfdebakels unter Druck geraten war, gab sie am Sonntag dem ZDF ein Interview. Auf den Gedanken, dass das Problem nicht nur die deutsche Öffentlichkeit interessiert, kam sie offenbar nicht.

Dabei rufen 1000 EU-Korrespondenten in Brüssel seit Wochen nach einem Interview bzw. einer Pressekonferenz mit der deutschen EU-Chefin! Da sie nicht gehört werden, verdichtet sich der Eindruck, dass von der Leyen nur an Deutschland denke…

Siehe auch meinem Beitrag im “Makroskop”: “Gesundheits-Nationalismus in europäischem Gewand” sowie (zum Impfgipfel) “Coronakrise: Die Einheit bröckelt (schon wieder)”