Varoufakis vs. Schäuble – revisited

Nach einer längeren Pause habe ich mir ‘mal wieder das Buch von Y. Varoufakis (“Adults in the Room”) vorgenommen. Es wird ja oft als Abrechnung mit Ex-Finanzminister Schäuble gelesen. Ist es aber nicht.

Wenn es dazu noch eines Beweises bedurfte, so hat ihn Varoufakis mit einem Tweet zum neuen deutschen Finanzminister Scholz geliefert. Darin ärgert er sich über dessen Nominierung eines Goldmans im BMF:

Wenigstens hat Schäube nicht vorgegeben, Sozialdemokrat zu sein! Das ist Beleidigung und vergiftetes Lob zugleich. Schäuble habe mit offenem Visier gespielt, so Varoufakis. Der SPD-Mann tue es nicht.

Nun zum Buch. Aus der Reihe “Varoufakis lesen” findet sich im 3. Kapitel  auf Seite 65 ein – ziemlich bizarrer – Plan zur Umschuldung in Griechenland.

Der griechische Ex-Finanzminister wollte die Bankschulden von den Staatsschulden entkoppeln – und die griechischen Banken in den Besitz der EU überführen! Brüssel hätte sie dann sanieren oder abwickeln sollen.

Gleichzeitig sollten die Staatsschulden erst dann zurückgezahlt werden, wenn die griechische Wirtschaft wieder wächst. Das klingt vernünftig; heute denkt die Eurogruppe über einen ähnlichen Mechanismus nach.

Doch eine Europäisierung der griechischen Banken wäre ein fatales Signal gewesen – für Griechenland und die EU. Es hätte sich nur machen lassen, wenn die EU eine Staat wäre (oder werden würde.)

Ähnlich wie die USA, die bei der Gründung der Föderation die Schulden der Bundesstaaten übernahm, stellt sich Varoufakis wohl auch die Zukunft der EU vor. Doch dabei schießt er weit übers Ziel hinaus.

Umgekehrt lag aber auch Schäuble falsch, als er Griechenland “temporär” aus dem Euro werfen wollte. Das hätte zu einem europaweiten Bankrun und dem Zerfall der Währungsunion geführt.

Hätte sich der immer noch beliebteste Politiker Deutschlands durchgesetzt, würden wir heute wohl schon über den “temporary timeout” für Italien nachdenken.

Verhindert hat es übrigens Frankreichs Ex-Präsident Hollande – Kanzlerin Merkel hätte wohl mitgemacht…

Siehe auch “Varoufakis lesen: Bailoutistan”