Das Versagen der EU-Elite, Zuckerberg gegen “Zensur” & Last exit Ramstein
Die Watchlist EUropa vom 09. Januar 2025 – Heute mit News und Analysen zu den imperialen Gelüsten der USA und dem fehlenden Widerstand aus Brüssel, zum Streit um die Internet-Regulierung und zum Ende eines kriegerischen Nato-Formats.
Erst haben sie weggeschaut. Dann sind sie ausgewichen. Und am Ende haben sie auch noch die falschen Antworten gegeben: Im Ringen um Grönland bzw. Dänemark und die imperialen Gelüste der USA hat die neue EU-Spitze in Brüssel kläglich versagt.
Statt dem künftigen US-Präsidenten Trump sofort Kontra zu geben, hat die neue EU-Außenbeauftragte Kallas einen Tweet zur Gaskrise in Moldau abgesetzt – natürlich mit einer Spitze gegen Russland, das sie für alle Übel der Welt verantwortlich macht.
Statt Partei für Dänemark zu ergreifen, hat sich Ratspräsident Costa in Schweigen gehüllt. Dabei ist es sein Job, die Mitgliedsstaaten zu vertreten. Nach seinem ersten EU-Gipfel im Dezember bekam der Portugiese viel Lob, nun hätte er Prügel verdient.
Abwarten und anbiedern
Dabei ist das größte Problem nicht einmal, dass die EU-Spitze schweigt – die sonst so geschwätzige Kommissionschefin von der Leyen eingeschlossen. Das könnte man ja immerhin noch damit begründen, dass man nicht über jedes Stöckchen springen soll.
Das eigentliche Versagen besteht darin, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren und auf Trump zu warten, statt auf ihn zuzugehen und proaktiv europäische Interessen zu vertreten. So liefert sich die EU selbst dem Republikaner und seinen Launen aus!
Wenn man sich dann auch noch anbiedert, jedoch “vergisst”, ein großes, unübersehbares Stoppschild aufzustellen und Trump seine Grenzen aufzuzeigen, feuert man seinen geoökonomisch verbrämten Neo-Imperialismus nur noch weiter an.
Abhängig und angreifbar
___STEADY_PAYWALL___
Zum Glück wagen wenigstens Frankreich und Deutschland noch gelegentlich Widerworte. “Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land – egal ob es im Osten von uns liegt oder im Westen”, sagte Kanzler Scholz in Berlin zum Streit um Grönland.
Doch Trumps imperiale Pläne wird er damit kaum stoppen – ebenso wenig wie Frankreichs Präsident Macron, der gerade hilflos mitansehen muß, wie er den letzten Einfluß in Afrika verliert, nachdem ihn die USA schon aus dem Pazifik verdrängt hatten.
Jetzt rächt es sich, dass sich die EU auf Noch-Präsident Biden verlassen hat und nach dem Attentat auf die Nordstream-Pipelines schulterzuckend zur Tagesordnung übergegangen ist. Sie hat sich abhängig und angreifbar gemacht – Bidens Nachfolger nutzt dies gnadenlos aus…
Siehe auch Sicherheitspolitik: Wo sind Kallas und Sikorski?
P.S. Scholz hat seinen Vorstoß offenbar mit Macron und Costa abgestimmt, auch Polen und Dänemark seien einverstanden gewesen. Fast könnte man meinen, die EU schicke den Kanzler vor – wohl wissend, dass der bald weg ist. So kann Scholz als Blitzableiter dienen, und die EU-Spitze bleibt verschont. Das sagt verdammt viel über den “Mut” der Europäer aus…
News & Updates
- Zuckerberg gegen EU-Zensur. Nach X-Chef Musk begehrt nun auch Facebook-Boss Zuckerberg gegen die “Zensur” durch das europäische Internet-Gesetz DSA auf. In Europa gebe es “immer mehr Gesetze, die die Zensur institutionalisieren und es schwierig machen, dort etwas Innovatives zu entwickeln”, erklärte Zuckerberg. Die EU-Kommission wies dies empört zurück – doch nun ist sie in die Defensive geraten. Denn sowohl Musk als auch Zuckerberg haben sich hinter Trump gestellt… – Siehe auch meinen Artikel in der “taz”: “Der Gute wird böse“
- Baerbock will Sanktionen lockern. Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, die EU-Sanktionen gegen Syrien zu lockern. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin verlautete, es werde “aktiv” darüber diskutiert, “wie wir die syrische Bevölkerung in bestimmten Sektoren von Sanktionen entlasten können”. – Dass sie von den neuen islamistischen Machthabern “verschleiert” wurde, scheint Baerbock nicht zu stören...
- Biden straft Orbans Kabinettschef ab. Die Biden-Administration hat kurz vor ihrem Abgang noch den Kabinettschef von Ungarns Regierungschef Orban abgestraft. Antal Rogán sei für die Korruption im Staate Ungarn verantwortlich, heißt es in Washington. Wie das Orban nahestehende Portal “Brussels Signal” berichtet, sieht die US-Administration darin eine Gefahr für die nationale Sicherheit… 🙂
Das Letzte
Last exit Ramstein. Sag zum Abschied leise Servus – das gilt nun wohl auch für das berühmt-berüchtigte Ramstein-Format. Zum letzten Mal vor dem Amtsantritt von US-Präsident Trump kommen am Donnerstag im rheinland-pfälzischen Ramstein die Verteidigungsminister der sog. Ukraine-Kontaktgruppe zusammen. Bei dem Treffen wird es sowohl um die Zukunft der Ukraine-Hilfe als auch die Zukunft des Ramstein-Formats selber gehen. Unter Trump dürfte es nicht weitergeführt werden. Aber keine Sorge – für Ersatz ist gesorgt: Ein neues Nato-Kommando in Wiesbaden koordiniert bereits die Waffenhilfe. Deutschland übernimmt dabei eine zentrale Rolle und will alles tun, um Trump zu überrumpeln. Der hat die Militärhilfe für die Ukraine wiederholt kritisiert – und zuletzt sogar der Nato eine Mitschuld am Krieg gegeben… Zu Ramstein habe ich auch eine Kolumne in der “Berliner Zeitung” veröffentlicht.
Mehr Newsletter hier
Arthur Dent
9. Januar 2025 @ 09:04
Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil – Olaf war noch viel zu moderat. Mal ein bisschen auf den Putz hauen, das große US-Militärkrankenhaus in Rammstein ist für uns Deutsche vollkommen nutzlos, es kostet nur Geld. Da sollten die Amerikaner selbst für die Kosten aufkommen. Olaf, trau dich – deine Zustimmungswerte würden vor der Wahl durch die Decke gehen. Merz würde erbleichen.
🙂
ebo
9. Januar 2025 @ 09:49
Das wäre jedenfalls eine Sprache, die Trump versteht! Allerdings verfolgt Scholz ja die gegenteilige Strategie: Mehr Nato-Kommandos mit US-Militärs nach Deutschland zu holen, um sie vor Trump zu “schützen” – siehe aktuelle Ramstein und Wiesbaden 🙂
WBD
9. Januar 2025 @ 09:59
…und wer schützt die Wiesbadener vor dem ‘Bombenmagnet’ NATO-Kommando… ???
Monika
9. Januar 2025 @ 13:15
Da würde er in der Tat von einer Mehrheit seiner SPD-Basis großen Beifall ernten, und sehr viele Wähler*innen motivieren. Warum tut er es nicht? Weil, wie Guido richtig anmerkt, der “Transatlantizismus” über “die Jahre” jeglicher europäischer Interesses entkleidet wurde, zur lupenreinen Auslegung der US-Demokraten (ich meine die Partei, nicht amerikanische Bürger!) verkehrt wurde. Europa hat sich blenden, unterwandern und rundherum einlullen lassen. Jetzt haben alle schiere Angst, dass die Skrupelosigkeit der US-Akteure auch sie, “die Verbündeten” treffen wird. Sie trifft “traditionell” die Schwachen. Jetzt ist Europa selber schwach genug, um ins amerikanische Beuteschema zu passen. Wer sich zu den Hunden legt, musste bislang mit den Flöhen leben. Jetzt wirds insgesamt eng und somit wird man als schwächerer Partner auch als Beute interessant. Und so wie die Europäer aus ihrer Geschichte her gestrickt sind, ist da Einigkeit nicht zu erwarten. Zuviele hoffen (Beispiel Polen) europäische Kernländer der EU zu “beerben”. Europa ist auf dem geraden Weg sich selber den Rest zu geben.
Guido B.
9. Januar 2025 @ 07:01
Nichts in den letzten 70 Jahren hat das Imperium mächtiger gemacht als der Ukraine-Krieg. Nicht weil die USA eine besonders clevere Strategie verfolgt haben, sondern weil EUropa eine besonders schwache und servile Elite hat. Sie ist durchsetzt mit USA-Statthaltern. Am Transatlantizismus ist alles amerikanisch und nichts europäisch. Wer sich zur unipolaren Weltordnung bekennt, muss auch einen Imperator Trump bedienen. Die EU-Elite wird es tun, weil sie schwach, einfältig und servil ist.