Update: Junqueras und Puigdemont dürfen EU-Mandat antreten
Durfte Spanien drei gewählte Politiker aus Katalonien daran hindern, ihren Sitz im Europaparlament einzunehmen? Nein, sagte der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof im November. Nun hat der EuGH noch einen draufgelegt.
Die EU-Richter entschieden, dass Spanien den Mandatsantritt und die Teilnahme an der konstituierenden Sitzung des EU-Parlaments nicht hätte verhindern dürfen. Erst danach hätten die spanische Justiz die Aufhebung der Immunität des Katalanen beantragen können.
Junqueras wurde im Oktober dieses Jahres zu 13 Jahren Haft verurteilt. Gegen Puigdemont liegen europäische Haftbefehle vor, über deren Vollstreckung die belgischen Behörden bislang nicht entschieden haben. Die Gültigkeit der Haftbefehle ist infolge des EuGH-Entscheids nun fraglich.
Klar scheint hingegen zu sein, dass Junqueras und Puigdemont nun ihr EU-Mandat antreten dürfen. Junqueras, Puigdemont und der ebenfalls exilierte Regionalparlaments-Abgeordnete Toni Comín waren im Mai ins Europaparlament gewählt worden.
Die spanischen Behörden verweigerten den drei Katalanen aber die Aufnahme ihres Mandats, ihre Sitze im EU-Parlament blieben vakant. Das Europaparlament ist blind der spanischen Regierung gefolgt – dabei gab es mehr als genug Hinweise darauf, dass diese EU-rechtswidrig handelte…
Siehe auch Katalonien: EuGH rüffelt Spanien – und das EU-Parlament
Update vom 20.12.19:
Die beiden katalonischen Politiker Puigdemont und Comin sind vorläufig für das Europaparlament akkreditiert worden. Ob sie volle Mitwirkungsrechte haben, ist unklar. Präsident Sassoli hält sich bedeckt. Wann räumt er den Fehler seines Amtsvorgängers @Antonio_Tajani (EVP) ein? https://t.co/l4W9oe8Qgs
— Eric B. (@LostinEU) December 20, 2019
Kleopatra
22. Dezember 2019 @ 10:26
Sicher, aber gerade beim EP und den Kommunalwahlen sind Bürger aller EU-Staaten wahlberechtigt. Deshalb ist da die Wählerschaft faktisch anders definiert; potentiell sind alle EU-Bürger wahlberechtigt, die sich am Ort X aufhalten, und sie sind nicht als Spanier etc. wahlberechtigt. Die politischen Konsequenzen daraus hat man nicht bedacht, weil man vor lauter Harmonieseligkeit nicht mit der Möglichkeit gerechnet hat, dass in einem politischen Konflikt innerhalb eines Mitgliedstaates die Trennung zwischen EU- und einzelstaatlicher Ebene eine Rolle spielen würde.
Ginge es in Spanien vernünftig zu, würde dieselbe Lösung wie in Schottland praktiziert (d.h. die Region dürfte ein Referendum durchführen); die Berufung auf die Verfassung von 1978 hilft hier nicht, weil diese nur einen zeitgebundenen Kompromiss zwischen einer modernen föderalen Staatsform und franquistischer Einheitsstaatsideologie darstellt.
Peter Nemschak
21. Dezember 2019 @ 16:19
Die Unionsbürger sind gleichzeitig Bürger der Mitgliedsstaaten. Die EU ist ein Hybrid.
Kleopatra
20. Dezember 2019 @ 17:30
Der Status ist wirklich problematisch und ungeklärt. Denn für die Durchführung der Wahl sind die Mitgliedstaaten zuständig. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch, dass das EP die Unionsbürger und gerade nicht die Mitgliedstaaten vertritt? Klar ist m.E., dass die spanischen Regierungen, die sich mit der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung nicht politisch auseinandergesetzt haben, sondern versucht haben, diese juristisch abzuwürgen, ihrem Land einen Bärendienst erwiesen haben: sie haben eine Situation geschaffen, aus der nan schwierig herauskommt. Über Puigdemont wurde übrigens im Prinzip noch nicht entschieden.