Update: Freibrief für Erdogan
Der deutsche EU-Vorsitz hat sich gegen Türkei-Sanktionen ausgesprochen. Nun folgt EU-Ratspräsident Michel der deutschen Linie: In seiner Einladung zum EU-Gipfel taucht das Wort Sanktionen gar nicht erst auf.
China, Belarus, Nawalny und Berg-Karabach: Das sind die ersten Themen, mit denen sich der Sondergipfel am Donnerstag befasst. Kanzlerin Merkel dürfte sich nochmals für Sanktionen gegen Belarus aussprechen und Russland wegen Nawlany anklagen.
Erst danach – zum Abendessen – kommt die Türkei dran. Es ist durchaus interessant, wie Gipfelchef Michel dieses Thema in seiner Einladung einführt:
The dinner will be entirely devoted to the situation in the Eastern Mediterranean and our relations with Turkey. Our objective is to create a space for a constructive dialogue with Turkey to achieve stability and security in the whole region, and to ensure full respect for the sovereignty and sovereign rights of all EU Member States. This will only be possible if Turkey engages constructively. All options remain on the table to defend the legitimate interests of the EU and its Member States.
Invitation Letter by Charles Michel
Der Belgier will einen “Raum für konstruktiven Dialog” mit der Türkei schaffen – und das mitten im türkisch unterstützten Krieg gegen Armenien und vor dem Hintergrund anhaltender Drohungen gegen Griechenland und Zypern. Sogar Frankreich und die USA werden von Sultan Erdogan verbal angegriffen.
Die “souveränen Rechte aller EU Mitgliedstaaten” kommen erst im zweiten Halbsatz. Und erst danach wird die Türkei aufgefordert, sich “konstruktiv” zu engagieren. “Alle Optionen bleiben auf dem Tisch” heißt, dass bei Zuwiderhandlung neue Sanktionen möglich sind.
Aber eben erst dann. Die bereits erfolgten massiven Verstöße gegen die EU-Politik und die Drohungen gegen EU-Mitglieder scheinen noch nicht auszureichen. Auch die Gleichschaltung der Medien und die Unterdrückung der Opposition, die sogar das Auswärtige Amt beklagt, ist offenbar kein Thema.
Bleibt die Frage, ob Merkel andere Themen aufbringt – wie ihren 2016 geschlossenen Flüchtlingsdeal, die Zollunion und andere “Zückerchen”, die dazu dienen sollen, Erdogan bei Laune zu halten. Als amtierende Ratspräsidentin kann sie ja die Agenda mitbestimmen…
Siehe auch “Deutscher EU-Vorsitz: Freibrief für Erdogan”
Michael Buckup
1. Oktober 2020 @ 15:59
Auch wenn er für viele Politikfelder nicht als Kronzeuge taugt, war Helmut Kohl Urteil eindeutig: Die macht mir mein Europa kaputt!
Andreas
30. September 2020 @ 21:39
sie ist Physikerin – das mit Fukushima hat sie begriffen…
ansonsten Machtspielchen wie im Büro: die Mehrheit in den Umfragen sichern und andere ausbooten
und vor allem: der deutsche Export, Schland über alles… EU ? wtf…
was ihr ähem Politikverständnis betrifft: da ist keines…
nur rudimentär: Diktaturen bedeuten Stabilität …ausser sie sind auf der anderen Seite des neuen Vorhangs… ist gut für die Wirtschaft (ob Auto oder Wehrtechnik)
kein Grund, sich aufzuregen (ZwinkerSmiley)
Holly01
30. September 2020 @ 11:43
Offensichtliche Phrasendrescher, die nur herumschwadronieren und beim ersten Widerstand einbrechen.
Schön zu erkennen, wie die Phrasen an der Realität scheitern.
In Syrien will man alles mögliche oder schließt alles mögliche aus und verliert jede Möglichkeit effektiv etwas zu tun.
Mit der Türkei ist es genau so. Da werden die militärischen Aktivitäten komplett ausgeblendet. Die USA werden gar nicht erst genannt, obwohl die überall drin stecken.
In Nordafrika thematisiert man die EU Positionen lieber nicht. Da tauchen Italien und oder Frankreich auf und sülzen dumm herum.
Beim Brexit zeigt sich dann die “Sprache der Ohnmacht” in Gänze.
Nach innen blockiert, nach außen wirkungslos, das ist die EU.
Die gesamte Macht entfaltet sich per Frontex gegen Migranten, die die Ursache in der unfähigen, willfährigen Wirtschafts- und Außenpolitik haben, die primär von den USA bestimmt wird und mehr Schaden als Nutzen bringt.
Die EU spricht endlich deutsch, ja für wahr, das tut sie ……
vlg