Update Belarus: Polen versucht es mit Gewalt
Die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belraus eskaliert weiter. Die polnischen Sicherheitskräfte gehen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Migranten vor, die auf belarussischer Seite ausharren. Ein Polizist wurde schwer verletzt.
Polen begründete die Gewaltanwendung damit, dass Flüchtlinge versucht hätten, den Zaun zu durchbrechen. Zudem seien Steine, Blendgranaten und Tränengaskanister auf die Sicherheitskräfte geschleudert worden.
Versuche zu Deeskalation gab es offenbar nicht. Die Flüchtlinge – je nach Darstellung 2000 oder 4000 – haben, so weit bekannt, auch noch keine humanitäre Hilfe bekommen. “Pro Asyl” spricht von einer “humanitären Katastrophe”.
Man habe es mit einer Politik zu tun, “die Menschen einfach sterben lässt”, sagte die polnische Rechtsanwältin Marta Górczyńska. Polen verwehre den Schutzsuchenden trotz Aufforderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedwede Hilfe.
Kanzlerin Merkel hatte sich zwar um Entspannung bemüht, doch bisher vergeblich. Derweil hat sich die Nato in die Krise eingeschaltet. Sie fühlt sich nicht nur für Polen zuständig, sondern auch für die Ukraine. Deeskalierend wirkt auch das nicht…
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P.S. Man kann es natürlich auch anders sehen. “Flüchtende attackieren polnische Grenze”, schreibt der “Spiegel” in einer Mischung zwischen politisch korrektem Neudeutsch und Nato-Kommuniqué. Aus dieser Perspektive sind die Migranten die Angreifer, die polnische Grenze ist das hilflose Opfer. Von den 20.000 polnischen Soldaten ist keine Rede…
Kleopatra
17. November 2021 @ 14:46
Wenn viertausend Migranten die Einreise nach Polen gestattet worden wäre, wären in den folgenden Tagen Zehntausende nachgerückt. Außerdem hätten die Tausende nicht in Gewahrsam genommen werden können, weil sie jeweils auf eigene Faust nach Deutschland weitergereist wären. Deutschland ist sich zwar zu fein, Migranten an der eigenen Grenze abzuweisen, ist aber schon seit 2015 unter der Hand jedem Staat sehr dankbar, der sie ihm vom Leib hält. Letztlich verteidigt Polen somit deutsche Interessen; alle Staaten, durch die Migranten auf dem Weg nach Deutschland durchreisen, müssen immer befürchten, dass Deutschland auf einmal beginnen könnte, Migranten in die Durchreiseländer zurückzusenden oder gar nicht erst nach Deutschland einreisen zu lassen. Polen hätte dann tausende Personen im Land, die es versorgen müsste, die es an der Weiterreise nach Deutschland hindern müsste und die gegen Polen aus diesem Grund aggressiv gestimmt wären. Wie Polen seine Grenze gegen ungenehmigte Grenzübertritte schützt, ist in erster Linie seine eigene Angelegenheit; was für Spanien an der Grenze zu Marokko und für Griechenland an der türkischen Grenze recht ist, warum soll das nicht für Polen billig sein?
ebo
17. November 2021 @ 15:27
Sogar Schäuble ist für humanitäre Hilfe. “Das heißt, wir müssen diesen Menschen eine vorläufige Einreise in die EU gewähren und zügig geordnete Asylverfahren durchführen, um den dauerhaften Status zu klären und politisch nicht Verfolgte zurückzuführen”, so der CDU-Politiker. “Gleichzeitig müssen wir die klare Botschaft senden, dass dies eine einmalige Ausnahmesituation ist, und aus dieser humanitären Geste kein dauerhafter alternativer Einreiseweg nach Europa eröffnet wird.”
Kleopatra
17. November 2021 @ 08:21
Polen hat das Recht, seine Grenze zu kontrollieren und zu verteidigen. Sofern die Migranten Blendgranaten und Tränengasgranaten auf polnische Soldaten schleudern. können sie froh und dankbar sein, wenn diese nur mit Wasserwerfern oder Tränengas und nicht mit scharfer Munition reagieren.
Dass es sich um eine Aktion zur gezielten Destabilisierung von EU-Staaten handelt, kann ernsthaft niemand bestreiten. Daher kann auch unterstellt werden, dass mehr Akteure über die entschiedene polnische Reaktion froh sind, als offen liegt.
Übrigens: die Adresse für mildtätige Lieferungen an die Migranten ist Belarus, da sich diese auf seinem Territorium befinden. Polen dürfte deshalb Lieferungen über polnisches Territorium gar nicht ohne Absprache mit und Genehmigung durch Belarus zulassen.
ebo
17. November 2021 @ 09:04
Selbstverständlich darf Polen seine Grenze schützen. Dafür hätte es aber genügt, die max. 4000 Migranten beim Grenzübertritt in Gewahrsam zu nehmen und – wenn die Voraussetzungen vorliegen – abzuschieben. Polen hat jedoch 20.000 Soldaten aufmarschieren lassen und versucht, die Medien und die EU von der Grenze fernzuhalten. Offenbar scheut die P-SRegierung das Tageslicht und die Transparenz, die Brüssel einfordert.