Umlage statt Preisdeckel: Habecks krasse Ansage zur Gaskrise
Die Gaskrise trifft Deutschland und die EU hart, viele Länder haben einen Preisdeckel verlangt oder schon eingeführt. Doch Deutschland geht einen anderen Weg – Wirtschaftsminister Habeck will die Kosten auf die Verbraucher umlegen.
Dies erklärte Habeck bei “Markus Lanz”. Er habe sich gegen einen Preisdeckel entschieden und plane stattdessen eine Umlage, so der Grünen-Politiker.
Folge dieser Entscheidung: Die Preiserhöhungen im Herbst und Winter 2022/23 würden pro Haushalt “im vierstelligen Bereich liegen. Und das kann dann eben auch mal ein Monatseinkommen für eine Familie sein.”
Habeck sprach selbst von “scharfen Schwertern” und “einer krassen Belastung für die Menschen, die es dann tragen müssen.”
Doch warum macht er diese krasse Ansage? Habeck will verhindern, “dass die Unternehmen umkippen und wir einen zerstörten Energieversorgungsmarkt (…) in Europa haben.”
Mit anderen Worten: Die Verbraucher sollen zahlen, damit die Energiekonzerne nicht zusammenbrechen. Laut Habeck hängt davon der gesamte Energiemarkt der EU ab.
Doch das stimmt so nicht. Mehrere Mitgliedsstaaten haben längst einen Preisdeckel eingeführt. Dort übernimmt der Staat die Mehrkosten – und wälzt sie nicht auf die Bürger um.
Mittlerweile erwägt sogar die EU, die Preise zu deckeln – jedenfalls dann, wenn Russland die Gaslieferung komplett kappen sollte. Entsprechende Pläne werden gerade ausgearbeitet.
Warum prescht Habeck vor – und stellt sich gegen die EU? Wir können nur mutmaßen. Eine mögliche Erklärung wäre, dass er sich nicht mit Finanzminister Lindner anlegen will, der gegen neue Ausgaben ist.
Denkbar ist aber auch, dass Habeck ganz gut mit drastisch steigenden Gaspreisen leben kann. Als Grüner setzt er schon lange auf das “Preissignal”, um fossile Energien wie Gas loszuwerden.
Fest steht, dass dies eine marktliberale und asoziale Politik ist. Habeck dürfte dies wissen, wohl deshalb wirkte er bei Lanz so schmallippig und zerknirscht…
Siehe auch “Gaskrise: Der Wirtschaftskrieg gegen Russland fällt auf Deutschland zurück”
Herbert Steffes
8. Juli 2022 @ 11:29
Ich staune: warum nennt niemand die Dinge beim Namen? Die Bundesregierung und Habeck und Annalena an der Spitze waren ganz spitz darauf, den Gausausfall herbeizu-reden. Nun ist er da – die “da oben” sollten sich die Kugel geben, bei so viel Dummheit. Aber jetzt eine Umlage für das ganze Volk. Die sollten zu Kreuze kriechen und sich mit Putin an einen Tisch setzen. Das müssen sie so so – dann besser gleich. Einen Ausweg gibt es nicht. Die USA machen keine Sanktionen gegen die eigenen Interessen – das machen nur die dummen Deutschen. Und solche Leute repräsentieren “uns”?
Alexander
8. Juli 2022 @ 11:08
“Die Ukraine will einem Medienbericht zufolge verhindern, dass eine Turbine für die Gaslieferungen nach Europa durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 nach dem Abschluss der Reparaturarbeiten in Kanada an den russischen Energie-Konzern Gazprom zurückgeliefert wird. Wie Reuters unter Berufung auf eine Quelle im ukrainischen Energieministerium am Donnerstag berichtete, habe sich Kiew mit einer entsprechenden Aufforderung an Ottawa gewandt und dabei auf die Russland-Sanktionen hingewiesen, die einen solchen Transfer unmöglich machten.”
Quelle: Liveticker von RTde
Außerdem suche ich noch nach einer Bestätigung für die völlig irre klingende Meldung, dass die EU Georgien einen Beitrittkandidaten-Status versprochen haben soll, falls das Land bereit ist, gegen Russland in den Krieg zu ziehen.
ebo
8. Juli 2022 @ 11:20
Darüber berichtet auch Politico: https://www.politico.eu/article/ukraine-canada-nord-stream-pipeline-turbine-sanctions/?utm_source=RSS_Feed&utm_medium=RSS&utm_campaign=RSS_Syndication
european
8. Juli 2022 @ 12:07
Die Sanktionierer sanktionieren sich gegenseitig.
Ohne Worte 😉
Thomas Damrau
8. Juli 2022 @ 10:08
Das Thema ist nicht neu – war aber früher eher langfristig relevant: Wer zahlt für Engergiewende?
Dabei gab es zwei Unteraspekte:
1) Wer zahlt die Transformationskosten?
2) Wie kommen wir mit den steigenden Energiekosten zurecht?
Die Vision “am Ende der Transformation werden wir uns alle an billiger erneuerbarer Energie erfreuen” ist charmant – aber früher 2050 Realität – wenn überhaupt. Und der Weg dorthin schien mir schon immer nicht wirklich zu Ende zu Ende gedacht zu sein. Jetzt wird das Thema “Energiekosten” schneller als erwartet dramatisch.
Wir erinnern uns: Die Energiewende sollte mit zwei Maßnahmen vorangetrieben werden:
1) steigende Besteuerung der Nutzung fossiler Energieträger
2) Vorschriften, die den Einsatz neuer umfreundlicher Technologien erzwingen
Für die BürgerInnen hat das vor allem in den Bereichen Mobilität und Wohnen Konsequenzen. Da über Mobilität schon viel geschrieben worden ist, möchte ich mich auf das Wohnen konzentrieren. Beim Wohnen geht es um steigende Kosten für Strom, Wärme und energetische Sanierung (Wärmedämmung + alternative Heiztechnik + Solardach).
Die energetische Sanierung sollte durch billige Krediten und Subventionen unterstützt werden. Bei den Energiekosten sollte nach dem Plan der Grünen ein Energiegeld Entlastung schaffen: Dieses war einmal als dauerhafte Maßnahme angedacht – bisher hat es nur zur Einmalzahlung gereicht.
Die Folgen waren auch ohne Ukraine-Krieg erkennbar:
– Wer genügend Geld für den Traum vom neuen Haus am Stadtrand hatte, nimmt die staatlichen Förderungen mit (die Töpfe waren zur Jahreswende zwischenzeitlich erschöpft) und freut sich über sein Niedrigenergie-Haus und die damit verbundenen geringen Energiekosten.
– Wer finanzschwach im Bestand wohnt, muss sich buchstäblich warm anziehen. Über das schon zuvor teure Wohnen legt sich eine Schicht steigender Energiekosten und umgelegter Sanierungskosten. Und im Bestand sind Wärmedämmung und alternative Heiztechnologie sehr viel teuerer als beim Neubau – und manchmal überhaupt nicht umzusetzen.
Also auch hier wieder eine Umverteilung von unten nach oben: Im Extremfall werden die finanzschwachen Mieter weiter verdrängt und die finanzschwachen Immobilienbesitzer müssen verkaufen.
All das wurde schon bisher billigend in Kauf genommen – der Ukrainekrieg wirkt als Brandbeschleuniger: Die sozialen Folgen waren nie zu Ende gedacht – dies zeigt sich nur früher.
Eigentlich gehören Energie und Wohnen zur Daseinsfürsorge, wurden aber gemäß marktliberaler Doktrin privaten Investoren überlassen. Dass die Energiekonzerne nun einen staatlichen Schutzschirm bekommen sollen (wie früher die Banken), zeigt das Groteske dieser Entwicklung: In guten Zeiten Gewinn machen, in der Krise als “systemrelevant” vom Staat unterstützt werden.
Deshalb benötigt die Energiewende sehr viel mehr Vorausplanung und staatliche Programme: Ausbau der Fernwärme (wo alternative Heiztechniken nicht anwendbar sind), Aufbau von Solaranlagen auf dem Dach durch die Stadtwerke (wo die Besitzer nicht genügend Kapital besitzen), Aufkauf und Sanierung von Bestand (statt Förderung von Einfamilienhäusern), usw.
Aber in der Bundesregierung sitzen leider mit FDP und Grünen zwei marktgläubige Parteien – und die SPD bildet kein wirkliches Gegengewicht.
european
8. Juli 2022 @ 10:44
Im Augenblick habe ich den Eindruck, dass die Energiewende vom Tisch ist. Wenn ich mir den Aktivismus der EU und der Bundesregierung ansehe, dann ist alles, was sie im Rahmen von Alles-ausser-Russland veranstaltet klima- und umweltschaedlicher, teurer, umstaendlicher. Rueckschritt statt Fortschritt.
Dass fossile Energie immer teurer werden muss, damit diese Stoffe in der Erde bleiben, haette sicher Teil einer langfristigen Planung sein muessen. Im Augenblick wird aber weder etwas geplant noch langfristige Betrachtungen bezueglich der Folgen angestellt werden.
Blinden Aktionismus koennte man es auch nennen.
Thomas Damrau
8. Juli 2022 @ 11:45
Einverstanden: Auch ich brauche eine sehr starke Lupe, um die Energiewende zu finden.
Mein Punkt war: Die Frage “Wie mit steigenden Belastungen für die Bürger umgehen?” hätte auch ohne den Ukraine-Krieg angegangen werden müssen. Jetzt wird die Untätigkeit der Koalition bei dieser Frage mit einem “Frieren für die gute Sache” kaschiert.
european
8. Juli 2022 @ 12:18
@Thomas Damrau
Ich bezweifle mittlerweile, dass es jemals ein Konzept oder auch nur Gedanken darueber gegeben hat. Flassbeck wird schon seit Ewigkeiten nicht muede, darauf hinzuweisen, dass fossile Brennstoffe zu billig sind, dass die Preise steigen muessen und dass vor allen Dingen die Laender zusammenarbeiten muessen. U.a. auch um fuer die oelliefernden Laender neue Perspektiven zu erarbeiten, damit sie mitmachen. Er ist nicht der einzige. Heisst also, dass es kluge Leute gibt, mit denen man Konzepte haette erarbeiten koennen.
Ich hatte Habeck urspruenglich fuer den qualifizierteren Vertreter der Gruenen gehalten, weshalb ich die Gruenen nicht gewaehlt habe. Mittlerweile denke ich, dass er genauso wenig qualifiziert ist, wie A. Baerbock. Es reicht fuer den Parteivorsitz einer kleineren Partei. Aber das war es dann auch.
Fuer die grosse Welt reicht es nicht.
Armin Christ
8. Juli 2022 @ 09:06
Habeck – “Wirtschafts”minister – Null Ahnung von nichts aber in der MSM wegen seiner Eloquenz gelobt. Dabei sind seine Reden nchts anders als nichtssagende Sentenzen.
Oskar Lafontaine und Klaus Ernst heben einen möglichen Ausweg aus der Gaskrise aufgezeigt und haben dafür aus der USA-hörigen Ecke Geschimpfe – gar Verleumdung – erfahren. Aber um Macron zu zitieren: dessen Zustandsbeschreibung der NATO trifft auch die EU, die G7 und wie die ganzen Vereinchen heißen.
european
8. Juli 2022 @ 08:24
Unterdessen denkt der Städtetag in NRW über solche Maßnahmen wie Rettungsschirme für Stadtwerke und Umlageverfahren nach, um die drohende Pleitewelle der Energieversorger abzuwenden.
10 Millionen Deutsche warten auf die Erhöhung des Mindestlohnes, die mittlerweile schon mehr als verfrühstückt ist, wenn man die Preiserhöhungen ansieht. Die können nicht mal eben ein paar Tausend Euro zur Seite legen. In der Regel leben sie auch in den eher billigeren Wohnungen, die dann auch schlechter isoliert sind. Das heißt, die haben dann auch eher eine höhere Abrechnung. Der Einnahmenverlust für die Stadtwerke lässt sich ausrechnen.
Wirtschaftsprognosen sagen einen Einbruch der Wirtschaft um mehr als 12 Prozent im 2. Halbjahr 2022 voraus, wenn es kein Gas mehr aus Russland gibt. Damit einher geht der Verlust von ca. 5.6 Mio Arbeitsplätzen.
https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern-politik-und-wirtschaft/wie-hart-wird-die-wirtschaftskrise-den-osten-treffen
“Das Prognos-Institut rechnete zuletzt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 12,7 Prozent alleine im zweiten Halbjahr 2022… Schätzungen zufolge wären in diesem Fall 5,6 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland bedroht.”
Die werden dann die paar Tausend Euro Nachzahlung auch nicht mehr stemmen können.
Bei Langzeitarbeitslosen setzt Lindner auch gerade den Rotstift an. 42000 geförderte Arbeitsplätze stehen damit auf dem Spiel.
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/lindner-langzeitarbeitslose-leistungen-sparen-100.html
Man darf gespannt sein.
P.S. Die FDP-Philosophie ist doch immer wieder interessant: Wenn Unternehmen Anreize bekommen, fließt Staatsgeld in ihre Taschen. Wenn Bürger “Anreize” bekommen, wird ihnen Geld weggenommen.