Holodomor: Geschichtspolitik à la von der Leyen
EU-Kommissionschefin von der Leyen hat eine Parallele zwischen dem russischen Krieg in der Ukraine und dem Holodomor gezogen. Das ist gewagt, vor allem für eine deutsche Politikerin.
„90 years after the Holodomor, the Kremlin is again using food as a weapon“, schrieb von der Leyen auf Twitter. Mal abgesehen davon, dass diese These kontrafaktsich ist – Russland hat gerade einer Verlängerung des Getreide-Deals mit der Ukraine zugestimmt – offenbart sie eine merkwürdige Geschichtsauffassung.
Von der Leyens historische Parallele klingt nämlich so, als wolle sie Kremlchef Putin mit Stalin gleichsetzen – und en passant vergessen machen, welch entscheidende Rolle die Sowjetunion beim Sieg über Nazi-Deutschland spielte. 90 years after – und dazwischen war gar nichts?
Auch der Begriff Holodomor ist umstritten. Die Hungersnot vor 90 Jahren traf nämlich nicht nur die Ukraine, sondern auch weite Teile Russlands. Bis vor kurzem war diese Katastrophe kein Thema in Deutschland. Nun wird sie gegen den Kreml instrumentalisiert, auch von Berlin.
Mir macht diese Art von Geschichtspolitik große Bauchschmerzen. Sie reiht sich ein in den Versuch, die europäische Geschichte im Sinne der Nationalisten in der Ukraine neu zu schreiben. Wo bleibt die Aufarbeitung der ukrainischen Nazi-Verstrickung, wo die europäische Perspektive?
Gerade von einer deutschen EU-Politikerin hätte ich mehr historisches Bewußtsein erwartet…
Mehr zur Ukraine hier
KK
28. November 2022 @ 17:12
@ Thomas Damrau:
„Die Darstellung der “Russen” in den deutschen Medien geht vielfach in Richtung “unzivilisierte Barbaren”. Der Weg zum “slawischen Untermenschen” scheint mir nicht mehr weit zu sein.“
Und nicht nur durch die Medien, einige unserer Politiker – allen voran unsere Aussenministerin – hauen in die gleiche Kerbe. Eine Kerbe, die m.E. bei nicht wenigen dieser Darstellungen schon die Grenze zur strafbewehrten Volksverhetzung überschritten hat.
KK
28. November 2022 @ 14:28
@ european:
„Ich bin davon überzeugt, dass niemand hier im Forum Kriegsverbrechen entschuldigt oder einen Kriegsverbrecher in Schutz nimmt.“
Allerdings spielen die US-amerikanischen Kriegsverbrechen in der „wertebasierten“ Politik von EU und Deutschland regelmässig keine Rolle!
Stattdessen wird zB Assange in einer beispiellosen Weise für die Aufdeckung derselben seit über 10 Jahren verfolgt und weggesperrt. Von den USA und dem UK mit anfänglicher Beihilfe Schwedens. Und ohne irgendeine ernstzunehmende Intervention der jetzt ja ach so „werteorientierten“ Politiker. Letztendlich werden bestimmte Kriegsverbrecher durchaus auch in diesem Forum gelegentlich in Schutz genommen, indem deren Taten relativiert oder gar totgeschwiegen werden.
Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein – es ist davon auszugehen, dass auch Ukrainer Kriegsverbrechen in dem seit 2014 schwelenden Konflikt begangen haben.
Ich bin dafür, dass Kriegsverbrechen aufgeklärt und unabhängig (!) ermittelt werden. Aber das gilt ausnahmslos für alle Kriegsverbrechen, alle Täter und alle Regionen dieser Welt!
european
28. November 2022 @ 15:00
So sehe ich das auch.