Holodomor: Geschichtspolitik à la von der Leyen

EU-Kommissionschefin von der Leyen hat eine Parallele zwischen dem russischen Krieg in der Ukraine und dem Holodomor gezogen. Das ist gewagt, vor allem für eine deutsche Politikerin.

„90 years after the Holodomor, the Kremlin is again using food as a weapon“, schrieb von der Leyen auf Twitter. Mal abgesehen davon, dass diese These kontrafaktsich ist – Russland hat gerade einer Verlängerung des Getreide-Deals mit der Ukraine zugestimmt – offenbart sie eine merkwürdige Geschichtsauffassung.

Von der Leyens historische Parallele klingt nämlich so, als wolle sie Kremlchef Putin mit Stalin gleichsetzen – und en passant vergessen machen, welch entscheidende Rolle die Sowjetunion beim Sieg über Nazi-Deutschland spielte. 90 years after – und dazwischen war gar nichts?

Auch der Begriff Holodomor ist umstritten. Die Hungersnot vor 90 Jahren traf nämlich nicht nur die Ukraine, sondern auch weite Teile Russlands. Bis vor kurzem war diese Katastrophe kein Thema in Deutschland. Nun wird sie gegen den Kreml instrumentalisiert, auch von Berlin.

Mir macht diese Art von Geschichtspolitik große Bauchschmerzen. Sie reiht sich ein in den Versuch, die europäische Geschichte im Sinne der Nationalisten in der Ukraine neu zu schreiben. Wo bleibt die Aufarbeitung der ukrainischen Nazi-Verstrickung, wo die europäische Perspektive?

Gerade von einer deutschen EU-Politikerin hätte ich mehr historisches Bewußtsein erwartet…

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