Trotz EM: Aufstand gegen EU-Pläne
In Paris hat es wieder friedliche Proteste und gewalttätige Straßenschlachten gegeben. Erneut ging es gegen die Arbeitsmarktreform, die die EU-Kommission in Brüssel der Regierung in Paris verordnet.
Eigentlich sollen wir ja nichts davon mitbekommen. Europa, das soll in diesen Tagen die Fußball-EM sein. Kein Gedanke an den nahenden Brexit, keine Meldung über Proteste in Paris.
Und dennoch: Wieder gingen Zehntausende, womöglich eine Million Menschen auf die Straße, darunter auch gewaltbereite Autonome. Es gab Schwerverletzte, auch bei der Polizei.
Der Protest richtet sich nicht mehr nur gegen die Regierung in Paris, sondern auch gegen die EU-Kommission in Brüssel. Denn die Demonstranten wissen, woher die “Reformideen” kommen.
Sie sind nämlich im Rahmen des “Europäischen Semesters” entstanden, wie die Demonstranten jetzt in einem Blogpost nachweisen. Liberalisierung, Flexibilisierung, die üblichen neoliberalen Rezepte.
Die Rechnung, dass sie im EM-Fieber vergessen werden, ist nicht aufgegangen…
luciérnaga rebelde
15. Juni 2016 @ 16:04
Ja Herr Nemschak, wie alt sind Sie denn eigentlich (ich bin 81, bittesehr)? Haben Sie schon mal was gehört oder gelesen über “now Future” und Jugendarbeitslosigkeit? In Frankreich zählt der Mensch immer noch ein bisschen mehr als Wettbewerbsfähigkeit und Exportrekorde, und da wehren sie sich halt gegen die Roboterisierung sprich Versklavisierung
S.B.
15. Juni 2016 @ 08:51
Also ich finde es wirklich ausgesprochen zuvorkommend, dass uns die zwangsbezahlten Öffentlich-Rechtlichen während der EM nicht mit unangenehmen EU-News, deren es ja viele gibt, belästigen. 😉 Gut, das machen sie außerhalb von derartigen Großereignissen, wenn überhaupt, auch nur in homöopathischen Dosen. Aber über die EU soll ja auch nur Positives berichtet werden (gibt’s da noch irgendwas?). Alles andere beschleunigt nur die Zersetzungserscheinungen, was von unseren “Eliten” bekanntlich nicht gewollt ist.
Peter Nemschak
15. Juni 2016 @ 08:20
Irgend wann werden auch diese heiligen Kühe der Franzosen zur Schlachtbank kommen. Demonstrationen sind in Frankreich Volkssport, egal welche Regierung gerade an der Macht ist. Das würde sich erst ändern, wenn eine Gewerkschaftsreform, wie sie in England unter Thatcher stattgefunden hat, durchgezogen wird. Das englische Volk ist daran nicht gestorben, den Bürgern hat es viel Ärgernis im täglichen Leben erspart.
Skyjumper
15. Juni 2016 @ 21:59
“Das englische Volk ist daran nicht gestorben, den Bürgern hat es viel Ärgernis im täglichen Leben erspart.”
Gestorben nicht, nein. Aber Sie sollten sich mal etwas differenzierter mit dem Thema beschäftigen. Das Hauptziel von Thatcher wurde nämlich keinsfalls erreicht. In keinem der europäischen Industrieländer ist die Industriequote (seit Thatcher) so extrem zurückgegangen wie in Großbritannien (vor Thatcher mehr als DE, heute weniger als die Hälfte von DE). Die Industrie zu stärken und zu erhalten war allerdings die Haupttriebfeder für Thatchers Liberalisierung und die Privatisierungen. Daran gemessen muss man sagen: “Setzen, sechs”
Über die Definition von Armut kann man trefflich diskutieren. Aber bei unveränderter Definition ist der Anteil der Armen in Großbritannien von 14 % in den 80zigern auf heute gut 30 % gestiegen. Und in Großbritannien meint Armut meist wirkliche Armut. Die Lebenshaltungskosten in England sind höher als in Deutschland, das durchschnittliche Jahreseinkommen aber nur etwa gleich hoch. Und der Gini-Koeffizient ist in GB deutlich höher als in DE, sprich die Einkommen ungleichmässiger verteilt.
Sie sollten sich nicht den Kopf vernebeln lassen vom Blick auf London. Ihrer Theorie zufolge müßte es Großbritannien und den Briten ja dank Thatcherismus erheblich besser gehen als den Franzosen. Das Gegenteil ist der Fall.
Lina
14. Juni 2016 @ 21:34
Arbeitsmarkt”reformen” Phase2:
http://www.keeptalkinggreece.com/2016/06/14/imf-germany-to-legalize-slavery-in-greece-with-single-minimum-wage-system/?utm_source=feedburner&utm_medium=twitter&utm_campaign=Feed%3A+KeepTalkingGreece+%28Keep+Talking+Greece%29
GS
15. Juni 2016 @ 00:59
Also da würde ich schon gern mal die Originalquelle sehen. Warum sollte jemand sein ganzes Arbeitsleben keine Gehaltssteigerungen bekommen können?
Lina
15. Juni 2016 @ 20:17
LOL
Falsche Frage.
Richtige Frage: Wer diktiert SOLCHE Gesetze und WARUM?
Peter Nemschak
15. Juni 2016 @ 14:56
In Finnland haben die Gewerkschaften einer dreitägigen Verlängerung der Arbeitszeit pro Jahr ohne Lohnausgleich zugestimmt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Warum dort und nicht in Frankreich?
Skyjumper
15. Juni 2016 @ 21:28
Ein TEIL der Antwort wird in der Nachbarschaft zu suchen sein.
Während Frankreich’s Nachbarn zwar durchaus etwas mehr arbeiten als die Franzosen (FR hat die niedrigste Zahl an Jahresarbeitsstunden in der EU), so hält sich die Differenz meines Wissens nach doch in Grenzen (~ 100 Stunden).
Finnland liegt (bzw. lag) jedoch hinsichtlich der Jahresarbeitsstunden auch in der Führungsriege, etwa auf dem Niveau von Deutschland, hat jedoch mit den baltischen Staaten und Russland viele Nachbarn in denen die Jahresarbeitszeit deutlich höher liegt als in Finnland. Die baltischen Staaten haben die höchsten Jahresarbeitstundenzahlen in der EU. Diese starke Abweichung zu den Nachbarn ist zum einen nicht gut für die Wettbewerbsfähigkeit und fördert zum anderen die Immigration von Arbeitskräften aus den Nachbarländern. Im Falle Finnlands insbesondere aus Russland. Und beides liegt weder im Interesse der finnischen Regierung, noch der finnischen Gewerkschaften.
Lina
14. Juni 2016 @ 21:29
“In a recent discussion (video at 46 minutes), economist Yanis Varoufakis, who was Finance Minister of Greece until last July, recounts a conversation that he had with his German counterpart Wolfgang Schäuble. It was at the height of the conflict between Greece and the European authorities last summer:
I had many interesting conversations with the Finance Minister of Germany, Dr. Wolfgang Schäuble. At some point, when I showed him this ultimatum, and I said to him… “Would you sign this? Just, let’s take off our hats as Finance Ministers for a moment. I’ve been in politics for five months. You’ve been in politics for 40 years. You keep barking in my ear that I should sign it. Stop telling me what to do. As human beings, you know that my people, now, are suffering a Great Depression. We have children at school that faint as a result of malnutrition. Can you just do me the favor and advise me on what to do? Don’t tell me what to do. As somebody with 40 years, a Europeanist, somebody who comes from a democratic country, just Wolfgang to Yanis, not Finance Minister to Finance Minister.”
And to his credit, he looked out of the window for a while. .. and he turned around and he said, “As a patriot I wouldn’t.” Of course the next question was, “so why are you forcing me to do it?” He said, “Don’t you understand?! I did this in the Baltics, in Portugal, in Ireland, you know, we have discipline to look after. And I want to take the Troika to Paris.”
The Troika has arrived.”
http://cepr.net/blogs/the-world-in-transition/bringing-the-troika-to-france