Spannungen um EU-Beitritt der Ukraine
Die EU-Kommission will die Ukraine so schnell wie möglich zum Mitglied machen. Doch das stößt auf Widerstand – in Moskau, Paris und Berlin.
Wenn die Ukraine schon nicht in die Nato kann, dann wenigstens in die EU. Das schien lange Zeit Konsens zu sein. EU-Kommissionschefin von der Leyen drückt denn auch aufs Tempo, im Juni will sie das Land offiziell zum Beitrittskandidaten erklären.
Doch nun gibt es Widerstand. Russland lehnt einen Beitritt ab – und verschärft die Spannungen mit der EU. „Es ist äußerst zweifelhaft, dass dieser Wunsch Kiews harmlos ist“, sagte Außenminister Sergej Lawrow
Zwar sei der Beitritt grundsätzlich eine Angelegenheit zwischen Kiew und Brüssel, sagte Lawrow. Zugleich erhob er aber schwere Vorwürfe gegen die EU.
Sie habe „sich aus einer konstruktiven Wirtschaftsplattform, als die sie gegründet wurde, in einen aggressiven militanten Akteur verwandelt, der schon Ambitionen weit über den Kontinent hinaus äußert“.
Spannungen gibt es aber auch innerhalb der EU. So hat sich Frankreich gegen einen schnellen Beitritt ausgesprochen. Präsident Macron schlug eine neue „politische Gemeinschaft“ ohne Vollmitgliedschaft vor, der auch Kiew beitreten könne.
Doch das passt der ukrainischen Regierung nicht. Sie beharrt auf dem EU-Beitritt im Eilverfahren. Und weil auch Deutschland auf der Bremse steht, macht der ukrainische Botschafter Melnyk mal wieder Druck auf Berlin.
Dort wiederum ärgert man sich über von der Leyen, weil diese wieder mal vorgeprescht ist. Die Versprechen der CDU-Politikerin seien nicht hilfreich, heißt es in Berlin, das letzte Wort hätten ohnehin die Mitgliedsstaaten…
Siehe auch „Bedrohliche Blockbildung“
Alexander
15. Mai 2022 @ 01:03
Der 93jährige Noam Chomsky bringt die Dinge in einem gerade erst veröffentlichten Video auf den Punkt:
https://www.youtube.com/watch?v=dCVN7iV5kVo
Thomas Damrau
14. Mai 2022 @ 09:46
Die EU lernt leider nichts hinzu. Schon der Beitritt einiger osteuropäischer Länder war in erster Linie von dem Wunsch getrieben, diese Länder in der “westlichen Wertegemeinschaft” zu verankern. Die fehlenden Beitrittsvoraussetzungen wurden im Zweifelsfall ignoriert. Mit gravierenden Folgen:
1) Vor Wahlen in osteuropäischen Ländern werden in Brüssel Stoßgebete gen Himmel gerichtet, es möge nicht ein neuer Populist an die Macht kommen.
2) EU-Beihilfen werden gerne zweckentfremdet, um die lokale Bevölkerung bei Laune zu halten.
3) Die EU ist in vielen Fragen handlungsunfähig, da die Partikularinteressen der Mitgliedsstaaten nicht mehr zusammengebracht werden können.
Anstatt die strukturellen Probleme der EU anzugehen, wird die “Wir müssen zusammenrücken”-Stimmung während des Ukraine-Kriegs genutzt, um im Eilverfahren die letzten weißen Flecken auf der EU-Landkarte (auch auf dem Balkan) einzufärben.
Peter Kiefer
13. Mai 2022 @ 13:33
Dass Deutschland auf der Bremse steht, glaube ich nicht. Die verantwortlichen Politiker haben nicht das Rückgrat, dem Helden der westlichen Welt (‚Wertewesten‘!) und seinem eloquenten Botschafter in Berlin einen „Wunsch“ abzuschlagen. Darauf können Sie wetten!