Schutz mit beschränkter Haftung
EILMELDUNG: So quittierten deutsche Nachrichten-Agenturen die Ankündigung von Kommissionschef Juncker, nun endlich den Schutz europäischer Firmen vor neuen amerikanischen Iran-Sanktionen einzuleiten.
Dabei hat es Juncker selbst gar nicht so eilig: Erst am Freitag will er einen Prozess starten, “um die extraterritoriale Wirkung der amerikanischen Sanktionen in der EU zu neutralisieren”.
Klingt merkwürdig, ist es auch. Denn es geht nicht etwa darum, laut und deutlich die Anmaßung der USA zurückzuweisen, weltweit und unilateral Strafen verhängen zu können.
Es geht lediglich darum, EU-Firmen zu untersagen, sich an die angedrohten US-Sanktionen zu halten. Dafür soll das alte “blocking statute” von 1996 reaktiviert werden.
Die Verordnung wurde vor zwei Jahrzehnten wegen US-Sanktionen zu Kuba, Iran und Libyen verabschiedet. In der Praxis wurde sie aber nie getestet. Wir wissen also nicht, ob sie funktioniert.
Und nun wird sie auch nicht für alle gelten. Wenn überhaupt, dann dürften nur jene Firmen davon profitieren, die nicht in den USA tätig sind. Denn sonst könnten US-Behörden gegen sie vorgehen.
Kanzlerin Merkel machte gleich noch eine weitere Einschränkung. “Wir können schauen, ob wir kleineren und mittleren Unternehmen bestimmte Erleichterungen geben”, sagte sie in Sofia.
Dies werde geprüft – doch großen Konzernen oder gar der” ganzen Wirtschaft” werde man leider nicht helfen können. Schade. Es geht also um einen Schutz mit beschränkter Haftung – also um Symbolpolitik!?
Claus
18. Mai 2018 @ 08:30
Ich glaube nicht, dass ein Manager eines europäischen Unternehmens, das von der USA des Sanktionsbruches bezichtigt wird, in Erfahrung bringen möchte, wie es sich anfühlt, bei der Einreise in die USA zwecks Befragung in Handschellen abgeführt zu werden. In diesen Dingen sind unsere transatlantischen Freunde nicht zimperlich.
Die europäischen „Global Player“ mit Business in den USA werden den Ball schön flach halten, egal, wie Jean-Claude Juncker das sieht oder was er gegen die Sanktionen zu tun gedenkt.
Peter Nemschak
18. Mai 2018 @ 09:59
Man fragt sich, warum die EU den Atomdeal mit Zähnen und Klauen verteidigen will. Er war bequem, ihr politisches Baby, gemeinsames Identifikationsobjekt und hat Zeit – vor allem für den Iran – gekauft. Das ist Faktum und nicht bloß Trumps Interpretation. Die Entwicklung von Waffenträgertechnologie ist technologisch wesentlich anspruchsvoller als die bereits in die Jahre (74 !!!) gekommene Technologie zur Erzeugung nuklearer Sprengköpfe. Das musste auch Kim, dessen Raketen häufig mehr schlecht als recht funktionierten, erfahren. Den Einfluss des Iran und seines Verbündeten Russland in der Region Mittlerer Osten nicht ausufern zu lassen, hat nicht nur für die USA sondern hätte auch für die EU einen gewissen Charme. Dass die EU militärisch nachrüsten muss, ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Eine Militärmacht ist nur glaubwürdig, wenn sie imstande ist, die Androhung von Gewalt auch durchzusetzen. Dazu eignet isch ein nationalstaat besser als ein Bund von Staaten.
Peter Nemschak
17. Mai 2018 @ 18:39
Unter Berücksichtigung der realen Machtverhältnisse war nichts anderes zu erwarten. In Zukunft wird sich Israel mit Rückendeckung der USA und Duldung durch Russland um das iranische Atomprogramm kümmern.