Ein unmoralisches Angebot
So sieht also die “Abwehrfront” der EU gegen den Protektionismus von US-Präsident Trump aus: Man macht ihm ein Angebot. Dass es dabei ausgerechnet um Flüssiggas made in USA gehen soll, ist unmoralisch.
Falls die EU auf Dauer von den angedrohten US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausgenommen werde, sei man bereit, “darüber zu sprechen, wie wir reziprok die Barrieren für den Handel reduzieren”, sagte Kanzlerin Merkel in Sofia.
Nach Angaben von Diplomaten geht es unter anderem um eine weitere Öffnung der europäischen Märkte für amerikanisches Flüssiggas. Da stellt sich doch die Frage: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
“USA wollen mit Flüssiggas Europas Energiemarkt angreifen”, hieß es noch im Juli 2017 in den deutschen Medien. Die amerikanische Gas-Offensive zielt vor allem auf Polen und Osteuropa.
Sie soll Russland und die geplante Nord Stream-Gaspipeline nach Deutschland ausbremsen – und die Abhängigkeit von russischem Gas verringern. Dafür wird die EU künftig am Tropf der Amerikaner hängen.
Da stellt sich doch die Frage, wieso die Europäer ausgerechnet in diesem strategisch wichtigen Bereich ein Angebot machen. Bisher war nur von niedrigeren Zöllen auf amerikanische Autoimporte die Rede, im Zuge eines “TTIP light”.
Dafür hat sich gerade auch wieder der deutsche EU-Kommissar Oettinger ausgesprochen. Oettinger warnte dabei, sich Trump ohne Widerstand zu fügen: “Wenn wir eine Art Juniorpartner der USA werden, dann wären wir verloren”, sagte er.
Doch genau das droht nun in der Energiepolitik…
Siehe auch “Es geht (auch) um Gas”
P.S. Nun klärt das “Wall Street Journal” den Hintergrund auf: Trump soll Merkel aufgefordert haben, ihr Pipeline-Projekt “Nord Stream” aufzugeben, um einen Handelskrieg zu vermeiden. Im Gegenzug käme dann mehr Flüssiggas aus den USA…
Claus
18. Mai 2018 @ 08:08
Was ist das wieder für eine schlechte Stimmung hier? Die Politik lebt doch immer von Kompromissen und Geben und Nehmen, wie zum Beispiel „Wir bekommen das Finanzministerium und verzichten im Gegenzug auf unser bedingungsloses Bestehen zur Einführung einer „Bürgerversicherung“ und versetzen in unserem Forderungspapier zum Familienzuzug außerdem noch ein Komma.“
Na bitte, geht doch, und hat nichts mit nichts zu tun. Warum denn nicht auch Flüssiggas gegen irgendetwas tauschen?
Pjotr56
17. Mai 2018 @ 14:20
Nemschak, jetzt müssen sie nur noch erklären, wie sich mit verflüssigtem US-fracking-Gas Preisrisiken reduzieren lassen. Das Zeug ist sauteuer!
Peter Nemschak
17. Mai 2018 @ 15:05
Wenn Sie recht haben, wird das Zeug gegenüber Russengas in “normalen” Zeiten nicht wettbewerbsfähig sein. Also sind ebos moralische Bedenken gegenstandslos.
Peter Nemschak
18. Mai 2018 @ 08:24
Man müsste noch hinzufügen, dass das Angebot nicht unmoralisch sondern unseriös ist. Der Ölmarkt ist ein Weltmarkt, auf dem weltweites Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Der strategische Vorteil der USA besteht darin, dass sie auf Grund von Fracking national weitgehend autonom sind. Insgesamt sind die USA vom Außenhandel weniger abhängig als die EU. Dass eine Staatenkoalition strukturell politisch und militärisch schwächer als ein Bundesstaat oder Zentralstaat ist, braucht nicht wiederholt zu werden. Beispiele dafür gibt es in der Geschichte genug. Wer das nicht zur Kenntnis nehmen will, ist weltfremd. Der Luxus der europäischen Nationalstaatlichkeit kostet globale Macht und Einfluss.
Peter Nemschak
17. Mai 2018 @ 12:31
Was ist daran unmoralisch, die Energieversorgung zu diversifizieren, um nicht von einem Lieferanten abhängig zu sein? Ziel muss es sein, weder am amerikanischen noch am russischen Tropf zu hängen. Verfügbarkeits- und Preisrisiken zu reduzieren macht wirtschaftlich Sinn und ist keine moralische Frage.
ebo
17. Mai 2018 @ 12:39
Schon mal was von Fracking gehört? Und vom Widerstand dagegen in EUropa? Was Trumps Absichten betrifft, hier ein Zitat aus dem Hamburger Abendblatt:
“Doch Trump verfolgt damit einen Plan. US-Medien berichten, er habe als Präsidentschaftskandidat auf die Frage, ob er mehr LNG-Terminals bauen wolle, zurückgefragt: “Was ist LNG?” Inzwischen weiß er es. Und es könnte ihm gleich in dreifacher Hinsicht nützlich werden: Die Exporteinnahmen nach oben treiben, Russlands Marktposition untergraben und gleichzeitig den Energie-Konflikt innerhalb der europäischen Union weiter zuspitzen.”
Peter Nemschak
17. Mai 2018 @ 14:24
Natürlich von Fracking gehört und auch vom Widerstand der Ökologiebewegten. Auch die traditionelle Erdöl- und -gasförderung belastet die Umwelt. Die einzig wirksame Maßnahme zur Schonung des Planeten wäre eine massive Reduktion der Anzahl der auf ihm lebenden und den Planeten belastenden Menschen. Dazu bedürfte es gezielter Geburtenkontrolle. Nicht einmal diese konnten die Menschen bisher sinnvoll umsetzen (siehe Ein-Kind Familie in China). Man kann es nicht allen recht machen. Ich fürchte, wir werden mit dem Klimawandel leben müssen, selbst wenn wir zunehmend alternative Energien einsetzen. Das wird nicht reichen. Für die moralische Keule gegen den imperialen Lebensstil werden sich keine Mehrheiten finden. Bleiben wir am Boden der Realität.