Schäuble will Schuldenstaaten entmündigen

Beim Euro-Krisengipfel hatte er nichts zu melden, nun schlägt er umso härter zu

Eine Woche nach dem Euro-Krisengipfel lässt Bundesfinanzminister Schäuble die Katze aus dem Sack: Als Gegenleistung für „mehr Integration“ sollen Schuldenstaaten künftig „einen Teil der Hoheitsrechte“ verlieren, meldet die FTD. Zwar ist Kanzlerin Merkel mit dieser Idee schon einmal gescheitert. Doch diesmal setzt Berlin auf Unterstützung aus der Europäischen Zentralbank und aus dem Europaparlament.

Neben einem Stimmrechtsentzug im EU-Ministerrat denkt Schäuble offenbar an automatische Sanktionen gegen Länder, die gegen den jüngst verschärften Stabilitätspakt verstoßen. Für solche automatischen Sanktionen macht sich seit Wochen das Europaparlament stark – was ziemlich bizarr ist, denn es hätte dabei ja überhaupt nichts mehr zu melden. Auch die EZB plädiert für automatische Strafen, um die Disziplin in der Eurozone zu stärken.

Sachlich macht das alles keinen Sinn. Denn keinem der drei Problemstaaten wäre mit neuen Sanktionen beizukommen. Griechenland hätte, wäre der Stabipakt wirklich angewandt worden, nie in die Eurozone aufgenommen werden dürfen. Zudem ist die Regierung in Athen de facto längst entmündigt. Irland hat bis zur Bankenkrise nie gegen den Stabipakt verstoßen, und Portugal wurde von der EZB selbst in den Abgrund gestoßen.

Diese drei Länder nun noch härter zu bestrafen, hätte daher nicht einmal mehr abschreckende Wirkung. Schließlich haben die Finanzmärkte längst die Rolle des Richters übernommen. Sie verlangen derart hohe Risikoaufschläge, dass kein Land es mehr wagt, eine unsolide Finanzpolitik zu verfolgen. Am Beispiel Italiens und Spaniens kann man sogar sehen, dass die Sanktion der Märkte bereits kommt, noch bevor der Stabipakt verletzt wurde.

Eine Verschärfung der EU-Strafen ist in dieser Lage grotesk. Wenn es in der Eurozone vernünftig zuginge, müsste man sich entweder gegen die Sanktionen der Märkte absichern – z.B. mit Eurobonds – oder, wenn man den Märkten plötzlich doch wieder vertraut, eigene Sanktionen ganz fallen lassen. Merkel und Schäuble wollen aber offenbar beides: Sie wollen die günstigen Marktzinsen für Deutschland dauerhaft sichern, die anderen Länder über die Märkte abstrafen lassen – und dann auch noch neue Sanktionen draufsetzen, wenn es zur Krise kommt.

Interessant ist, dass dies alles mit „mehr Integration“ begründet wird. Schließlich war diese von den Märkten erzwungen worden, nicht von den Krisenländern. Neue Sanktionen würden jedoch nicht die Spekulanten treffen, sondern die Völker, die jetzt schon unter der brutalen Sparpolitik leiden…und bei einem Stimmrechtsentzug gar nichts mehr zu sagen hätten!

Man kann nur hoffen, das Schäubles Vorstoß bald wieder im Sommerloch verschwindet…

P.S. Vielleicht ist die Drohung mit Sanktionen aber auch nur ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung nun kalte Füße bekommt, nachdem sie beim Euro-Krisengipfel die Vergemeinschaftung der Schulden eingeleitet hat. Merkel ist viel weiter gegangen, als sie eigentlich wollte…und Schäuble soll es wieder ausputzen!?


kostenloser Counter