Auf dem rechten Auge blind (Update)

Die EU-Antiterrorpolitik hilft nicht gegen durchgeknalle Rechtsextreme

Die verheerenden Attentate in Norwegen rufen nun auch Brüssel auf den Plan. Obwohl Norwegen kein EU-Mitglied ist, bietet die Europäische Union der Regierung in Oslo Hilfe an. Außerdem will EU-Innenkommissarin Malmström die offenbar rechtsextrem motivierte Mordserie nutzen, um die europäischen Antiterrorgesetze zu verschärfen. Im Gespräch ist ein Ausbau der Vorratsdatenspeicherung und eine verstärkte Überwachung des Internets. 

Der CSU-Europapabgeordnete Weber fordert sogar, extremistische Seiten europaweit zu löschen oder zu sperren. Bisher war dies am Widerstand der 27 EU-Regierungen gescheitert, die auf ihren nationalen Kompetenzen beharren. Auch die Vorratsdatenspeicherung stößt auf massive Vorbehalte. Bisher ist nicht einmal erwiesen, dass sie der Abwehr oder Aufklärung von Attentaten dient. 

Auch andere so genannte Anti-Terror-Maßnahmen wie die Kontrolle von Bankdaten („Swift-Abkommen“) oder von Passagierdaten („PNR“) greifen ins Leere. In Norwegen nutzte der Täter offenbar ein Auto; der Kauf von Chemikalien zum Bau einer Autobombe war den lokalen Behörden zwar aufgefallen, aber als unerheblich eingeschätzt worden.

Kurz: Swift-Überwachung und PNR-Kontrolle helfen nicht gegen durchgeknallte Rechtsextreme, die zu Hause zuschlagen und die eigenen Leute abknallen.

Es macht daher auch keinen Sinn, das Arsenal der EU-weiten Fahndung auszubauen, wie dies Europol fordert. Viel sinnvoller wäre es, sich endlich auf die Gefahr durch Ausländerhasser, Neonazis und pseudochristliche Kreuzzügler zu konzentrieren, die nicht nur in Norwegen, sondern auch in Schweden, Deutschland und Großbritannien wächst.

Bisher ist die EU auf diesem Auge so gut wie blind. Fast alle Anti-Terror-Maßnahmen der letzten Jahre konzentrierten sich auf Islamisten und (linksextreme) Terroristen. Die rechte Gefahr hat die EU ebenso ausgeblendet wie den antiislamischen Populismus, der sich in Ländern wie den Niederlanden ausbreitet. 

Müssen erst noch mehr Menschen sterben, bevor sich das endlich ändert?

 

Nachtrag 27.7.11

Bundesinnenminister Friedrich räumt erstmals ein, dass auch in Deutschland Gefahr von Rechtsextremen ausgeht. Und die EU will nun über Extremismus und Fremdenfeindlichkeit diskutieren – allerdings erst Ende September. Innenkommissarin Malmström will dazu das bereits bestehende Projekt zur „Radikalisierung“ umwidmen. bisher beschäftigte es sich vor allem mit Jugendlichen, die zum militanten Islamismus übertreten – nun soll es auch um das Abdriften nach Rechts gehen…

 

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