Schäuble fordert Regelbruch – beim IWF
Der Streit zwischen Deutschland und dem IWF um Griechenland spitzt sich zu. Bis Dezember soll sich der Fonds entscheiden, ob er am neuen Hilfsprogramm teilnimmt. Doch das wäre gegen die Regeln.
Die sehen nämlich vor, dass der IWF nur dann helfen darf, wenn die so genannte Schuldentragfähigkeit gegeben ist. Bei 176 Prozent Schuldenquote kann davon in Griechenland keine Rede sein.
IWF-Chefin Lagarde beharrt daher auf einem Schuldenschnitt oder anderen Erleichterungen. Sie muss das tun, schließlich sind Regeln nunmal Regeln, wie Finanzminister Schäuble ständig betont.
Doch ausgerechnet im Fall Griechenland will der deutsche Oberlehrer den Regelbruch. Mit ein wenig kreativer Buchführung, so Schäubles Leute bei der IWF-Jahrestagung, sei das Problem doch zu lösen.
Man müsse die Dinge einfach nur ein wenig positiver sehen und sich das Wachstum ansehen, das 2017 zurückkehren soll. Oder an den Euro-Rettungsfonds ESM denken, der doch die Hauptlast trage.
Wenn man es so sehe, gehe der IWF doch kein großes Risiko ein. Also könne er sich auch am 3. Bailout beteiligen – selbst ohne Schuldenschnitt. Man muss die Regeln doch nicht allzu genau nehmen, oder?
Peter Nemschak
8. Oktober 2016 @ 21:03
Wird Schäuble von den Griechen oder den Deutschen gewählt? Das Hemd ist näher als der Rock, muss man verstehen. Würden Sie an seiner Stelle anders handeln?
ebo
8. Oktober 2016 @ 21:39
@Nemschak Selbstverständlich würde ich anders handeln. Denn sein Handeln ist kontraproduktiv und selbstwidersprüchlich. Wer wie Schäuble ständig die IWF-Beteiligung fordert, kann nicht gleichzeitig die IWF-Konditionen ablehnen. Es sei denn, er möchte, dass auch der 3. Bailout scheitert…
Peter Nemschak
9. Oktober 2016 @ 09:41
In Schäubles Einschätzung hat Griechenland im Euro nichts verloren. Es ist für ihn eine Frage des aus seiner Sicht politisch richtigen Zeitpunkts, wann der Austritt erfolgen soll. Inzwischen ist die Mitwirkung des IWF an den Stützungspaketen durchaus willkommen. Damit lassen sie sich innenpolitisch leichter verkaufen. Die diversen Bailouts sind, dass wissen wir, längst gescheitert. Griechenland braucht eine investorenfreundliche Regierung, wenn es Fortschritte machen will, nicht eine Regierung die widerwillig umsetzt, was die Gläubiger fordern. Nur dann werden junge gebildete Griechen eine Zukunft für ihr Land sehen und bereit sein mitzumachen.
Skyjumper
8. Oktober 2016 @ 23:33
@Peter Nemschak, @ebo
Geht die Diskussion über „Hemd vs. Hose“, bzw. „produktiv vs. kontraproduktiv“ nicht am Kern des Problems vorbei?
In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich? Wo es ganz selbstverständlich erscheint das Politiker Regeln und Gesetze opportunistisch einhalten oder eben auch nicht? Und das einzige was wir machen ist nach der Sinnhaftigkeit zu fragen?
„Vor dem Gesetz sind alle gleich.“ Ist das nicht die Prämisse unter die wir unsere gesellschaftliche Ordnung gestellt haben?
Die gewählten Politiker haben die Macht und die Möglichkeit (und die Pflicht) Gesetze zu erlassen, diese ggf. auch mit den entsprechenden Gesetzgebungsverfahren nachzubessern oder zu verändern. Aber an die jeweils geltenden Gesetze haben sie sich genauso zu halten wie jeder andere Staatsbürger auch. Andernfalls könnte es nämlich passieren das ich irgendwann auch anfange nur die Gesetze zu beachten die mir gerade in den Kram passen.
Wir rütteln an den Grundpfeilern unseres (zivilisierten) gesellschaftlichen Zusammenlebens wenn Regeln und Gesetze nur noch nach good will beachtet oder missachtet werden. Das ist der direkte Weg in ein System in dem der Starke den Schwachen nach Belieben unterdrücken kann.
Priviligierungen durch Tüchtigkeit, Leistung, Geld, ja meinetwegen auch durch Beziehungen, sind meiner Meinung nach durchaus in Ordnung. Aber das muss Grenzen haben wenn wir weiterhin friedlich zusammenleben wollen. Und diese Grenzen sind Regeln und Gesetze die für uns alle gelten. Egal wieviel Macht, Geld oder Einfluß wir haben. Eigentlich ein viel zu wertvolles Gut um damit Tagespolitik zu machen.
Peter Nemschak
9. Oktober 2016 @ 14:22
Sie verstehen die Ironie Schäubles nicht. Griechenland hat sich für seinen Beitritt zum Euro besonders „phantasievoll“ herausgeputzt. Jetzt müssen wir halt ein wenig „phantasievoll“ sein, um das Phantasiegebilde nicht zu zerstören.