Rote Ampel für Leyen, rote Hilfe für Sassoli – und Wut auf Erdogan

Die Watchlist EUropa vom 24. November 2021 –

Es wurde schon länger gemunkelt, nun ist es klar: Die neue deutsche Ampel-Koalition will keine zweite Amtszeit von Kommissionschefin von der Leyen. Um die CDU-Politikerin wird es einsam. In Berlin denkt man schon über ihre Nachfolge nach.

Im Koalitionsvertrag findet sich eine Klausel, wonach die Grünen einen EU-Kommissar oder eine Kommissarin benennen können, wenn es von der Leyen 2024 nicht schaffen sollte, ein zweites Mandat zu erringen.

Die neue Ampel-Regierung hat den Posten also bereits verteilt, bevor die Amtsinhaberin den Platz frei gemacht hat. “Das ist so freundlich wie möglich formuliert”, sagte der designierte Kanzler Scholz süffisant.

Zuletzt hat die FDP deutlich gemacht, dass sie eine zweite Amtsperiode nicht unterstützen würde. Nach der Europawahl 2019 hatten SPD und Grüne im Europaparlament sogar gegen die CDU-Politikerin gestimmt.

Man darf also davon ausgehen, dass alle drei neuen Regierungsparteien an von der Leyens Stuhl sägen bzw. sich von ihr abwenden, wie die Liberalen. Offen sagen möchten sie es aber lieber nicht.

“Keine lahme Ente”

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So erklärte der grüne Europaabgeordnete S. Giegold, VDL sei “keine lahme Ente”. Die Grünen würden sie weiter unterstützen, schließlich habe sie ja auch den “European Green Deal” vorangetrieben.

Doch um wiedergewählt zu werden, müßten sich CDU/CSU von ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl erholen und eine Wahlrechts-Änderung für die EU unterstützen. Beides zeichnet sich bisher nicht ab.

Und dann müßte von der Leyen bei der nächsten Europawahl auch noch eine Mehrheit bekommen. Dabei sieht ihre Bilanz bisher sehr mager aus. Gerade scheitert wieder mal ihr Krisenmanagement bei Corona.

Streit um Klimapolitik und Rechtsstaat

Auch der “Green Deal” ist nicht das Gelbe vom Ei. Die Ampel bekennt sich zwar zu den Vorschlägen aus Brüssel. Doch Umweltverbände laufen Sturm: Damit lasse sich das Klimaziel nie und nimmer erreichen.

Und beim Rechtsstaat hat von der Leyen noch gar nicht geliefert. Die neue “progressive” Berliner Regierungskoalition zeigt der CDU-Politikerin denn auch die “rote Ampel”.

Man plane, „die bestehenden Rechtsstaatsinstrumente konsequenter und zeitnah zu nutzen und durchzusetzen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Bisher standen von der Leyen und ihre Freundin Merkel auf der Bremse…

Siehe auch “Von der Leyens Stern sinkt” und “Sturmwarnung um Lindner und Baerbock.” Mehr zur Ampel hier

Watchlist

Wer führt das Europaparlament in die zweite Halbzeit? Wenn es nach der konservativen EVP und ihrem Fraktionschef Weber geht, soll Parlamentspräsident Sassoli – ein Sozialist aus Italien – Platz für eine EVP-Frau machen – die maltesische Abgeordnete Metsola. So war es intern mit den Sozialdemokraten abgesprochen – doch die denken gar nicht daran. Sassoli erhielt am Dienstagabend die “einstimmige Unterstützung” der S&D im EU-Parlament, um wieder zu kandidieren. Wie dss Rennen ausgeht, ist offen…

Was fehlt

Die Wirtschaftskrise in der Türkei. Am Mittwoch rutschte die türkische Lira um drei Prozent auf ein neues Rekordtief ab. Für einen Dollar mussten Anleger zeitweise 13,15 Lira auf den Tisch legen, so viel wie nie zuvor. Viele Türken geben Sultan Erdogan die Schuld, der die Geldpolitik an sich gerissen hat und Zinssenkungen durchdrückt, obwohl die Inflationsrate auf fast 20 Prozent geklettert ist. Die Wut könnte ihm auch politisch gefährlich werden – der Ruf “Hükümet Istifa!” (Regierung, tritt zurück!) ist immer öfter zu hören!