Road to nowhere

Totgesagte leben länger. Das gilt auch für die britische Premierministerin May: In Brüssel wurde ihr schon im Sommer der Sturz vorhergesagt – nun hat sie sogar die erste Phase des Brexit abgeschlossen. Dennoch hat May ein Problem.


Zum einen hat die Tory-Chefin wenig Rückhalt in ihrer Partei. Brexit-Hardliner und Anhänger eines „weichen“ Austritts bekriegen sich offen, das letzte Wort könnte das Unterhaus haben.

Zum anderen hat sie die Geschlossenheit der EU unterschätzt. Kein Land will es UK nachmachen und aus dem Club austreten – und niemand schert aus dem Mandat für die Brexit-Verhandlungen aus.

Es steht 27 gegen eins – das ist selbst für ein großes Land wie UK ein Problem. London musste sich die Bedingungen von Brüssel diktieren lassen – und die sind so hart, dass der Brexit gewiß kein Modell wird.

Der Binnenmarkt bringt nicht viel

Das bedeutet nicht, dass Großbritannien nun bald untergeht und zu „little England“ schrumpft, wie Kritiker prophezeien. Bisher haben sich die düsteren Absturz-Szenarien jedenfalls nicht bewahrheitet.

Wenn sich beide Seiten auf eine vernünftige Übergangs-Phase (etwa bis Ende 2020) einigen, dürfte das Land wirtschaftlich einigermaßen unbeschadet aus dem Brexit-Abenteuer herauskommen.

Die Mitgliedschaft im Binnenmarkt bringt ohnehin nicht so viel, wie oft behauptet wird. UK hat der Binnenmarkt gerade mal ein zusätzliches Pro-Kopf-Wachstum 1 % des BIP gebracht – in 25 Jahren!

Weder Vorbilder noch Partner

Das eigentliche Problem liegt woanders – in der Politik. Der Brexit führt Großbritannien ins Niemandsland, er ist eine „Road to nowhere“. Denn es zeichnen sich weder Vorbilder noch Partner ab.

Norwegen, die Schweiz oder Kanada sind kaum als Muster für die Zukunft des Landes geeignet, auch wenn sie jetzt als mögliche Vorbilder für die zweite Verhandlungsphase genannt werden.

Und die USA fallen als Partner weitgehend aus. May hat die Unberechenbarkeit von US-Präsident Trump unterschätzt – selbst die Briten können ihn nicht ausstehen.

Kein Schulterschluss mit Trump

Okay, nun haben die beiden mal wieder telefoniert, auch der Brexit war ein Thema. Trump und May wollen nach dem EU-Austritt schnell ein Freihandelsabkommen schließen, meldet BBC.

Doch in wichtigen außenpolitischen Fragen, etwa zum Status von Jerusalem, liegen sie über Kreuz. Die „gute“ alte Zeit, in der Blair und Bush jr. gemeinsam durchs Feuer gingen, ist vorbei.

Die amerikanische Weltordnung liegt in Scherben, und UK wird bald ziemlich allein da draußen stehen. Ob sich London nach Osten wenden wird, nach Indien und China? Wait and see…

Siehe auch „Austritt ist auch keine Lösung (mehr)“