Brexit-Angst und Corona-Panik – ein giftiger Cocktail
Die EU-Kommission hat die Corona-bedingten pauschalen Reiseverbote nach Großbritannien kritisiert. Doch gleichzeitig schürt Brüssel die Angst vor einem harten Brexit. Das verheißt nichts Gutes.
Es sah aus wie eine Strafaktion, was sich in den letzten Tagen an den Grenzen zwischen Großbritannien und der EU abgespielt hat. Flug-, Bahn- und Fährverbindungen waren unterbrochen, hunderte von Lastwagen standen im Dauerstau und kamen nicht weiter. An deutschen Flughäfen gab es sogar eine Art „Triage“: Britische Passagiere wurden ausgesondert und mußten sich speziellen Tests unterziehen.
Offiziell ging es bei alldem um den Schutz vor einer neuartigen, womöglich gefährlichen Variante des Coronavirus.
Doch unterschwellig war die kontinentale Inselsperre mit einer politischen Botschaft verbunden: So wird es Euch ergehen, wenn Premier Boris Johnson nicht bald in ein Handelsabkommen einwilligt, schienen die Europäer zu sagen.
Hütet Euch vor einem „No Deal“, beware of Brexit!
Doch nun soll alles nicht so gemeint gewesen sein. Die EU-Kommission hat sich sogar von den eilig verhängten Grenzschließungen distanziert.
Ein „Blanko-Reisebann“ sei keine angemessene Antwort auf die neue Gefahr, erklärte Justizkommissar Didier Reynders. Briten und Kontinentaleuropäer dürften nicht pauschal davon abgehalten werden, zu Weihnachten nach Hause zu reisen.
Zuvor hatten sich die 27 EU-Staaten nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Die Niederlande waren vorgeprescht, und dem deutschen EU-Vorsitz ist es danach nicht gelungen, alle Mitglieder auf eine Linie zu bringen.
Das Hin und Her verheisst nichts Gutes für die nächsten Tage und Wochen – weder für die Briten, noch für die EU-Bürger und ihren Schutz vor der neuen Virus-Variante.
Die Briten müssen nun fürchten, dass es auch ohne einen harten Brexit jederzeit zu Reisesperren und Versorgungsengpässen kommen könnte. Denn längst nicht alle halten sich an die Empfehlung aus Brüssel.
Und die EU-Bürger? Sie müssen erkennen, dass es mit der versprochenen gemeinsamen Corona-Politik nicht weit her ist. Es braucht nur eine angeblich gefährliche COVID-Variante – und schon ist das Chaos perfekt.
Neun Monate nach Beginn der Pandemie macht immer noch jeder, was er will. Weder die Kommission in Brüssel noch der Ratsvorsitz in Berlin haben daran etwas geändert.
Die deutsche „Corona-Präsidentschaft“ endet im Chaos, Besserung ist nicht in Sicht. Denn wir haben es hier mit einem giftigen Cocktail zu tun…
Siehe auch “Coronakrise: EUropa schottet sich wieder ab”
P.S. Nun hat Frankreich die Fährverbindungen zu UK wieder aufgenommen, doch Dänemark hält am Flugverbot fest. Das zeigt, dass sich Brüssel (immer noch) nicht durchsetzen kann…
European
23. Dezember 2020 @ 19:21
Mitte November sind wir aus Dänemark nach UK zurückgekehrt. Ohne den schriftlichen Nachweis unseres Settled-Status hätte man uns gar nicht erst hier reingelassen. Vorsorglich hatten wir am Tag der Ausreise einen Test in Dänemark machen lassen und konnten sogar eine schriftliche Bestätigung eines dänischen Arztes vorlegen, die belegte, dass wir Covid-frei sind.
Wir mussten trotzdem für 2 Wochen in Quarantäne.
Von daher läuft das in Frankreich noch großzügig ab. Würden sie so reagieren wie die Briten, dürften die Trucker noch für 2 Wochen in self-isolation gehen.
All diese Lügen der Brexiters fallen dem Land jetzt auf die Füße und treffen, wie so oft, die Falschen. Derweil steigen die Zustimmungsraten für Indyref2.
Man darf gespannt sein.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie gesund.
Ihren neuen Artikel auf Makroskop habe ich übrigens sehr gern gelesen. Auf den Punkt getroffen! 🙂
ebo
23. Dezember 2020 @ 22:23
Vielen Dank, ich wünsche auch eine frohes – und vor allem gesundes – Fest!