Nun droht der Doppel-Schock
Früher hatten wir die “Poly-Krise”. So nannte Kommissionschef Juncker die Lage, die nach Euro-, Flüchtlings- und Führungskrise in Brüssel entstanden war. All das ist noch nicht vorbei – doch nun droht auch noch ein Doppel-Schock.
Gemeint ist die gleichzeitige Eskalation im Schuldenstreit um Italien und im Handelsstreit mit den USA. In Italien ist kein Land in Sicht, mit den USA scheint keine Verständigung möglich. Die Zeichen stehen auf Sturm.
Seine Sorgen seien “nicht entkräftet”, sagte Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) am Mittwoch nach letzten, fast schon verzweifelten Verhandlungen mit US-Handelsminister Ross in Paris.
Die Entscheidung über Zölle auf Stahl und Aluminium aus Europa liege nun in den Händen von US-Präsident Trump, so Altmaier. Trump könnte sie schon am Donnerstag verkünden – die EU muss jeden Tweet fürchten.
Dabei wären Strafzölle auf Stahl und Aluminium an sich nicht weiter schlimm. Die Handelsmacht EU könnte das locker wegstecken, auch die europäischen Gegenmaßnahmen sind nur symbolische Nadelstiche.
Doch Trump lässt nicht locker und weitet die Kampfzone gezielt aus – auf Autos made in Germany, Flüssiggas aus den USA, die Nord Stream Pipeline etc. pp. Er attackiert Europas Wirtschaft da, wo es am meisten weh tut.
Dasselbe erleben wir an den (angelsächsisch dominierten) Finanzmärkten. Sie spekulieren gezielt gegen Italien, Griechenland und andere Südländer – und könnten so eine neue Episode der ungelösten Eurokrise auslösen.
Die große Frage ist nun, ob die EU beides gleichzeitig meistern kann: Einen Handelskrieg mit den USA und neue Turbulenzen in der Eurozone. Ich würde nicht darauf wetten…
WATCHLIST:
- Stürzt Rajoy? Das spanische Parlament beginnt am Donnerstag eine zweitägige Debatte über den von den Sozialisten eingebrachten Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Rajoy. Eine Entscheidung wird am Freitag erwartet. Es geht um diverse Korruptionsaffären in Rajoys Partei – doch CDU/CSU und die konservative EVP stehen in Treue fest!
WAS FEHLT:
- Distanz zur Ukraine. Nach Bundespräsident Steinmeier reist nun auch noch Außenminister Maas nach Kiew. Dort läuft gerade eine Propaganda-Offensive gegen Russland – der ukrainische Geheimdienst inszenierte sogar einen Mord an einem russischen Dissidenten. Der Coup erinnert an den Fall Skripal in Großbritannien – und Deutschland wieder mittendrin…
- Verständnis für Italien. Nach dem Dampfplauderer Oettinger hat nun auch CSU-Finanzexperte Ferber seine gesammelten Weisheiten über Italien zum Ausdruck gebracht – die Troika müsse nach Rom einmarschieren und so weiter. Das Ganze lief dann auch noch im ZDF – wie schön, dass die Öffentlich-Rechtlichen alle Vorurteile auf beiden Seiten der Alpen bedienen…
„Dann müsste die Troika in Rom einmarschieren und das Finanzministerium übernehmen. Aber Italiens Schulden würden Europas Grenzen sprengen.“ CSU-Europaabgeordneter @MarkusFerber über die Gefahr der Italien-Krise. @heutejournal pic.twitter.com/HHLrq79o89
— Stefan Leifert (@StefanLeifert) May 30, 2018
Helga Karim
4. Juni 2018 @ 14:12
Ihnen kann man alles erzählen, was in Ihr neoliberales, NATO-höriges Weltbild paßt. Aber Vorsicht, das Imperium wankt und auch Europa muß sich umorientieren, Richtung Osten. Die westlichen Institutionen konnten auch nach 4 Jahren Untersuchung nicht beweisen, daß Russland oder die sogenannten Separatisten schuld am Abschuß von MH17 sind. Das ist fast schon eine Bestätigung für die Schuld der Ukraine unter der Putschregierung, die auch sonst nichts unversucht läßt, den Westen in einen Krieg mit Russland zu ziehen oder zumindest Geld für “Verteidigung” er erhalten, das wiederum in dunklen Kanälen versickert.
Otto Holl
31. Mai 2018 @ 15:25
Darf’s ein bisschen mehr Polemik sein ? Sie Marsmaennchen, Sie…
Oudejans
31. Mai 2018 @ 14:59
Der Ferber scheint solche Denkweise, lächelnd onkelig vorgetragen, ganz unverfänglich zu finden.
Peter Nemschak
31. Mai 2018 @ 12:16
@Otto Holl Haben Sie den Abschuss eines Passagierflugzeugs über der Ukraine bereits vergessen, und die repressiven Maßnahmen gegen die russische Opposition. Sie leben offenbar am Mond. Kommen sie zur Erde zurück.
hyperlokal
31. Mai 2018 @ 08:09
Ich hätte einen Vorschlag, wie wir Trump echt weh tun können.
Wir kaufen Rüstungsgüter in Russland ein: Raketenabwehr, Transportflugzeuge, Jagdflieger. So wie Erdogan das jetzt macht. Das Zeugs aus Russland ist durchaus leistungsfähig. Und wahrscheinlich preiswerter. Außerdem nützlich für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur ohne die USA.
Damit könnte man den Trump zum Toben und hoffentlich wieder zur Vernunft bringen.
Peter Nemschak
31. Mai 2018 @ 09:25
Um im Ernstfall autark zu sein, müssen Rüstungsgüter innerhalb der EU entwickelt und erzeugt werden. Die USA kann ihr Handelsdefizit zwischen ihren Handelspartnern hin und herschieben. Kleiner wird es solange nicht, als die USA eine expansive Finanzpolitik betreiben. Längerfristig wird die Politik der Verzerrung der Außenhandelsströme durch die USA zu steigenden Dollarzinsen führen und den USA schaden. Die Welt muss sich damit abfinden, dass China als Großmacht nicht mehr von der Weltbühne zu verdrängen ist. Trump glaubt immer noch, Präsident der USA im Jahre 1945 zu sein, als die USA unangefochten die stärkste Macht der Welt waren. Damit ist es vorbei.
Otto Holl
31. Mai 2018 @ 11:38
Sehr geehrter Herr Nemschak !
Oft genug kann ich Ihnen zustimmen. Dass Sie aber von einem “verbrecherischen Regime Russland” reden, finde ich unfassbar. Die verbrecherische Kriegspropaganda des Westens zeitigt auch bei halbwegs intelligenten Menschen, Wirkung. Bedauerlich.
Peter Nemschak
31. Mai 2018 @ 06:56
Der amerikanische Protektionismus ist nicht neu. Er kommt immer wieder in Wellen daher. Neu ist die mediale Präsentation auf Grund des Verhaltens von Trump. Sich dem verbrecherischen Regime Russlands an die Brust zu werfen, kann nicht die Lösung sein. Im schlimmsten Fall wird Italien die Eurozone verlassen. Die italienischen Bürger werden für ihre Fehlentscheidung leiden müssen. Wenn das Wahlrecht keine Folgen im positiven wie negativen Sinn (Haftung !) hat, ist es wertlos.