Warum Oettinger & Co. falsch liegen

Die Finanzmärkte werden Italien schon Tacheles lehren – oder zumindest die Wähler zum Umdenken bewegen: Darauf laufen die Äußerungen von EU-Kommissar Oettinger, MEP Ferber und anderen deutschen Politikern hinaus.

Nach einem Aufschrei in Italien und einer Welle der Distanzierungen scheint sich die Stimmung in Brüssel nun aber wieder zu drehen. Oettinger habe im Grunde doch recht, er habe es nur falsch gesagt (oder sei der falsche Überbringer).

Dahinter steht ein bestimmtes, neoliberales Politikverständnis. Es geht um die “marktkonforme Demokratie”, die schon Kanzlerin Merkel in der Eurokrise empfohlen hat. Die Wähler sollen sich so verhalten, dass es die Märkte nicht stört.

Und wenn “die Märkte” Alarm schlagen, sollen die Wähler einfach ‘mal umdenken und keine “linken oder rechten Populisten” mehr wählen, so Oettinger. Danach wird – so die Annahme – alles wieder gut.

Doch Oettinger & Co. unterliegen mehreren Denkfehlern. Zum einen neigen die Märkte zum “irrationalen Überschwang”. Sie können die ganze Welt in den Abgrund reißen, siehe die Finanzkrise 2008ff. Oder den Euro, siehe Eurokrise 2010ff.

Zum anderen sind Staaten und Märkte schon heute aufs engste verknüpft. Der Kölner Soziologe W. Streeck hat dies in seinen Theorien über den Schuldenstaat gezeigt. Genau diese Verknüpfung ist jedoch ein Problem für Italien.

Denn ein Großteil der Staatsanleihen wird von den Italienern und ihren Banken selbst gehalten. Sie können und wollen nicht nachvollziehen, dass ausländische Anleger – eine Minderheit – über deren Wert (und ihr Schicksal) entscheiden.

Das kann auch die EU nicht wollen. Im Gegenteil: Sie muss alles tun, um Wetten gegen Italien einen Riegel vorzuschieben – und diese nicht noch anheizen. Denn Italien ist too big too fail – bei einer Marktpanik kann Brüssel das Land nicht retten.

Und was tun gegen das Politikversagen in Italien? Ganz einfach: die “politische Kommission” muss endlich Politik machen! Sie muss sich der politischen Debatte mit den “Populisten” stellen und glaubwürdige Alternativen anbieten.

Hier liegt das eigentliche Versagen von Oettinger & Co. Wie zuvor schon in Großbritannien weichen sie dem politischen Wettstreit aus – und setzen auf “rationale” Märkte, die die Bürger schon zur Vernunft bringen werden.

Der Ausgang in UK ist bekannt…