Nichts dazugelernt
Das TV-Duell zur Bundestagswahl brachte wenig Neues zu Europa. Kanzlerin Merkel legte sich ebenso wenig fest wie Herausforderer Steinbrück. Allerdings übte sich Merkel mal wieder in Griechen-Bashing – offenbar hat sie seit Beginn der Eurokrise nichts dazugelernt.
Noch vor einem Jahr wäre es DAS Thema des Abends gewesen. Doch am Sonntag entlockte die Eurokrise den beiden Kandidaten nur ein paar pflichtschuldige Bemerkungen.
Steinbrück warf Merkel vor, den Krisenländern eine “tödliche Dosis” ihrer Spar”therapie” zu verabreichen. Kurz merkte er sogar an, dass auch die Diagnose falsch sei (im Kern haben wir eine Banken-, keine Staatsschuldenkrise).
Doch was er anders machen würde, verriet der SPD-Mann nicht. Eurobonds? Bankenunion? Ein Marschallplan für Südeuropa? Gar ein neuer EU-Konvent mit demokratischer Wahl? Alles kein Thema.
Noch weniger kam von der Kanzlerin. Sie lobte sich selbst für die angeblichen Sparerfolge – und die SPD dafür, dass sie ihre “alternativlose” Politik in der Eurokrise mitgetragen hat.
Doch zum nächsten Griechenland-Paket blieb sie ebenso vage wie zu allen anderen heißen Euro-Themen. Nur das Thema Wettbewerbsfähigkeit scheint ihr weiter am Herzen zu liegen.
Außerdem schlug Merkel mal wieder auf Ex-Kanzler Schröder und seine Genossen ein, weil sie Griechenland in den Euro geholt und den Stabilitätspakt aufgeweicht hätten.
Das zeigt, dass die CDU-Frau nichts dazugelernt hat. Der Verstoß gegen den Stabipakt war absolut nötig und richtig; denn nur so konnte Schröder verhindern, dass Deutschland – damals noch der “kranke Mann Europas” – noch tiefer sinkt.
Den Doppelschlag Agenda 2010 UND Austerität hätte nämlich nicht mal die größte Volkswirtschaft Europas verkraftet. Dass er fatal sein kann, sehen wir jeden Tag in Griechenland und Portugal.
Nichts dazugelernt hat Merkel offenbar auch in der Frage, wie man die Währungsunion verteidigt. Mit ihrer Bemerkung, Griechenland hätte nie aufgenommen werden dürfen, weckte sie neue Zweifel am Bestand der Union.
Liebäugelt sie vielleicht doch noch mit einem Rausschmiss – wie vor einem Jahr? Will sie Griechenland zur Sonderzone machen, wie Zypern? Zweifelt sie an ihrer eigenen Strategie?
Merkel hat mit diesem Auftritt den Grundstein für neue Irritationen und Turbulenzen in der Währungsunion gelegt. Dabei wäre es ihre Aufgabe gewesen, den Wählern (und der Eurozone) eine klare, sichere Perspektive zu geben…
Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage sowie die Beiträge “Die Unberechenbare” und “Steinbrücks Europa”.
ralf sippel
9. September 2013 @ 09:46
Das Problem bei unseren gleichgeschalteten Medien ist, es wird kaum noch eine Aussage hinterfragt. Dieser log natürlich ausgenommen. Schröder und Eichel haben nur noch den Griechenlandbeitritt abgenickt. Reingeholt haben Kohl und Waigel. Herrn Waigel ist zugute zu halten, dass er während der Beitrittsgespräche / -verhandlungen jedoch meiner Erinnerung immer ein Kritiker des Beitritts war. Wer bzgl. Kohl und Girechenland es nicht glaubt, der kann ja mal über Suchmaschinen sämtliche Europareden von Kohl vor Eintritt Griechenlands nachlesen.
Günther
3. September 2013 @ 10:06
Von Europa mal abgesehen, hat mir Peer Steinbrück eigentlich sehr gut gefallen. Er hatte eindeutig die besseren Antworten parat. Obwohl ich Angela Merkel trotzdem noch vorne sehe. Sie hat schon recht, wenn Sie sagt, dass es mit ihr als Kanzlerin eher nach vorne ging. Wenn ich jetzt wählen müsste, würde ich Merkel wählen. Kein Kanzler war perfekt, denn aus scheiße kann man keine Schokolade machen. Aber zumindest hat sie mal was bewegt. Auch wenn immer alles schlecht geredet wird. Merkel engagiert sich in Europa wie kein anderer Kanzler vor ihr. Das muss man schon so deutlich sagen.
Johannes
2. September 2013 @ 17:28
“… mal wieder auf Ex-Kanzler Schröder und seine Genossen ein, weil sie Griechenland in den Euro geholt und den Stabilitätspakt aufgeweicht hätten… Der Verstoß gegen den Stabipakt war absolut nötig und richtig; denn nur so konnte Schröder verhindern, dass Deutschland – damals noch der “kranke Mann Europas” – noch tiefer sinkt.” Mir fehlen bei solchen Sätzen die Worte, Europa wird untergehen, wenn alle in Brüssel so denken (und dann ist es auch besser wenn Europa untergeht bei der Willkür)
ebo
2. September 2013 @ 18:04
Bekanntlich war es Schröder, der die Eurokrise ausgelöst hat, nicht wahr, Johannes? – Nein, es waren Merkels Parteifreunde in Athen, und die Sozialisten haben den Schulden-Schwindel aufgedeckt!
David Z.
2. September 2013 @ 14:57
“Doch was er anders machen würde, verriet der SPD-Mann nicht. Eurobonds? Bankenunion? Ein Marschallplan für Südeuropa? Gar ein neuer EU-Konvent mit demokratischer Wahl? Alles kein Thema.”
Nach meiner Erinnerung hat Steinbrück erwähnt, dass wir in einer Haftungsunion sind und auch einen Marschall-Plan für die Länder des “Südens” angesprochen!