Neues vom Wirtschaftskrieg (210): “Die EU riskiert einen Handelskrieg”
Die G-7 wollen den Verkauf russischer “Blut-Diamanten” erschweren. In der Schweiz liegen insgesamt 7,4 Milliarden Franken an Reserven und Vermögenswerten der russischen Zentralbank. Und mit ihrem 11. Sanktionspaket bricht die EU ein Tabu und “riskiert einen Handelskrieg.”
- Die EU bricht ein Tabu und riskiert einen Handelskrieg: Das gab es in der Geschichte der EU noch nie: Die Kommission will Unternehmen außerhalb Europas bestrafen. Es geht um eine Reihe von Ländern, die Russlands Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Bei der Türkei und China sind die sogenannten Sekundärsanktionen besonders heikel. (Die Welt, Paywall) – Gemeint ist der Vorschlag für ein neues Instrument zum Kampf gegen Sanktionsumgehungen. Laut Kommissionschefin von der Leyen soll dieses Instrument als “letztes Mittel” und nur nach einer sehr sorgfältigen Risikoanalyse und nach Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Dennoch hat die “Welt” Recht – das ist ein gefährlicher Tabubruch! Wir haben darauf übrigens schon mehrfach hingeiwesen. z.B. hier
- In der Schweiz liegen insgesamt 7,4 Milliarden Franken (knapp 7,6 Milliarden Euro) an Reserven und Vermögenswerten der russischen Zentralbank. Das berichtete das Wirtschaftsministerium am Mittwoch in Bern. Die Erhebung erfolgte nach dem Beschluss im März, wie in der EU eine Meldepflicht für diese Gelder einzurichten. Jegliche Transaktionen im Zusammenhang mit der Verwaltung dieser Reserven und Vermögenswerte sind seit dem 25. März 2022 verboten. Abgesehen davon hat die Schweiz auch Vermögenswerte im Umfang von 7,5 Milliarden Franken eingefroren. Sie gehören Menschen, Unternehmen oder Organisationen, die wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine unter Sanktionen stehen. (dpa) Bisher gibt es jedoch keine Pläne, das russische Vermögen zu beschlagnahmen oder anderweitig zu verwerten. Entsprechende Überlegungen aus der EU werden nur “eng verfolgt”
- Die G-7 wollen den Verkauf russischer “Blut-Diamanten erschweren. The new ‘blood diamonds’: the elaborate plan to halt Russia’s trade. This month, officials from the world’s seven largest advanced economies, a group known as the G7, are expected to vow to work towards measures on the sale of Russian diamonds in their nations, in a bid to squeeze Moscow’s access to finance, and — they hope — impede the Kremlin’s ability to wage war on Ukraine. Russia’s rough diamond exports were worth $4bn in 2021, trade statistics show. That’s only a fraction of Russia’s crude oil exports, but every available revenue source is important to Moscow’s treasury as it bankrolls President Vladimir Putin’s invasion. Russia this year tapped Alrosa, the world’s largest diamond mining company by volume and two-thirds owned by state bodies, for a windfall tax of Rbs19bn ($244mn), forcing it to halt dividend payments. (Financial Times)
Mehr zum Wirtschaftskrieg hier
Hekla
12. Mai 2023 @ 19:08
Das 11. Sanktionspaket handelt nicht mal mehr zum Schein von Russland – ich erinnere mich nämlich so, dass die Sanktionen ursprünglich mit der Begründung eingeführt worden sind, Russland zur Beendigung des Krieges zu zwingen. Der Bevölkerung wurden sie jedenfalls als eine Maßnahme verkauft, die den Krieg verkürzen, sogar beenden würde. Und jetzt? Haben die Sanktionen den Frieden herbeigeführt? Wird Russlands Wirtschaft in den nächsten Wochen zusammenklappen, weil unbenutzte Pipelines oder Firmen in Drittländern sanktioniert werden?
Um Russland geht es hier längst nicht mehr. Seit vdL’s Besuch war ja abzusehen, aber jetzt zeigt es sich in aller Deutlichkeit: die EU hat sich selbst zum blossen ausführenden Organ einer Wirtschaftspolitik degradiert, die das komplette Abtrennen und Isolieren der europäischen Wirtschaft vom – ich nenne es mal: östlichen Wirtschaftsbereich zum Ziel hat. Die größten Verlierer dieser Wirtschaftspolitik sind auch bisher schon Europa und die EU. Jetzt werden aber scheinbar Nägel mit Köpfen gemacht und eine ehemals prosperierende Wirtschaftsgemeinschaft steuert sich sehenden Auges und mit voller Absicht in die Selbstvernichtung.
Unbegreiflich, weshalb über 400 Millionen Menschen offenbar keine Probleme darin sehen, dass man ihren (meistens erarbeiteten) Wohlstand vernichtet und die Zukunft ihrer Kinder als wirtschaftliche Leibeigene der USA auf Jahrzehnte festlegt.
european
12. Mai 2023 @ 12:55
Aktuelle Umfrage unter 845 deutschen Familienunternehmen. Sehr lesenswerter Artikel.
https://www.junge-unternehmer.eu/presse-news/pressemitteilungen/detail/article/toxic-umfrage-von-die-jungen-unternehmer-und-die-familienunternehmer-jeder-zweite-unternehmer-wuerde-betrieb-heute-anderswo-aufbauen.html
„96 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass die Deindustrialisierung in Deutschland begonnen hat – fast die Hälfte sieht die Deindustrialisierung bereits in vollem Gange. Der nachfolgenden Generation wird es deutlich schwerer fallen, die Unternehmenstätigkeit fortzuführen, geben 94 Prozent der Unternehmer an.
• 22 Prozent der befragten Unternehmer denken mindestens einmal pro Woche daran, ihr bestehendes Unternehmen zu verkaufen, 47 Prozent immerhin ein bis zweimal im Jahr.
• Über die Hälfte der Befragten (56 Prozent) würde ein Unternehmen künftig in einem anderen Land als Deutschland aufbauen.“
Es soll hinterher keiner sagen, die Alarmglocken haetten nicht geklingelt.
european
11. Mai 2023 @ 19:58
Russland liest höchstinteressiert mit und macht sich seine eigenen Gedanken, einschließlich Risikobewertungen. Geht ja alles online 😉
https://www.russia-briefing.com/news/new-anti-russian-sanctions-us-uk-and-russian-risk-analysis.html/
“The adopted sanctions do not have the desired effect. China and India have increased imports from Russia to record levels, and Turkey is also showing rapid growth. The volume of Russian oil supplies to India exceeded the combined imports from Saudi Arabia and Iraq. India is already one of the key suppliers of diesel to Europe (which it receives by processing Russian oil). It is possible that India will soon overtake Saudi Arabia itself in the supply of petroleum products to Europe,” Guliyev noted.”
Es ist unfassbar, wie weit sie gehen, weiter Menschenleben opfern anstatt endlich Friedensverhandlungen anzustreben.
KK
11. Mai 2023 @ 13:18
„Laut Kommissionschefin von der Leyen soll dieses Instrument als „letztes Mittel“ und nur nach einer sehr sorgfältigen Risikoanalyse und nach Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten eingesetzt werden.“
Dabei geht EUCO-Präsidentin vdL das Völkerrecht mal wieder völlig am Sitzfleisch vorbei: Sanktionen jedweder Art kann nur die UN legitimieren, nicht die EU und auch nicht die NAhTOd!