Macron und Scholz kommen von der Leyen zuvor

Der Besuch von Präsident Macron und Kanzler Scholz in Kiew ist geschickt terminiert: Damit kommen die beiden mächtigsten EU-Politiker der deutschen Kommissionspräsidentin von der Leyen zuvor. Im Streit um den EU-Beitritt der Ukraine könnte das entscheidend sein.

Von der Leyen will am Freitag ihre Empfehlung bekanntgeben. Es gibt kaum Zweifel, dass sie den EU-Kandidatenstatus für die Ukraine will, wenn auch mit ein paar Bedingungen – etwa verstärkter Kampf gegen die grassierende Korruption.

Damit kommt die CDU-Politikerin der Ukraine weit entgegen. Präsident Selenskyj trommelt seit Tagen für den EU-Beitritt. Er versteigt sich sogar zu der Behauptung, ohne die Ukraine sei die EU zum Scheitern verurteilt (dabei ist es genau umgekehrt).

Doch nun gibt es eine neue Option. Macron hat ein sog. “Non-Paper” im Gepäck, in dem er die Gründung einer neuartigen „Europäischen Politischen Gemeinschaft“ („Communauté Politique Européenne“, CPE) vorschlägt.

Die CPE soll noch in diesem Jahr gegründet werden und allen Länder offen stehen, die „gemeinsam zur Sicherheit, zur Stabilität und zum Wohlstand unseres Kontinents“ Beitrag wollen. Mitmachen könnten auch Länder, die die EU verlassen haben – gemeint ist offenbar Großbritannien.

Macrons Ziel ist es, das “Entweder-Oder” beim EU-Beitritt zu vermeiden und eine realistischere Alternative anzubieten. Für ein Land im Krieg wie die Ukraine bringe der Kandidatenstatus keinen greifbaren Vorteil, meint er – die CPE aber schon.

Unklar ist, ob Scholz den Vorschlag aus Paris mitträgt. Doch auch aus seiner Sicht hat er einen Vorteil: Die Debatte wird nun nicht mehr nur von der EU-Kommission beherrscht. Macron und Scholz sind von der Leyen zuvorgekommen.

Dabei hatte die machtbewußte EU-Chefin wohl gedacht, den Kurs im Alleingang zu bestimmen. Sie ist sogar extra zum zweiten Mal nach Kiew gereist, am vergangenen Wochenende. Doch nun wird sie ausgebremst.

Manchmal ist die Politik auch ein Wettrennen…

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