Macron-Bashing ist schwer en vogue

So kann’s gehen: Nur drei Jahre nach seinem gefeierten Start als Reformer wird Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nun für alle Übel dieser EU verantwortlich gemacht. Neuerdings sogar im Rat.

Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel hat sich Macron – wie angekündigt – dem Start von Beitrittsverhandlungen für Albanien und Nord-Mazedonien widersetzt.

Das trägt ihm nun Verwünschungen aller Art ein. Der italienische Ministerpräsident Conte – ein Fürsprecher und Alliierter Albaniens – sprach von einem „historischen Fehler“. 

Dieselben Worte benutzte Noch-Kommissionschef Juncker. Ratspräsident Tusk war so aufgebracht, dass er sogar das Vetorecht infrage stellte, das die EU-Staaten in der Erweiterung haben.

Vielleicht sollten sich die Herrschaften mal an die „Erfolge“ der letzten Beitritte erinnern. Rumänien, Bulgarien, Kroatien – alle drei haben sich als Problemfälle erwiesen und die EU geschwächt.

Doch das interessiert wohl nicht. Es geht um eine Generalabrechnung mit einem, der das „Business as usual“ infrage stellt und die EU neu aufstellen will, bevor sie neue Mitglieder aufnimmt.

Plötzlich kommt alles wieder hoch: Macrons Blockade der Spitzenkandidaten, seine Inthronisierung von Frau von der Leyen, seine wütende Reaktion auf das Scheitern von Madame Goulard im EU-Parlament.

Selbstherrlich und anmaßend sei er, heißt es nun selbst bei den Chefs und ihren sonst so zugeknöpften Diplomaten. Nur Kanzlerin Merkel verlor kein böses Wort über ihren französischen Freund.

Sie hat Macrons Reformen zwar immer wieder blockiert, gern auch mit einem (von niemandem skandalisierten) deutschen Veto – und ist damit für die aktuelle EU-Krise mit verantwortlich.

Doch nun sieht es fast so aus, als wäre sie die letzte, die sich dem grassierenden Macron-Bashing verweigert…

Siehe auch „Macron, der Zerstörer?“ und „Macron gegen Leyen – Die nächste Führungskrise