LuxLeaks bleiben ohne Folgen
Der LuxLeaks-Ausschuss hat seine Arbeit beendet – und kein greifbares Ergebnis erzielt. Das war (leider) zu erwarten. Nicht zu erwarten war, dass man gleichzeitig die Whistleblower verurteilt.
Kommissionschef Juncker geht unbeschadet aus der zweijährigen Untersuchung hervor, die von seinem Freund und Partner M. Schulz vorab zu einem Sonder- (nicht: Untersuchungs-)Ausschuss herabgestuft worden war.
Gleichzeitig werden den Whistleblowern, die den Skandal ans Licht brachten, saftige Strafen aufgebrummt. Das kommentiert F. De Masi, Finanzexperte der Linken, so:
Die Mehrheitsfraktionen haben leider eine wahrhaftige Aufklärung der Widersprüche des EU-Kommissionspräsidenten Juncker in der Affäre um den Krecké-Bericht torpediert. Eine Vorladung des ehemaligen Luxemburger Wirtschaftsministers wurde abgelehnt und Journalisten nur hinter verschlossenen Türen gehört. Dem Ausschuss wurden auch bis zum Abschluss des Mandats Dokumente nur unvollständig übermittelt. Ich klage daher weiterhin beim Gericht der Europäischen Union auf die Veröffentlichung der schmutzigen Wäsche. Ich bleibe dabei: Juncker ist als EU Kommissionspräsident weiterhin untragbar, ebenso wie Dijsselbloem als Chef der Eurogruppe.
Das sehen viele Menschen so. Doch über LuxLeaks soll, ja darf Juncker nicht stolpern, bei Steuerflucht und -optimierung geht es um allzu mächtige wirtschaftliche Interessen, auch in Deutschland.
Wenn überhaupt, dann wird Juncker für den Brexit geopfert. Aber das ist eine andere Geschichte...
Andres Müller
8. Juli 2016 @ 23:15
Ja, und es wird auch immer unerträglicher auch mit den alten EU -Kommissionspräsidenten.
Eben habe ich folgendes vernommen 🙁
“Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat sich die Dienste des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso gesichert.”
http://classic.cash.ch/news/front/exeukommissionspraesident_barroso_heuert_bei_goldman_an-3470085-449
Es ist einfach unglaublich …
Ein intimer Kenner der EU in diesem Bereich arbeitet in Zukunft für Goldman Sachs, das muss man sich mal vorstellen was das für die Europäer bedeutet, vor allem dann wenn wieder eine Abstimmung über einen EU-Austritt losgetreten sollte – Barroso wird vielleicht zu einem jener schwarzen Schwäne werden, über welchen die Zerschlagung des Euro und vielleicht der gesamten EU losgetreten werden könnte.
Miller Alex
7. Juli 2016 @ 17:36
Unsere Öffentlichkeit, Presse und Medien tragen meiner Meinung nach aber auch eine gehörige Mitschuld daran, dass aus Affairen wie LuxLeaks nicht die nötigen Konsequenzen gezogen werden müssen. Der öffentliche Druck ist einfach viel zu gering. Wo sind den die ganzen investigativen Journalisten? Sehr unverständlich zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung. Da arbeiten deren Journalisten mit an der Aufdeckung von LuxLeaks, bekommen dafür sogar Preise und lassen die Geschichte dann fast auf sich beruhen. Verstehe ich nicht. Ähnlich NDR und WDR, die einen tollen Bericht gesendet (zur späten Stunde natürlich) haben als LuxLeaks bekannt wurde. Aber dann wieder monatelang nichts. Der genannte Sonderausschuss der EU (TAXE und TAXE2) fand in den Medien praktisch nicht statt. Oder der Prozess der LuxLeaks-Informanten. Anfangs berichteten alle. Als es dann aber richtig interessant wurde und einer der Informanten wirklich erschütternde Aussagen über die Zusammenarbeit zwischen PwC und dem Luxemburger Finanzbehörden machte, stand nicht eine Zeile darüber in deutschen Zeitungen. So kann das nichts werden. Der Sonderausschuss, dessen schwaches Ergebnis hier bedauert wird, hätte öffentliche Unterstützung gebraucht und auch verdient. Es geht mutmaßlich um hunderte Milliarden verlorener Steuereinnahmen! Ohne öffentlichen Druck geht es aber leider nicht und die Lobbygruppen werden sich immer wieder durchsetzen und uns der Steuereinnahmen berauben. Monatelang können sich derweil unsere Journalisten auf jeden unwichtigen Pubs während der Griechenland-Krise einschießen. Schade!
Peter Nemschak
7. Juli 2016 @ 20:10
Wenn nichts Ungesetzliches geschehen ist, müssen die EU-Mitglieder sich darauf einigen die Gesetze zu ändern. Steuerpolitik fällt meines Wissens nach wie vor in die Kompetenz der Nationalstaaten. Was soll die Kommission in diesem Zusammenhang konkret tun, außer ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu behaupten, was sie im übrigen, wenn ich mich richtig erinnere, schon getan hat. Ob ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile vorliegen, ist eine Rechtsfrage, die vor den EuGh gehört. Wo steht das Verfahren?
Skyjumper
8. Juli 2016 @ 15:22
Mit diesen Hinweisen haben Sie Recht. Aber eben weil das so ist wäre es durchaus angemessen gewesen wenn die Medien ihrer investigativen Aufgabe besser, bzw. ausdauernder,nachgekommen wären um eben solche Gesetzesänderungen anzumahnen.
Skyjumper
7. Juli 2016 @ 20:34
Dafür gibt es nach meinen Empfinden eine relativ einfache und erschreckende Erklärung: Medien und Politik haben im Laufe der Jahre festgestellt, dass sie alle zusammen viel besser fahren wenn sie sich gegenseitig beweihräuchern und ungeschoren lassen. Die Politik lobt und schützt die Medien. Überschüttet die Branche mit sicheren Einkommen (Rundfunk- u. Fernsehgebühren), lädt sie als Mitglieder zu exklusiven Clubs ein (Atlantikbrücke etc.). Und im Gegenzug veranstalten die Medien glamouröse Feste an denen sie die Politiker teilhaben lassen und ins rechte Bild setzen. Und es gehört eben auch dazu das großzügig über den Gestank der von der Politik ausgeht hinweggesehen wird.
Systemmedien! Und wenn es zwischenzeitlich nicht das Internet als wenigstens teilweises Alternativmedium geben würde, dann würden wir es nicht mal richtig merken können.
S.B.
7. Juli 2016 @ 13:52
Ich hatte mich ja hier vor Kurzem schon einmal dazu geäußert, was vom Rechtsstaat noch übriggeblieben ist: nicht viel. Und es wird immer weniger. Eher leben wir schon in einem Willkürstaat. Es ist das Gleiche, wie mit der Demokratie. Auch die ist bestenfalls noch zum Schein da. Dafür blüht der Wohlfahrtsstaat so richtig auf. Dies allerdings weniger für die Einzahler, als für die Nichteinzahler. Wir leben in einem völlig kaputten System.
Peter Nemschak
7. Juli 2016 @ 12:36
Geht es um Kriminelles oder Politisches? Wenn letzteres der Fall ist, interessieren weniger die Personen als die Frage, wieweit, wenn überhaupt, die Reform der Unternehmensbesteuerung gediehen ist. Sollte das UK die Unternehmenssteuern nach dem BREXIT senken, müssen sich die EU-Mitglieder überlegen, wann sie gleichziehen müssen, um Abwanderungen von Unternehmen in das UK aus steuerlichen Gründen zu verhindern. Entscheidend ist nicht die Höhe der Steuern, sondern die Gleichbehandlung von Klein- und Mittelbetrieben mit Konzernen.