Liberaler “Meltdown”: Macron legt die Demokratie auf Eis

Kurz vor dem Start von Olympia in Paris hat Präsident Macron entschieden: Die Parlamentswahl, die er selbst ausgerufen hat, hatte keine Sieger. Eine neue Regierung soll es vorerst auch nicht geben.

Es ist ein demokratischer Skandal: Macron weigert sich, die Kandidatin der vereinten Linken, die Pariser Beamtin Lucie Castets, zur Premierministerin zu ernennen oder auch nur zu empfangen.

Dabei hat die neue linke “Volksfront” die Parlamentswahl im Juli gewonnen. Sie verfügt zwar nicht über eine absolute Mehrheit. Doch in Demokratien ist es üblich, die stärkste Kraft mit der Regierungsbildung zu beauftragen.

So war es z.B. in der EU, wo die Partei von Kommissionspräsidentin von der Leyen auf weniger als 30 Prozent der Stimmen kam – ähnlich wie jetzt die Linke in Frankreich. Dennoch wurde sie zur Wahlsiegerin erklärt.

Nicht so in der “präsidentiellen Monarchie” Frankreich. Bei der Wahl habe es keine Sieger gegeben, meint Macron. Und wegen Olympia werde er bis Mitte August keine neue Regierung ernennen. Damit legt er die Demokratie auf Eis.

Dabei erfüllt Castets alle Bedingungen für eine “Technokraten-Regierung”, wie sie bei einem parlamentarischen Patt gern einberufen wird: Sie ist Direktorin für Finanzen und Einkauf im Pariser Rathaus und parteipolitisch nicht gebunden.

Die Kandidatin würde gerne loslegen, und zwar sofort: “Ich bin bereit und bitte den Präsidenten, sich verantwortlich zu zeigen und mich zur Premierministerin zu ernennen”, sagte die 37-jährige Finanzexpertin.

Doch ohne Macron geht nichts. Und der würde lieber mit den rechten “Republikanern” regieren – doch die lehnen eine Koalition mit seinen Liberalen ab. Eine Mehrheit der Franzosen lehnt wohl auch Castets ab.

Also geht der “Meltdown” der liberalen Demokratie in Frankreich weiter. Analysten sprechen von einer Krise der Institutionen – wenn sie nicht schnell gelöst wird, drohe eine Regimekrise…