Klatsche für Jamaika – Angst in Katalonien
WATCHLIST EUROPA 16.10.17 – Nach der Landtags-Wahl ist vor Jamaika: In dieser Woche sollen die Sondierungsgespräche in Berlin beginnen. Auch die (angeblich neutrale) EU-Kommission drückt die Daumen.
Zu dumm, dass jetzt aus Niedersachsen ganz andere Signale kommen. Alle drei Jamaika-Parteien haben dort kräftig verloren, die CDU in Hannover führt ihre Verluste auf mangelnden Rückenwind aus Berlin zurück.
Ob diese Klatsche für Jamaika dazu führt, dass die CDU-Basis noch lauter gegen die ewige Kanzlerin grummelt? Und wie wird sich die angeschlagene CDU-Chefin durch den EU-Gipfel am Donnerstag merkeln?
Ein weiteres großes Thema dieser Woche ist die Krise um Katalonien. Die Zentralregierung in Madrid hat zwei Ultimaten gesetzt – eins am Montag, eins pünktlich zum EU-Gipfel am Donnerstag. Kommt nun der große Knall?
Oder bricht einfach nur das bunte Bündnis der Separatisten in Barcelona zusammen? Wir wissen es nicht. Klar ist nur, dass die Freude über das “gewonnene” Referendum in nackte Angst umschlägt.
Auf der Watchlist wäre dann noch der Beschäftigungsausschuss des Europaparlaments, der am Montag einen Kompromiss zur heftig umstrittenen Entsenderichtlinie verabschieden will…
..und ein Treffen der EU-Außenminister, die das Atomabkommen mit Iran verteidigen bzw. retten wollen. Es galt mal als Meisterstück der EU-Diplomatie, mit dem wir uns von den USA emanzipieren wollten.
Last but not least haben wir natürlich auch noch Österreich. Nach dem nur allzu absehbaren Rechtsruck stellt sich die Frage, ob Kurz mit Strache ins Bett steigt – und was eigentlich aus unseren EU-Experten geworden ist.
Nach der Wahl in Frankreich hatten sie frohlockt, die “Populisten” seien auf dem Rückzug. Kommissionschef Juncker verspürte sogar wieder “Rückenwind”. Aus Wien kann er nicht kommen. Aus Berlin auch nicht…
Siehe auch “Die Populisten verlieren – nicht”
Claus
16. Oktober 2017 @ 09:06
„. . . dass die CDU-Basis noch lauter gegen die ewige Kanzlerin grummelt?“
Ohne einen Befreiungsschlag mit Abschied von Merkel und ihrer Politik der machterhaltenden Beliebigkeit und des Kontrollverslustes hin zur Rückbesinnung auf ihr einstmals konservatives Profil wird die CDU (und CSU) weiter an Bedeutung verlieren. „Jamaica“ im Bundestag, sollte es dazu kommen, wird dies beschleunigen.
Die CDU-Basis wird sich entscheiden müssen, ob ihr die Rolle als Schleppenträgerin Merkels weiterhin genügt und sie dem Niedergang der Partei zusehen möchte. Falls nicht, führt an einer programmatischen und personellen Auskehr mit anschließenden Neuwahlen kein Weg vorbei. Letzteres wäre schwierig, da das Portfolio geeigneter Leute extrem dünn ist – Merkel sei Dank.
Peter Nemschak
16. Oktober 2017 @ 13:26
Welches Briefing würden Sie einem Headhunter geben, der einen Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin für Merkel suchen müsste?
Oudejans
17. Oktober 2017 @ 00:03
Das Vorschlagsrecht liegt beim Bundespräsidenten.
Spahn hat seit gestern Oberwasser. Katholischer Westfale und damit möglicherweise sogar für die CSU palatabel.
Peter Nemschak
16. Oktober 2017 @ 07:46
Interessant das Foto, das Macron, May und Merkel, in Eintracht gegen Trump vereint, beim Thema Iranabkommen zeigt. Kein Wunder, dass die Stimmung eindeutig gegen eine Jamaikakoalition ist. Die Menschen wollen keine Abenteuer in Zeiten der Unsicherheit. Die Quadratur des Kreises besteht darin, Sicherheit und Veränderung in einem anzubieten. Nachdem dies unmöglich ist, kommt es für Politiker darauf an, als Projektionsfläche für diesen irrationalen Wunsch angenommen zu werden, zumindest eine Zeit lang. In Österreich dürfte Kurz von der ÖVP dies für den Augenblick geschafft zu haben. Es wäre alles so einfach, wenn nur der Wähler nicht wäre. Kein Wunder, dass der von der schwedischen Reichsbank gestiftete Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften heuer an Thaler, den der homo irrationalis umtreibt, ging.