Der Sonnenkönig beschimpft seine Untertanen
In Deutschland lässt er sich als Visionär und Freund der Literatur feiern. Daheim in Frankreich hingegen muss sich Präsident Macron gegen das Image eines arroganten Sarkozy-Wiedergängers verteidigen. Difficile!
„Réussissez, bordel“, überschriebt „Libération“ eine Titelgeschichte über Macrons ersten großen TV-Auftritt nach seiner Wahl. Der Rechtsliberale wollte sein Image zurechtrücken, doch so wird das wohl nichts.
„Habt endlich Erfolg, Ihr Loser“, ließe sich der Titel wohl am treffendsten übersetzen. Denn Macron zieht gern über „Faulenzer“ und „Nichtsnutze“ her. Sie sollten sich mal zusammenreißen, so sein Credo.
Das würden die so nett angesprochenen Franzosen gewiß gern tun – wenn Macron ihnen dabei hülfe. Stattdessen streicht er Sozialbudgets zusammen, um das Geld über Steuersenkungen an die Reichen umzuverteilen.
Er werde nichts zurücknehmen, sagte Macron nun im Fernsehen. Dass seine Umfragewerte in den Keller gehen, scheint ihn auch nicht zu stören. So sei das nunmal, wenn man sein Land „transformieren“ will.
Denn für Macron geht es nicht einfach nur um Reformen. Er sieht sich als Revolutionär, der auch vor der Mentalität der Franzosen nicht halt macht. Sollen sie doch einfach positiv denken!
Und wenn die erhofften Resultate ausbleiben? Dann bleibt ihm immer noch ein Trost – Mutti Merkel. Auf der Buchmesse in Frankfurt führte sich Macron wie ein netter Schwiegersohn der Kanzlerin auf.
Vor seiner großen Rede zur Europapolitik in der Sorbonne hat er den Text sogar im Kanzleramt vorgelegt. Er wolle Merkel nicht in Verlegenheit bringen, so die offiziöse Begründung aus dem Elysée-Palast.
Man müsse vermeiden, dass die deutsche Meinung gegen Frankreich und seinen „Sonnenkönig“ umschlage. Très bien! Macron ist die Meinung der Deutschen also wichtiger als die seiner Citoyens!?
Oudejans
17. Oktober 2017 @ 00:09
>>“Text sogar im Kanzleramt vorgelegt.“
Pikant.
GS
16. Oktober 2017 @ 16:57
ebo, ich muss schmunzeln bei dem Wort „Rechtsliberaler“, hat unsere Presse ihn uns doch die ganze Zeit als Linksliberalen verkauft.
Einen Aspekt sollte man vielleicht noch berücksichtigen: Anders als seine Amtsvorgänger stützt Macron seine Macht (noch?) nicht auf einen uralten etablierten Parteiapparat, die alle Ebenen des politischen Lebens durchdrungen haben. Womöglich erleichtert ihm das die „Scheißegal“-Haltung, während seine Vorgänger immer darauf achten mussten, dass die Verluste an Ämtern und Mandaten nicht zu groß werden. Freilich, man darf gespannt sein, ob Macron gegen die Straße gewinnen kann.
ebo
16. Oktober 2017 @ 19:29
@GS Ein ehemaliger Rothschild-Banker, der fast alle Schlüsselposten mit Konservativen aus dem ehemaligen Sarkozy-Club besetzt (angefangen mit dem Premierminister), und in jeder Hinsicht mit seinem Amtsvorgänger Hollande bricht, kann wohl kaum als links bezeichnet werden.
Peter Nemschak
16. Oktober 2017 @ 17:34
Hollande hat auf ganzer Linie versagt. Mit seiner Politik zu brechen, kann nicht ganz falsch sein. Macrons arrogantes Auftreten wird ihm allerdings wenig nützen. Offenbar kann er nicht anders.
Oudejans
17. Oktober 2017 @ 00:12
>>“Offenbar kann er nicht anders.“
Richtung Angèle buckeln, Richtung Marianne treten.
Vaterlandsloser Geselle ist da die Traditionsbezeichnung für.
GS
17. Oktober 2017 @ 18:00
@ebo
Ich sehe es ja genauso wie Du. Auch waren die ökonomischen Vorhaben Macrons von Anfang wirtschaftsliberal. Nur verkauft wurde und wird Macron hierzulande ganz anders.