Keine Angst vor Tsipras
Die FAZ und SPON können es kaum fassen: Trotz der anstehenden Neuwahlen in Griechenland und der “Gefahr” eines Wahlsiegs des Linken Tsipras bleiben die Märkte gelassen.
Keine neuen Schockwellen bei den Anleihen, kein Erdbeben an den Börsen. Für seinen Schuldenberg muss Griechenland sogar “Minizinsen” zahlen, wie SPON verstört meldet.
Dabei ist die Erklärung nicht schwer zu finden. Tsipras und seine Syriza sind gar nicht so radikal, wie sie in den deutschen Medien dargestellt werden.
Im Falle eines Wahlsiegs will Syriza weder den Schuldendienst einstellen noch andere unilaterale Maßnahmen ergreifen, erläuterte ihr Sprecher. Nachzulesen z.B. hier.
Aber das zu melden, wäre von unseren Qualitätsmedien wohl schon zu viel verlangt. Sie haben offenbar nur ein Ziel: dass Athen weiter unter der (deutschen) Knute bleibt… – Mehr hier
Gerd Hartig
3. Januar 2015 @ 18:43
Die Erklärung lautet ganz einfach, dass der größte Gläubiger der europäisvhe Steuerzahler ist. Der gewährt auch die Mini-Zinsen, die sich Griechenland sonst nirgends beschaffen kann. Mal davon abgesehen, dass Griechenland wählen kann, wie es will. Ein Austritt schockt mittlerweile niemanden mehr.
Peter Nemschak
4. Januar 2015 @ 08:53
Allerdings muss man der Vollständigkeit halber auch erwähnen, dass Griechenland mit dem billigen Geld Produkte aus der EU gekauft hat, die dort Arbeitsplätze geschaffen haben. Bedauerlicherweise ist das billige Geld nicht in Reformen geflossen, welche die griechische Volkswirtschaft gestärkt hätten. Dieses Problem muss man einer Reihe von unfähigen und korrupten griechischen Regierungen anlasten. Ob Tsipras, wenn er gewählt wird, es besser machen, d.h. systemverändernd wirken wird, bleibe dahingestellt. Vielleicht wird er, unbeabsichtigt, einen historischen Prozess auslösen, der Griechenland voran bringt.
“Es ist mit Meinungen, die man wagt, wie mit Steinen, die man voran im Brette bewegt: sie können geschlagen werden, aber sie haben ein Spiel eingeleitet, das gewonnen wird” (Zitat nach Goethe, Maximen und Reflexionen).
Johannes
3. Januar 2015 @ 14:19
Und der Autor möchte umgekehrt, das Deutschland unter der Knute Süd Europas noch mehr Schulden, illegal, übernimmt.
Peter Nemschak
3. Januar 2015 @ 12:57
Dabei sind die Märkte gar nicht so schwer zu verstehen. Sie rechnen damit, dass eine Radikallösung weder im Interesse einer zukünftigen griechischen Regierung, egal welcher Couleur, noch im Interesse der europäischen Geldgeber liegt. Die Tsipras-Partei ist diesbezüglich intern zerstritten. Die Erklärung, warum manche Journalisten dies nicht verstehen, ist einfacher als ebo vermutet: das Ziel von FAZ und SPON ist nicht, dass Athen unter der deutschen Knute bleibt sondern ihre Beurteilung beweist schlicht Ignoranz. Im Unterschied zu den angelsächsischen Ländern und der Schweiz hat die wirtschaftlich gebildete Elite in Deutschland und Österreich wenig Verständnis für die Funktionsweise von Kapitalmärkten. Dass Schäuble bei der ersten Griechenlandumschuldung auf einen teilweisen Kapitalverzicht der privaten Gläubiger bestanden hat, hat letztlich mehr gekostet als es im Zeichen der Gerechtigkeit genützt hat. Kapitalmärkte unterliegen einer wirtschaftlichen und keiner moralischen Logik.
ebo
3. Januar 2015 @ 14:42
Da bin ich ganz bei Ihnen!