Katargate: Der Fisch stinkt vom Kopf her

Lange vor dem „Katargate“ hat die EU-Kommission die Weichen für die Politik gegenüber dem Golfstaat gestellt. Auch der Korruptionsverdacht im Parlament soll schon länger bekannt sein. Warum haben die Verantwortlichen dann nicht rechtzeitig gehandelt?

Wenn sich Katar tatsächlich für die Europaabgeordneten interessiert haben sollte, dann wohl kaum, weil diese strategische Entscheidungen treffen. Die fallen woanders: in der EU-Kommission. Sie feierte schon im Januar die „Energiepartnerschaft“ mit dem Emirat – es ging um Flüssiggas.

Die Brüsseler Behörde war es auch, die die brisante Liberalisierung der Visa-Vergabe empfohlen hat, über die das Parlament noch am vergangenen Montag abstimmen wollte. Die Abstimmung wurde dann zwar wegen des Skandals verschoben – doch die Weichen waren längst gestellt.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Vize Margaritis Schinas hatten sich für Katar stark gemacht, die nun in Ungnade gefallene Kaiti war dagegen nur ein kleines Licht. Warum ausgerechnet sie bestochen werden sollte, das bleibt noch aufzuklären.

In Brüssel wird vermutet, das die Kataris gezielt Sozialdemokraten wie Kaiti und Gewerkschafter geschmiert haben könnten, damit diese nicht Stimmung gegen die miesen Arbeitsbedingungen im Golfstaat machen. Doch bisher ist dies nur eine Vermutung, auch dies bleibt zu untersuchen.

„Kultur der Straflosigkeit“

Metsola hat versprochen, bei den Ermittlungen eng mit den belgischen Behörden zusammen zu arbeiten. Sie behauptet sogar, dass sie bereits seit einiger Zeit in die Ermittlungen eingeweiht war. Doch warum hat sie dann nicht früher gehandelt? Warum hat das Parlament auf die Justiz gewartet, und nicht selbst für Ordnung gesorgt?

Man habe alles Nötige getan, zu jedem Zeitpunkt, erklärte Metsola beim EU-Gipfel. Doch das darf man duchaus anzweifeln – wie die Experten von „Transparency International“. Das Parlament habe jahrzehntelang zugelassen, dass sich eine „Kultur der Straflosigkeit“ entwickelt, erklärte die Nichtregierungsorganisation.

Schuld daran sei vor allem das Parlaments-Präsidium, erklärte der Chef des Brüsseler TI-Büros, Michiel van Hulten. Neben Metsola und ihren 14 Stellvertretern sitzen dort auch noch fünf Quösitoren (Verwaltungsexperten). Ihre Arbeit gilt als bürokratisch und intransparent, Insider sprechen von einer „Blackbox“.

Der Fisch stinkt vom Kopf her, wie so oft. Wenn Metsola es ernst meint mit der Aufarbeitung des „Katargates“, dann muß sie auch dort aufräumen, an der Spitze des Europaparlaments. Ansonsten war Kaili wohl nur ein Bauernopfer, um von eigenem Versagen abzulenken…

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P.S. Auch Metsola hat sich wiederholt mit Vertretern Katars getroffen, darunter zweimal in Brüssel. Auch das kommt erst jetzt heraus, nach dem Beginn der Affäre. Transparenz geht anders…

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