Kann Macron auch “Non” sagen?

Das monatelange Trommelfeuer gegen die “Transferunion” zeigt Wirkung: Die große Euro-Reform ist zum Reförmchen geschrumpft. Beim deutsch-französischen Ministerrat am Dienstag dürfte sich zeigen, ob Präsident Macron noch mehr rote Linien akzeptiert – oder Kanzlerin Merkel unter Druck setzt. Kann er auch “Non” sagen?

Es wäre höchste Zeit. Denn wenn sich bewahrheitet, was die “SZ” berichtet, dann bleibt auch von Macrons Euro-Budget nicht mehr viel übrig. Hilfsbedürftige Euroländer dürften nur auf rückzahlbare Kredite hoffen – Transfers wären verboten.

An welche Bedingungen diese Kredite gebunden werden, ist offen. Frankreich möchte eine strikte Konditionalität wie beim Euro-Rettungsfonds ESM vermeiden. Paris lehnt zudem den Plan ab, den Bundestag an jeder Entscheidung zu beteiligen.

Es könne nicht angehen, dass das deutsche Parlament über das Schicksal der ganzen Eurozone entscheide, heißt es in der französischen Hauptstadt. Wenn schon, dann müsse auch das Europaparlament ein Wörtchen mitreden.

Doch die Bundesregierung hat vorgebaut. Sie hat sich nicht nur die Unterstützung der EU-Kommission gesichert, in der der deutsche Haushaltskommissar Oettinger (CDU) auch noch mit der Vorbereitung der Euro-Reform betreut wurde.

Sie steht auch in engem Kontakt zu den Niederlanden und anderen nordeuropäischen Ländern, die sich vehement gegen Macrons Pläne ausgesprochen haben. Vor allem das Eurozonen-Budget stößt dort weiter auf massiven Widerstand.

„Mir konnte noch niemand sagen, welches Problem wir damit lösen sollen”, sagte der niederländische Finanzminister Hoekstra der “FAZ”. Die angestrebte Stärkung der Eurozone “erreichen wir aber nicht dadurch, dass wir mehr Geld ausgeben“.

Richtig daran ist, dass Macron bisher nicht erklären konnte, wem sein geschrumpftes Euro-Budget eigentlich helfen soll. Irland nach dem Brexit? Oder Italien bei einem Bankrun? Auch Merkel ist jede Antwort für ihre Sturheit schuldig geblieben.

Warum stemmt sie sich gegen eine “Transferunion”, während sie gleichzeitig mehr Geld in den EU-Haushalt einzahlen will, der seit jeher Finanztransfers organisiert? Und was soll es bringen, den Verlierern der Eurozone noch mehr Auflagen zu machen?

Klar ist nur eins: Von Macrons hoch fliegenden Reformplänen für den Euro dürfte nur ein Reförmchen übrig bleiben, wenn überhaupt. Den Euro-Finanzminister, einst Schlüsselfigur seiner Reformpläne, hat Macron schon klammheimlich begraben.

Wie weit will er sich noch über den Tisch ziehen lassen – von einer Kanzlerin, die keine eigene Mehrheit mehr hat und von der Hilfe ihrer EU-Partner abhängig ist? Wäre es nicht besser, von Seehofer zu lernen – und Merkel eine neue Frist zu setzen?

Siehe auch “Die Transferunion ist längst Realität und “Die Euro-Reform schrumpft zur Roadmap”

WATCHLIST:

  • Pünktlich zum Weltflüchtlingstag veröffentlichen das UNHCR und Eurostat heute aktuelle Zahlen zu Migranten und Asylbewerbern. Gestern hatte die EU-Grenzschutzagentur Frontex berichtet, dass sich die Zahl der illegalen Grenzübertritte in Mai halbiert habe. Die deutsche Asyldebatte findet im faktenfreien Raum statt…

WAS FEHLT:

  • Trumps neuester Tweet. “Die Menschen in Deutschland wenden sich gegen ihre Führung, weil das Migrationsthema die ohnehin schon schwächelnde Koalition durchschüttelt”, schrieb der US-Präsident. Hat der Mann keine anderen Sorgen? Weiß er nicht, dass er Merkel mit seinen Tweets aufwertet?