Jamaika verheißt nichts Gutes
Die Streitfragen der Europapolitik haben die Möchtegern-Koalitionäre von Jamaika schon vertagt. Nun verheddern sie sich auch noch bei Klima und Migration. Kanzlerin Merkel schaut zu – wo soll das alles enden?
Seit Wochen werden wir bearbeitet. Obwohl niemand “Jamaika” gefordert und keiner “Jamaika” gewählt hat, soll dies plötzlich die einzig mögliche, alternativlose Große Koalition nach der GroKo sein.
Doch was Merkels CDU, CSU, FDP und Grüne bisher zustande gebracht haben, ist blamabel. Bei Europa, beim Klima und in der Flüchtlingspolitik zeichnet sich keine gemeinsame Linie ab, im Gegenteil.
FDP-Chef Lindner hält den Grünen vor, mit ihrer Flüchtlingspolitik in der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig zu sein. Die Grünen-Position sei “ein Konjunkturprogramm für die AfD”, greift er frontal an.
Die FDP kupfert bei der AfD ab
Gleichzeitig kupfert die FDP schamlos bei der AfD ab – Griechenland raus aus dem Euro, Schluß mit dem Eurorettungsfonds und Nein zu den französischen Visionen für die Eurozone, heißt das Motto.
Höchste Zeit für die Kanzlerin, einzugreifen und Lindner zur Ordnung zu rufen, sollte man meinen. Doch Merkel lässt ihn gewähren – ganz so, als stehe sie über den Dingen und habe damit nichts zu tun.
Hat sie aber doch. Denn Merkel braucht eine Mehrheit, nicht Lindner, nicht Özdemir. Selbst wenn FDP und Grüne am Ende zu Mehrheitsbeschaffern werden sollten, wäre dauerhafte Unterstützung nicht sicher.
Die Grünen könnte es zerreißen
Die CSU und die FPD sind schon jetzt Wackelkandidaten. Und die Grünen könnte es bald zerreißen. Die Realos haben bisher nichts zustande gebracht, die Linken sehen ihre Felle davonschwimmen.
Eine stabile, zukunftsfähige Koalition lässt sich unter diesen Umständen wohl kaum schmieden. Jamaika verheißt, so wie es derzeit eingefädelt wird, nichts Gutes. Schuld daran ist die Kanzlerin.
Denn sie hat die Richtlinienkompetenz. Sie ist schon 12 Jahre an der Macht und müsste nun alles daran setzen, ihre politische Bilanz aufzupolieren. Vor allem in EUropa hat Merkel Nachholbedarf.
Verpaßt Merkel ihre letzte Chance?
Unter ihrer Regie ist die EU von einer Krise in die nächste gerutscht, auf “Polykrise” folgt Desintegration. Dem muss sie etwas entgegensetzen, wenn sie vor der Geschichte bestehen will, es ist wohl ihre letzte Chance.
Brüssel und Paris warten nur darauf, dass Merkel endlich die Initiative ergreift. Doch sie vertröstet alle auf das ferne Jamaika, will sich (wieder ‘mal) alle Optionen offen halten. Auch das verheißt nichts Gutes…
Siehe auch “Warum schont ihr Merkel?” und “Lindners Traum, Merkels Werk”
Susanne
2. November 2017 @ 23:01
Merkel agiert wieder einmal nicht…und dieses ist Programm. Wozu schon jetzt eine Haltung zeigen, wenn FDP und Grüne vermeintlich Leitplanken setzen, welche später von dieser in den bekannten Alleingängen nebst Fraktionszwang in parlamentarischen Abstimmungen bei alternativlosem Machtgebahren pro Merkels neuem Ende ihrer gedachten Entscheidung abgesegnet wird?
Peter Nemschak
2. November 2017 @ 22:50
Was ist eine neo-liberale Diktatur?
Dixie Chique
3. November 2017 @ 10:04
Das, was wir schon seit Jahren haben, und was immer unerträglicher wird…
..außer für die Minderheit derjenigen, die noch gute Gehälter und Boni mit nach hause bringen, vornehmlich für Betätigungen, die ein David Graeber zurecht als ‘Bullshit-Jobs’ bezeichnet.. (Das gleichnamige Essay sei Interessierten zur Lektüre wärmstens ans Herz gelegt).
Dixie Chique
3. November 2017 @ 10:31
Nur ein zwei kleine Beispiele..
1) Versuchen Sie doch mal, ohne Bankkonto und/oder Handy einen ordentlichen Job zu erheischen. Sie könnten Einstein höchstselbst sein, der Personaler würde Sie trotzdem auslachen. Freiheit? Oder doch eine Art diktatorischer Zwang..
2) Können Sie anhand der Uniform (Farbe, Ausstattung,..) einen behelmten Hamburger Bereitschaftspolizisten von einem argentinischen, einem kanadischen, einem türkischen oder französischen unterscheiden? Souveräne Staaten oder doch nur Satelliten der sich längst offen aufspielenden ‘Neuen Weltordnung’? Das ‘N’ in ‘NWO’ steht für ..?Natürlich, für Neo.. !
Alarmstufe Rot bei den Präfixen ‘Neo-‘ und ‘Post-‘ !
Wolf Gauer
2. November 2017 @ 22:35
…von wegen „Streitfragen“! Die Jamaika Koalition hat ein gemeinsames Ziel: die definitive Etablierung einer neo-liberalen Diktatur und Suprematie in Europa. Aller Dissens ist da nur Kleinkram um dem Wähler “verantwortliche Verhandlungen” vorzutäuschen. Verhandlungen allerdings: um die Ministerposten, das ja.
der oekonomiker
2. November 2017 @ 15:03
Was ist das denn, ausgerechnet ein 500 Jahre alter Spruch von Martin Luther soll die Unfähigkeit der deutschen Kanzlerin erklären? Wer so tief in die Vergangenheit eintaucht, der findet nicht mehr zurück und muss deshalb zwangsläufig den Zusammenbruch des deutschen Staates fürchten.
Tatsächlich macht Angela Merkel einen tollen Job – leider aber für die falschen Leute: “Die Demkratie ist in der Hand der Banker und Medienmogule” hat Charles Moore, der Thatcher-Biograf den Zustand der Welt treffend auf den Punkt gebracht. Der sollte es wissen.
Merkel folgt einem klaren Auftrag: Als „Kaltmamsell des Kapitals” serviert sie ihren Souverän, das Volk, auf der Schlachtplatte. (Urban Priol, 2010) Darin unterscheidet sie sich nicht von ihrem Vorgänger. Und auch ihre Nachfolger bleiben auf diesem Kurs.
Thomas
2. November 2017 @ 10:02
Merkel hatte ihre letzte Chance im September 2015. Hätte sie die Grenze dicht gemacht und hässliche Bilder, Verletzte und wahrscheinlich ein paar Tote (auf jeden Fall weniger Tote als die Grenzöffnung nach sich gezogen hat) in Kauf genommen hätte wir das Schlimmste bereits hinter uns. Nun steht uns das Schlimmste noch bevor: Der Zusammenbruch des Deutschen Staates.
Weiberregiment nimmt kein gutes End (Martin Luther).
Peter Nemschak
2. November 2017 @ 15:50
Sie leiden unter Illusionen. Die demografische Situation in Afrika, verstärkt durch Bürgerkriege und Klimawandel in unserer weiteren Nachbarschaft musste früher oder später zu einer Migrationswelle führen. Den Vorwurf, dass man das jahrelang verschlafen hat, muss sich auch Merkel so wie ihre europäischen Kollegen gefallen lassen. Sehr spät sind Maßnahmen angelaufen, die auch nur langfristig wirken. An sinnvollen Rahmenbedingungen (gemeinsame Grundprinzipien) für Migration sind die europäischen Staaten allesamt bisher gescheitert.
Peter Nemschak
2. November 2017 @ 08:53
Von Neuwahlen ist man noch weit entfernt. Die Aussicht auf Macht hält zusammen. Der Wähler hat es den zukünftig Regierenden nicht leicht gemacht. Die Gesellschaft wird zunehmend zu einer Ansammlung unterschiedlicher, untereinander unversöhnlicher und in sich geschlossener Milieus. Die sozialen Medien mit ihrer Blasenbildung dürften nicht unwesentlich dazu beitragen. Daher: Handies ab- und Gehirne einschalten. Wie immer die Regierungsverhandlungen ausgehen, die absehbare Zukunft der EU liegt im Intergouvernmentalen und nicht im Supranationalen. Das liegt nicht am Ausgang der Regierungsbildung in Deutschland sondern ist ein europäischer Trend, den jene bedauern werden, die damit das Ende der Zusammenarbeit der europäischen Staaten befürchten. Wirtschaftliche Verflechtung und Sicherheit vor Bedrohungen von außen werden in den nächsten Jahren das Bindemittel der europäischen Staaten sein. Das scheint ein möglicher gemeinsamer Nenner zu sein.
Kleopatra
2. November 2017 @ 08:24
Ohne eine stabile Regierungsmehrheit ist auch eine Zustimmung Merkels zu irgendwelchen Macronschen Ideen nicht mehr wert als heiße Luft. Und dass Merkel eine prinzipienlose Opportunistin ist (was sie wahrscheinlich in ihrer DDR-Jugend gelernt hat), ist doch mittlerweile jedem bekannt.
asisi1
2. November 2017 @ 18:20
auch mit stabilen regierungsmehrheiten ist in der Vergangenheit nichts für den kleinen bürger herausgekommen.
der größte schei.. den ich die letzten 50 jahre immer wieder gehört habe ist, wir sind eine “Demokratie” und eine “Solidargemeinschaft”!! soviel Schwachsinn kann doch kein mensch mehr glauben!