Gescheitert!? (II)
Noch vor zehn Jahren galt die EU als Erfolgs-Modell für die ganze Welt. Nun ist sie zum Krisenfall geworden. Wie konnte das passieren? Und ist EUropa schon gescheitert? Teil 2 einer dreiteiligen Serie.
[dropcap]D[/dropcap]er Eingang zur EU-Kommission wird streng bewacht, die Kommissare tagen abgeschirmt von der Öffentlichkeit auf eigens für sie reservierten Etagen.
Gemeinsam essen und trinken geht man schon lange nicht mehr, auch die Kamingespräche sind abgesagt. Sie kosten zu viel Zeit; heute geht es darum, als Erster vor die Presse zu treten.
Bundeskanzlerin Merkel macht da keine Ausnahme. Bei einem EU-Gipfel auf dem Höhepunkt der Eurokrise hatten Italien und Frankreich einmal – ein einziges Mal – schneller ihre Sicht der Dinge verbreitet als die deutsche Kanzlerin.
Seitdem tritt Merkel spät in der Nacht oder früh am Morgen vor die Presse, um stets die Erste zu sein – und sich als Siegerin zu präsentieren.
Die anderen machen es genauso. Es geht nicht mehr darum, ob Europa vorankommt, sondern darum, dass das eigene Land gewinnt. „Renationalisierung“ nennen das die Diplomaten, die in Brüssel arbeiten.
Mit der Eurokrise hat es begonnen, seit der Flüchtlingskrise haben sich regelrechte Gräben aufgetan. Plötzlich spricht man von Nord und Süd, Willigen und Unwilligen, Sündern und Oberlehrern.
Der Gemeinschaftsgedanke ist dabei verloren gegangen. Nicht nur die Politiker, auch die Diplomaten und Journalisten haben sich in ihre nationalen Zirkel zurückgezogen.
Zwar gibt es immer noch ein paar Kneipen, vorwiegend irische Pubs nahe des Rond-Point Schuman, in denen man sich trifft. Einmal im Jahr gibt es sogar eine Comedy-Show, bei der Journalisten die Kommission aufs Korn nehmen.
Doch im Alltag geht jeder seine eigenen Wege. Was sollen britische Diplomaten, die gegen den drohenden „Brexit“ (EU-Austritt) kämpfen, auch noch mit den Griechen gemeinsam haben, die von Schulden- und Flüchtlingskrise überwältigt werden?
Was haben sich Polen, die partout keine Migranten aufnehmen wollen, und Deutsche, die für Solidarität werben, noch zu sagen?
Fortsetzung folgt. Der gesamte Text ist als E-Book erschienen und kann hier heruntergeladen werden (0,99 Euro)
Peter Nemschak
12. Juni 2016 @ 17:09
Ohne Kompetenz bleibt Legitimation durch Volksentscheid Scheinlegitimation.
Skyjumper
12. Juni 2016 @ 17:55
Interessante Auffassung @Peter Nemschak. Dann sind die üblichen Wahlen in den demokratischen Staaten zu Parlamenten oder Präsidenten Ihrer Auffassung nach auch keine Legitimation? Denn auch Wahlen sind nichts anderes als ein regelmässig stattfindener Volksentscheid.
Na dann können wir ja die Wahlen gleich abschaffen und es den Politikern überlassen auszukungeln wer uns wann und wie regiert? Vielleicht wieder per absolutistischer Erbmonarchie? Würde doch zu ihrer vorstehend genannten Sichtweise passen.
Ich glaube das sollten Sie ggf. nochmal überdenken.
Susanne
15. Juni 2016 @ 23:17
Sie überschätzen die Kompetenz der EU-Kommission (alles Normalsterbliche, keine Überflieger) und auch das Problem der Korrumpierbarkeit aufgrund mangelnder demokratischer Kontrolle.
Andres Müller
12. Juni 2016 @ 07:04
Eine der Ursachen für den gegenwärtig desolaten Zustand der EU ist aus meiner Sicht mangelnder sowie ungleiche demokratische Wurzel der Mitgliedschaft. Ich erinnere daran dass man nicht überall dem EU-Beitritt mit Volksabstimmung zustimmen konnte, auch dem Euro mangelt es an Volksabstimmungen. Die Zustimmung alleine durch das Parlament ist ungenügend, weil es hier um etwas sehr Elementares geht bei dem es aus meiner Sicht eine Volksmehrheit benötigt.
Und so kommt es jetzt halt in der Krise der Institution, man muss die fehlenden Volksabstimmungen unter miesen Bedingungen nachholen. In den USA gab es übrigens einen extrem blutigen Bürgerkrieg, bevor sich die vereinigten Staaten etablieren konnten.
Hätte es in Deutschland eine Volksabstimmung zum Beitritt in die EU gegeben, so hätte ich vielleicht den Beitritt der Schweiz nicht abgelehnt. Das tat ich aber weil mir der demokratische Boden (Volksabstimmung) beim Entstehen der EU ungenügend erschien. Gut möglich das die EU auch noch die Bestätigung durch Volkswahl in Deutschland benötigt, bevor die Krise im Kern überwunden werden kann.
Peter Nemschak
12. Juni 2016 @ 10:05
Sie überschätzen die Kompetenz der Völker und unterschätzen die Stimmungsabhängigkeit des Volkswillens. Die Schweiz mag hier ein Ausnahmefall sein. Fundamentale Fragen werden dort in einer qualifizierten Weise diskutiert bevor sie zur Abstimmung gelangen. Anderswo regiert der Boulevard, leider. Nicht einmal Experten waren in der Lage, die Konstruktionsfehler des Euro zu erkennen, Zentralbanken und Regulatoren haben versagt, als es darum ging Immobilienblasen zu verhindern Generell halte ich das Volk dort kompetent, wo es um lokale, relativ leicht durchschaubare Themen und Interessen geht oder um Wertentscheidungen (Abtreibung, pränatale Diagnostik), welche viele Menschen unmittelbar betreffen. Auch in den Parlamenten gibt es spezialisierte Abgeordnete aller Fraktionen, welche komplexe Themen in Ausschüssen behandeln bevor sie das Plenum erreichen. Allerdings wäre in unserer repräsentativen Demokratie mehr Transparenz wünschenswert, allein schon um Verschwörungsdiskursen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Andres Müller
12. Juni 2016 @ 14:09
Herr Nemschak, Volksabstimmungen haben nichts mit “Kompetenz” zu tun, vielmehr geht es um Legitimation eines Vorgehens.
Natürlich können sich auch Menschen mit einer Volksabstimmung täuschen, aber das ist nicht der Punkt. In der Schweiz kam das Frauenstimmrecht sehr spät mit mehreren voran gegangenen negativen Volksabstimmungen. Aber jetzt ist das Frauenstimmrecht in der Schweiz dafür auch sehr stark verankert.
Genauso sehe ich das mit der Zustimmung zu Europa, die Tragfähigkeit der Institution wäre viel grösser wenn es ursprünglich generell eine Volksabstimmung gegeben hätte. Nebenbei glaube ich dass die dann vielleicht etwas kleinere EU besser zusammen halten würde.
Skyjumper
12. Juni 2016 @ 17:35
Wie @Andres Müller schon sagte geht es nicht zwingend um Kompetenz. Es geht darum das diejenigen die etwaige Fehler ausbaden müssen auch diejenigen sein sollten die sich die Suppe eingebrockt haben.
Und was folgendes anbelangt:
“Nicht einmal Experten waren in der Lage, die Konstruktionsfehler des Euro zu erkennen……….”
Es gab ja nun wirklich genügend Mahner und Warner die mit unterschiedlich gut fundierten Gründen die Euroeinführung als falsch bezeichnet haben. Es waren genauso ausgewiesene Experten darunter wie auch Personen die grundsätzlich gegen die EU-Vertiefung waren. Die sogenannten Stabilitätskriterien sind letztlich das einzige Ergebnis dieser Bedenken gewesen. Und diese Kriterien wurden bereits damals von vielen Experten als nicht ausreichend bezeichnet weil diese frühzeitig davor warnten dass man unterschiedlich leistungsfähige Volkswirtschaften nicht erfolgreich unter einen Deckel einzwängen kann. Es gab natürlich genauso Experten welche die Bedenken als unbegründet zurückgewiesen haben.
Letztlich allerdings muss man feststellen es gab die Experten die die Fehler erkannt haben. Man WOLLTE nicht auf sie hören, aber sie haben Recht behalten.
Es waren auch letztendlich weder die Zentralbanken noch die Regulatoren die versagt haben. Versagt haben die politischen Führungen nebst Parlamenten, also genau die Personen denen Sie eine größere Kompetenz als dem einfachen Volk bei wichtigen Entscheidungen zubilligen. Schlimmer noch: Die haben nicht versagt. “Versagen” setzt einen nicht gewollten Fehler voraus. Die Politiker haben vorsätzlich und wissentlich aus ideologischen Gründen gehandelt. Im Strafgesetzbuch definiert sich so der Unterschied zwischen Tötung und Mord.
Susanne
10. Juni 2016 @ 23:24
ja, grundlegende Gedanken zu der Frage “was ist die eu” und auch zu dem, wohin wollen die Bürger folgen.
Das Inszenieren eines neuen kalten Krieges, zur vermeintlichen Stärkung der eu wird nicht die Antworten geben…es ist eigentlich eine Bankrott-Erklärung einer eigenständigen Aussenpolitik auf diesem Kontinent, zu welchem sich 28 Länder zusammen finden; die Bürger aber aussteigen.
Man beutelt die Völker, indem man die Globalisierung zur Naturkatastrophe verniedlicht.
Die Kolonialisierung war ein Phänomen der brachialen Ausbeutung….die Globalisierung ist nicht anders zu betrachten. Es braucht nicht Merkels G 20 in Deutschland…es braucht den Mut von Gesellschaft, Gewerkschaft und Kirche um hier sozial diesem klare Kanten zu setzen.
Peter Nemschak
11. Juni 2016 @ 07:37
Im Grunde lautet Ihre Kritik an Schäuble und seinen Elitenkolleginnen und Kollegen, dass die alten Spießer die heutige Lebenswelt nicht begriffen haben und ihr Wertekatalog aktualisiert werden müsste.. Eine ähnliche Situation hatten wir vor mehr als einer Generation bei den 68-igern, bis auch diese vom Mainstream aufgesogen und arriviert wurden (Beispiel: Cohn Bendit). Heute sind die meisten von ihnen in Rente. Der von Ihnen herbeigesehnte Wandel wird kommen. Er ist unvermeidlich, allein schon aus demografischen Gründen. Ob er ein Wandel zum besseren sein wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Vielleicht müssen wir zuvor noch eine scharfe Rechtskurve nehmen.
Susanne
15. Juni 2016 @ 22:54
Herrlich, Sie hatten mich schon mal in eine links-grüne Schublade gepackt …jetzt wollen Sie mit mir einen scharfen Rechtsschwenk, um danach alles zum Besseren zu gestalten?
Ganz ehrlich, ich wüßte zu gerne, was Sie tatsächlich wollen…außer Servietten falten.
Eine Zukunft in dem Jetzt wird es nicht geben. Da können wir uns sicherlich zustimmen. Aber das Jetzt gestaltet eine Zukunft in einer Art, die ich einfach nicht tragen kann. Sie bestehen auf diese Art der Gestaltung…reden von einem Schwenk um dann mit dieser Gestaltung anzukommen?
Ich glaube, das wird nix, Herr Nemschalk
Skyjumper
11. Juni 2016 @ 10:42
Gewerkschaft und Kirche sind auch nur Institutionen die an den Fresströgen der Macht hängen und sich im wesentlichen um ihren eigenen Fortbestand kümmern. Und wie die Parteien nehmen sie im wesentlichen veröffentlichte Forderungen der VERMUTETEN Mehrheiten aus der Gesellschaft auf, formulieren und definieren diese zu eigenen Zwecken um und verkaufen sie sodann als eigene Agenda.
Dies ist im übrigen ein Prozess der sehr schnell auch bei neuen Parteien, verbänden, Vereine, etc. einsetzt.
Viel wichtiger wäre daher eine gesellschaftliche Auseinandersetzung und Meinungsbildung OHNE institutionelle Kanalisierung. Was dann Sinn macht wenn es hinterher eine direkte Beteiligung an relevanten Entscheidungen gibt, und zwar ohne Quorum.
Winston
10. Juni 2016 @ 22:55
Viele Menschen in der EU fühlen sich durch die Politik ihres Landes nicht vertreten, zu recht, weil die Politiker immer mehr Kompetenzen an die EU abtreten, die dann für sie entscheiden, weit weg vom demokratischen Prozess des eigenen Landes. Und je mehr Kompetenzen an die EU abgetreten werden, desto grösser wird der Unmut und das Misstrauen der Europäischen Bevölkerung ggü. der EU. Anscheinend haben das die EU-Kommissare immer noch nicht mitbekommen, sonst würden sie nicht von mehr “Europa” reden, offensichtlich Leben sie in einer Parallelwelt, völlig losgelöst von der Realität, anders ist dieses Verhalten nicht zu erklären. Russland, China und die USA sind Staaten, die EU nicht. Russland, China und die USA haben die eigenen Bevölkerung hinter sich, die EU nicht und man könnte hier endlos weiterfahren. Die Sprache ist übrigens ein sehr starkes Identifikations Merkmal, die EU hat 28 davon.
Peter Nemschak
11. Juni 2016 @ 05:29
Sollte es stimmen, was ich nicht glaube, dass die EU zu stark von Deutschland dominiert wird, verstehe ich Ihre Logik nicht. Im Fall Deutschlands sollte kein wesentlicher Unterschied im Ergebnis des nationalen und des politischen Entscheidungsprozesses der EU sein. Was würde Deutschland anders machen, wäre es nicht durch die EU eingeschränkt? Wie viele Bürgerinnen und Bürger nehmen am nationalen demokratischen Entscheidungsprozess tatsächlich teil, sieht man von ihrer periodischen Wahlbeteiligung einmal ab? Ich habe den Eindruck, die EU wird von den nationalen Politikern, welche sich um unbequeme Entscheidungen auf nationaler Ebene drücken wollen, gerne als Buhmann benützt und schlecht geredet. Insgesamt scheinen die Menschen übertriebene Erwartungen an die Politik zu stellen, die diese nicht einlösen kann.
Susanne
10. Juni 2016 @ 21:21
Einen lieben Dank, Herr Bonse. Sie sind so spät noch aktiv. Ich hoffe, ich störe Sie nicht bei einem netten Fussballabend mit französischen Freunden.
Erklärend möchte ich ergänzen, ich liebe gute Diskussionen und lasse mich gerne korrigieren, ich freue mich über Empfehlungen um Sachstände, welch ich zu begrenzt reflektiere, auszubauen.
Allen Lesern ein schönes Wochenende.
ebo
10. Juni 2016 @ 21:52
Nein kein Problem, bisher ist das Match ja noch nicht so doll…
Susanne
10. Juni 2016 @ 20:35
Ich kann Sie leider nicht als konstruktiven Diskussionspartner wahrnehmen. Methode ist wohl, immer einen weiteren Unfug einzuschmeißen und die wichtigen Punkte gar nicht aufzugreifen.
Damit wird die eu nicht durchkommen, und Sie bei mir auch nicht. Das Wahlverhalten der eu-Bürger spricht zudem für sich.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 21:49
Bis jetzt sind Sie mir konstruktive ökonomische Vorschläge schuldig geblieben.
Susanne
10. Juni 2016 @ 22:38
wir sprachen nicht über Ökonomie…aber, Sie verlaufen Sie gerne, nicht wahr?
Susanne
10. Juni 2016 @ 17:03
Sie liegen falsch, Herr Nemschak. Es ist nicht der Wunsch nach anderen Mehrheiten. Es ist was es ist. Der Anspruch nach demokratischer Mitnahme durch Wahlprogramme, welche sich nicht gleichen, sondern den Wählern tatsächlich Alternativen zu Wegen in die Zukunft bieten. Das ist Demokratie. Heimlich eine Superzelle zu gestalten, ist es nicht.
Die eu bietet ihren Bürgern ausschließlich ihre Maxime, welche diese nirgends per Wahl zur Disposition stellt. Junker oder Schulz, Personenkult ohne Programm.
Und sie wird immer schwächer dadurch. Ausschließlich durch fear and hope sind die Menschen nicht mehr mitzunehmen. Sanktionsandrohungen und die ungeheuerlichen Drohgebärden vor Wahlen in welchem Land auch immer verpuffen; man nimmt es nicht mehr ernst, die Akteure nicht mehr für voll.
Schauen Sie sich die Foren unter engl. Zeitungsartikeln aktuell zu Schäubles “in isch in, out isch out”.
Zur Zeit habe ich den Eindruck, dass Martin Schulz es verstanden hat. Ob das vor dem Referendum in GB so bleibt, weiß ich nicht.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 18:02
Wenn Sie eine andere Politik wollen, müssen Sie andere Parteien mit für Sie attraktiveren Programmen wählen oder eine neue Partei gründen und sich im Parteienwettbewerb um Stimmen bemühen. Diese Möglichkeit haben Sie für nationale Parlamente und für das EU-Parlament. Wie soll sonst Demokratie funktionieren? Alles andere sind leeres Gejammer und Wünsche an das Christkind.
Winston
12. Juni 2016 @ 16:08
Der Auftritt Schäubles ist an Absurdität, Arroganz und Hinterhältigkeit kaum zu überbieten. Gerade er der so auf die EU Gesetze pocht und gerne die Finger auf andere zeigt müsste wissen das UK gemäss EU-Traktate ein Recht hat, die EU jederzeit zu verlassen, wenn es das für richtig hält. Und was macht Schäuble ? Statt ein Garant für die EU-Traktate zu sein, droht er UK mit Wirtschaftliche Folgen sollte es aus der EU austreten, was für eine miserable Vorstellung.
Schäuble sollte wissen das Deutschland ein Handelsüberschuss von 60 mrd. € ggü UK hat, bevor er solchen Müll von sich lässt.
Und noch was, UK zu drohen ist das absolut dümmste was man machen kann.
Mir tun Renzi und Holland nur noch Leid oder besser gesagt deren Volk.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 16:50
@Susanne Dass sich Mehrheiten nicht ändern können, habe ich nicht behauptet, lediglich, dass die Modernisierungs- und Globalisierungsverlierer in Europa derzeit (noch) eine Minderheit darstellen. Das mag sich in Zukunft ändern. Noch ist es nicht so weit. Ihr Demokratisierungswunsch ist der Wunsch nach einer anderen Mehrheit. Dazu bedarf es keiner umfangreichen Demokratisierung der EU sondern eines anderen Stimmverhaltens der Bürgerinnen und Bürger.
Susanne
10. Juni 2016 @ 13:11
Ich kann nicht erkennen, dass diese eu gewillt ist, die Bürger demokratisch mitzunehmen.
Mehr Macht birgt enorme Gefahren, welche die Probleme sicherlich nicht angebracht lösen werden. Man wird weiter verschieben, nur um diesem versagenden Projekt noch einen Hauch von Glanz geben zu können.
Mit dem Euro zieht man die Bürger über den Tisch, politische Ausrichtungen gerade auch zur Aussenpolitik sind per Wahlen nicht zu korrigieren, Wirtschaftspolitik geht zu lasten der ehrlich Arbeitenden, Wanderarbeit zerreißt Familien, Jugend ohne Hoffnung, politisch gewollte Altersarmut, unkontrollierte Masseneinwanderung, vollkommene Überforderungen von Gesellschaften in der ganzen Zone.
Ein mehr davon darf es auf gar keinen Fall geben. Es muss zurückgeschraubt werden, es muss durch die Wähler wieder korrigiert werden können.
Ich frage mich immer wieder, wie gut es hätte werden können, wenn diese planwirtschaftlich geprägte Merkel nicht wäre. Ein Mensch mit Mut, der diese Euro/Bankenrettung mit Sachverstand und nicht mit Ideologie angegangen wäre.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 15:06
Sie tun geradezu so, als würden sich die Nationalstaaten anders als die EU verhalten. Viele Menschen fühlen sich durch die Politik in ihrem Land zu Recht oder Unrecht nicht vertreten. Eine Rückkehr zu den Nationalstaaten der 1980-iger Jahre und davor würde nichts daran ändern, dass es Modernisierungs- und Globalisierungsverlier neben Gewinnern auch in Europa gibt. Gewonnen haben vor allem die aufstrebenden Entwicklungsländer. Das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen. Die Rechten machen die Migranten, die Linken das Finanzkapital für die jetzige Situation verantwortlich. Der Ruf nach mehr Demokratie kann nichts daran ändern, dass die Gewinner der Globalisierung und des technologischen Wandels derzeit (noch) die Mehrheit in der europäischen Gesellschaft bilden.
Susanne
10. Juni 2016 @ 16:18
guter Mann, das Rad der Geschichte wurde niemals zurückgedreht. Es ließ allerdings oftmals notwendige Korrekturen zu. Und wie immer haben sich Systeme verteidigt (auch durch Propaganda), welche kurz vor dem Fall standen.
Diese eu hat ohne umfangreiche Demokratisierung keine Chance mehr. Ich weiß, dass Ihnen das sehr weh tut. Wie gesagt, Geschichte kann man nicht zurückdrehen. Und Verweigerer werden schon mal von Mehrheiten abgelöst. Mehrheiten können sich immer wieder neu finden. Buchlektüre brauch ich Ihnen dazu wohl nicht zu empfehlen.
S.B.
10. Juni 2016 @ 09:15
“Was haben sich Polen, die partout keine Migranten aufnehmen wollen, und Deutsche, die für Solidarität werben, noch zu sagen?”
Ich würde die Frage nicht mit so einer negativen Intention stellen. Peter Nemschak hat völlig Recht: Die derzeitige Situation ist gelebte Subsidiarität. Das schöne EU-Märchen von (sozialistischer) Gleichheit aller EU-Bürger (wieso eigentlich nur der und nicht gleich der ganzen Welt?) ist ein irrealer Traum der linksgrünen Phantasten. Die europäischen Staaten kommen letztlich auch mit EU nur bei den Themen zusammen, wo sie gemeinsame Interessen haben, ansonsten nicht. Das ist völlig legitim. Eines der grundlegendsten gemeinsamen Interessen, ist der freie und friedliche Handel. Auf dieser Ebene werden sich auch künftig alle europäischen Staaten etwas zu sagen haben. Den Umfang bestimmen sie aber selbst. Dafür braucht allerdings niemand eine EU. Den Euro schon gar nicht, denn er hat nur dazu geführt, dass bei den einen die Wirtschaft komplett ruiniert ist und bei den anderen Exportüberschüsse entstanden sind, die niemand mehr zurückzahlen kann. EU und Euro müssen dringend und so schnell wie möglich rückabgewickelt werden in die Vorstufe EWG und Ecu.
Die Überschrift des Artikels dürfte vor diesem Hintergrund nicht (noch viel zu optimistisch) lauten: “Gescheitert!?”, sondern “Gescheitert!”.
Skyjumper
10. Juni 2016 @ 10:21
Dem stimme ich aus Überzeugung zu. Und das ganze bitte so schnell wie möglich. Damit nicht erst aus fehlender Gemeinsamkeit noch eine aktive Gegensätzlichkeit entsteht. Den dieser Pfad ist bereits erkennbar.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 10:59
Die Lösung wäre ein starker, aber föderaler europäischer Bundesstaat auf Augenhöhe mit den USA, China und Russland. In den USA haben die Bundesstaaten sehr starke Kompetenzen. Allerdings sind wichtige staatliche Funktionen wie Außen- Sicherheitspolitik und Geldpolitik Bundessache. Ein autoritärer Führer wie Erdogan würde nie wagen, die USA , Russland oder China so zu behandeln wie die EU. Gemeinsam wäre die EU eine stabilisierende Ordnungsmacht gegenüber ihren Nachbarn im Osten und Süden, mit der man sich ungern anlegen würde.
ebo
10. Juni 2016 @ 11:06
Zustimmung!
S.B.
10. Juni 2016 @ 12:04
Ablehnung! Die EU geriert sich bereits als Bundesstaat, was aber von keiner europäischen Nation gewollt ist.
Zu Erdogan: Er hätte die Möglichkeit, sich gegenüber D oder sonstigen europäischen Staaten wie ein Diktator aufzuführen, gar nicht, wenn diese nicht völlig unfähige Regierungen (bestes Beispiel Merkel, die permanent Recht bricht und die den Bückling vor diesem Affen macht) hätten oder materielle Anreize (wieder insbesondere D mit seinen viel zu attraktiven Asylbewerberleistungen) setzen würden, welche die eigentliche Ursache für den starken Fluchtanreiz aus Armutsregionen dieser Welt sind.
Es bedarf keines europäischen Bundesstaates, per dem die europäischen Völker undemokratisch fremdbestimmt werden.
Skyjumper
10. Juni 2016 @ 18:33
@ Peter Nemschak https://lostineu.eu/gescheitert-2/#comment-21323
Das sehe ich in der Theorie ganz genauso. Allerdings lehrt die Entwicklung und die Erfahrung daraus, sowohl in den USA, aber auch in der Bundesrepublik z.B., dass die Zentralregierungen dazu neigen immer weitere Kompetenzen an sich zu ziehen.
Zum Teil weil sie über den Weg der Steuerfestsetzungen die Kuh mit den dicksten Eutern ist, welche die Gliedstaaten gerne melken wollen, was sich die Zentralregierung aber durch Kompentenzabtretung “vergolden” lässt (in der BRD gut an der Bildungspolitik oder im Wohnungsbau zu beobachten), zum Teil durch die Umdefinierung von Aufgaben (in der BRD gut an der Bundespolizei zu sehen).
Was ist denn von den ehemals recht deutlich föderal ausgeprägten Strukturen in Deutschland noch übrig? Kaum etwas. Die für die Änderungen des GG jeweils erforderlichen 2/3 Mehrheiten sind dabei leider auch nie ein Hindernis gewesen.
Von daher lehne ich die im Prinzip gute Idee ab.
Peter Nemschak
10. Juni 2016 @ 08:26
Etwas zynisch könnte man das als gelebte Subsidiarität bezeichnen. Irgendwann wird jemand die Telefonverbindungen zwischen de Regierungschefs und jene zwischen diesen und den Kommissionsmitgliedern knacken. Dann wird man wissen, wie es tatsächlich um die EU steht. Fest steht, dass die letzte EU-Erweiterung die zentrifugalen Kräfte gestärkt hat – kein Wunder bei den entstandenen geografischen und kulturellen Entfernungen. Was scheren Irland und Portugal die Ukraine oder Polen und Dänemark die Arbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland? Jeder ist mit seiner eigenen nationalen Agenda beschäftigt, oft auch überfordert. Für letzteres ist Österreich ein abschreckendes Beispiel.