Gefährdet Italien die Stabilität? – Hilfen nur für Musterschüler!
“Stabilitätswächter” gegen “Schuldensünder” – so wird der Streit zwischen der EU-Kommission in Brüssel und der Regierung in Rom gerne dargestellt. Doch gefährdet Italien wirklich die Stabilität des Euros?
“Mit dem, was die italienische Regierung auf den Tisch gelegt hat, sehen wir die Gefahr, dass das Land in die Instabilität schlafwandelt”, sagte EU-Kommissar Dombrovskis, um die Einleitung eines Defizitverfahrens zu begründen.
Mit einem höheren Defizit könne der italienische Schuldenberg von über 130 Prozent der Wirtschaftsleistung außer Kontrolle geraten, warnte der Kommissar. Dies könne auch die Stabilität der gesamten Eurozone gefährden.
Auf Nachfrage räumte Dombrovskis aber ein, dass es bisher noch keine „Ansteckungsgefahr“ für andere Euroländer gebe. Der Euro sei stabil, die Defizite in der Währungsunion lägen auf einem historischen Tiefststand, die Schulden auch.
Selbst die seit der Eurokrise berüchtigten „Spreads“, die Risiko-Aufschläge auf italienische Staatsanleihen, liegen noch nicht in einem gefährlichen Bereich. Am Mittwoch gingen sie sogar zurück, wie die “FT” berichtet.
Grund dafür waren Gerüchte, dass der starke Mann in Rom, Innenminister Salvini, zu Kompromissen bereit sein könnte. Der dementierte das prompt – trotzdem waren Anleihen gefragt, die Spreads gingen zurück.
Das dürfte Hardliner wie den deutschen Budgetkommissar Oettinger ärgern, der offen auf eine “Disziplinierung” Italiens durch die Märkte gesetzt hatte. Sie ist nicht eingetreten – jedenfalls noch nicht.
Sollten die Spreads jedoch in die Höhe schnellen – z.B. im Januar, wenn das Defizitverfahren beginnen soll, könnte sich das als Bumerang erweisen. Denn dann würde nicht nur Italien leiden, sondern die ganze Eurozone…
WATCHLIST:
- It is not over until it’s over. Das gilt auch für den Brexit. Bei einem Blitzbesuch von Premierministerin May bei Kommissionschef Juncker in Brüssel am Mittwochabend sind neue Probleme aufgetaucht. Worum es dabei geht, wollte May nicht verraten – doch es ist offenbar so ernst, dass sie am Samstag erneut zu Verhandlungen nach Brüssel kommt. Dann bleiben nur noch wenige Stunden bis zum Brexit-Sondergipfel am Sonntag. Der soll eigentlich schon um 12h beendet sein – doch mittlerweile scheint nicht einmal ausgeschlossen, dass der Gipfel platzt. Warum das so ist, steht hier
WAS FEHLT:
- Der neue Euro-Währungsfonds. In Berlin schweigt man sich aus, doch nun sind Pläne aus dem BMF durchgesickert. Demnach sollen Finanzhilfen in Notlagen nur an jene Euroländer ausgezahlt werden, die alle Stabilitätskriterien erfüllen – auch die 60-Prozent-Schwelle für den Schuldenstand. Das ist grotesk, denn nicht einmal Deutschland hält diese Zielmarke derzeit ein. Wenn überhaupt, kämen also nur ganz wenige Musterschüler in den Genuss von Hilfen ohne Auflagen. Alle anderen bekämen in der Not Besuch von der Troika – oder müßten gar mit Insolvenz rechnen. Schöne Aussichten…
Oudejans
22. November 2018 @ 19:30
>>”Das dürfte Hardliner wie den deutschen Budgetkommissar Oettinger ärgern, der offen auf eine “Disziplinierung” Italiens durch die Märkte gesetzt hatte.”
Die Süffisanz seines Buddys Dijsselbloem ist worrisome:
https://www.cnbc.com/video/2018/10/18/italys-situation-is-pretty-worrisome-dijsselbloem.html
Hat der Mann eine persönliche Rechnung mit IT offen?
Peter Nemschak
24. November 2018 @ 08:05
Warum sollen die anderen EU-Mitglieder die Verschuldungspolitik der italienischen Regierung unterstützen? Hätte Italien eine eigene Währung, würden rasch steigende Zinsen dieser Politik einen Riegel vorschieben.
Peter Nemschak
22. November 2018 @ 10:30
Die Märkte kann man im Vergleich zu den Politikern schwer abwählen. Sie sind aber wirksam – bloß eine Frage der Zeit. Die italienische Regierung wird nicht umhin kommen, sich in Zukunft die Budgetfinanzierung noch stärker als bisher im Inland zu holen oder den reicheren Teil der italienischen Bevölkerung stärker zu besteuern, um eine massive Umverteilung nach unten zu finanzieren. Das wird ähnlich wie seinerzeit in Griechenland zur Kapitalflucht der Reichen führen und Unmut beim gehobenen Mittelstand auslösen. Die Italiener haben es in der Vergangenheit stets bevorzugt, ihrem Staat Geld zu leihen statt Steuern zu bezahlen. Wenn die Kreditwürdigkeit Italiens sinkt, wird auch die Bereitschaft der Italiener sinken italienische Staatsanleihen zu kaufen. Erste Anzeichen von Kreditmüdigkeit soll es bereits geben. Die Zeit arbeitet nicht für die Populistenregierung Italiens.