Für Lehne wirds eng, für die Nato wirds ernst – und die EU fördert (Hof-)Berichterstattung

Die Watchlist EUropa vom 30. November 2021 –

Der Chef des Europäischen Rechnungshofs, der deutsche CDU-Politiker Klaus-Heiner Lehne, wehrt sich gegen den Vorwurf des Betrugs und Missmanagements. Lehne werde eine Sondersitzung im Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments am Dienstag in Brüssel nutzen, um die Vorhaltungen zu entkräften, kündigte sein Sprecher an.

Die französische Tageszeitung „Libération“ hatte über eine „fiktive“ Wohnung in Luxemburg, überhöhte Spesen und intransparentes Finanzgebaren berichtet. Lehne wird unter anderem vorgeworfen, 325.000 Euro zu viel an Miet-Zuschüssen kassiert zu haben. Neben Lehne sollen auch mehrere seiner Mitarbeiter in die Affäre verwickelt sein.

Die Vorwürfe werden im Europaparlament ernst genommen. Wenn es stimmen sollte, dass Lehne eine Tarnadresse in Luxemburg hat und Aufwandsentschädigungen in die eigene Tasche steckt, sei er nicht mehr zu halten, heißt es in Brüssel. Als Präsident des Rechnungshofes habe er eine Vorbildfunktion und dürfe sich keine Fehler leisten.

Das Europaparlament fordert seit langem mehr Transparenz. Anfang November hatte der Haushaltskontrollausschuss einen langen Fragebogen an den Rechnungshof geschickt, um mögliches Missmanagement aufzudecken.

Die Abgeordneten wollten unter anderem wissen, was die drei größten Erfolge der europäischen Rechnungsprüfer seien. Außerdem fragten sie nach dem Schaden, der durch Lehnes Ex-Kollegen Karel Pinxten entstanden sei.

Der frühere belgische Verteidigungsminister Pinxten war 2018 vorzeitig aus dem Rechnungshof ausgeschieden, weil er private Luxusreisen, Jagdausflüge und Besuche auf einem burgundischen Weingut als Betriebsausgaben geltend gemacht haben soll. Außerdem soll er monatelang durch Abwesenheit in Luxemburg geglänzt haben.

Der Schatten der Pinxten-Affäre

___STEADY_PAYWALL___

Die Antwort der Rechnungsprüfer ist ernüchternd: Als grössten Erfolg des Jahres 2020 nannten Lehne und seine Mitarbeiter die Anpassung ihrer Arbeit an die Corona-Pandemie – und nicht etwa die Aufdeckung von Geldverschwendung im EU-Budget, was ihr eigentlicher Job ist.

Durch die Pinxten-Affäre sei ein Schaden von 570,823.61 Euro entstanden, räumten sie kleinlaut ein. Doch offenbar hat der Rechnungshof aus diesem Skandal nicht viel gelernt.

Die Vorwürfe gegen Lehne erinnern jedenfalls stark an den Fall Pinxten. Auch jetzt geht es – neben den „fiktiven“ Mietkosten – wieder um Spesenabrechnungen und längere Abwesenheit.

Düsseldorf statt Luxemburg

Statt wie vorgeschrieben in Luxemburg halte sich Lehne die meiste Zeit in seiner Heimatstadt Düsseldorf auf, so Libération.

Lehnes Sprecher Fabrice Mercade weist diesen Vorwurf zurück. „Alle Mitglieder des Rechnungshofs arbeiten und residieren in Luxemburg“, antwortete er auf Nachfrage dieser Redaktion. Das Spesen-Management sei transparent und werde eingehend überprüft.

Auch der Vorwurf, dass Lehne weiter in der CDU tätig ist, sei falsch. Die CDU-Ratsfraktion in Düsseldorf führt ihn allerdings bis heute als Ehrenvorsitzenden…

Siehe auch “Rechnungshof: Kontrolleure außer Kontrolle?”

Watchlist

Heizt die Nato den Konflikt an ihrer Ostflanke weiter an? Dies dürfte sich beim Treffen der Außenminster am Dienstag in Riga zeigen. Es geht um den Konflikt mit Belarus sowie den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Nato-Generalsekretär Stoltenberg hatte Russland zuletzt vor einem Angriffs auf die Ukraine gewarnt. Belarus ist allerdings immer noch Nato-Partner – und die Ukraine ist nicht einmal Mitglied… Siehe auch “Säbelrasseln um die Ukraine”

Was fehlt

Der neue EU-Newsroom in Brüssel. Die EU fördert einen europäischen Newsroom, in dem 16 Nachrichtenagenturen aus verschiedenen Ländern in Zusammenarbeit über Europa berichten sollen. Das Projekt laufe 2022 an und werde mit 1,76 Millionen Euro bezuschusst, erklärte die EU-Kommission am Montag in Brüssel. Die Führung soll die Deutsche Presseagentur übernehmen. Hoffen wir, dass es nicht zu viel Hof-Berichterstattung wird!?