Plötzlich will sogar die EU Schulden machen (trotz Verbot)
Wenn es darum geht, die Empörung über mangelnde Solidarität zu dämpfen, wird Kommissionschefin von der Leyen erfinderisch. Sie will nun sogar Schulden machen – dabei ist das laut EU-Vertrag strikt verboten.
Im Kampf gegen die Coronakrise und ihre dramatischen wirtschaftlichen Folgen könnte es künftig europaweit ein Kurzarbeitergeld nach deutschem Vorbild geben. Dies hat die EU-Kommission vorgeschlagen. Gleichzeitig plädierte der französische Finanzminister Bruno Le Maire für einen neuen Corona-Hilfsfonds. Beide Vorschläge schlössen sich nicht aus, hieß es in Paris.
Die Pläne sind Teil einer kontrovers geführten Debatte über Nothilfen und Wiederaufbau-Programme. Beim EU-Gipfel vor einer Woche hatten sich die Staats- und Regierungschefs über die Frage zerstritten, ob die EU-Staaten gemeinsame Anleihen, so genannte Coronabonds, begeben sollen.
Italien, Spanien und Frankreich waren dafür, Deutschland und die Niederlande strikt dagegen.
Auch von der Leyen hat sich gegen Coronabonds ausgesprochen. Um den Eindruck zu zerstreuen, sie habe keine eigenen Ideen und folge lediglich den Wünschen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, hat sie nun einen eigenen Plan ausgearbeitet.
Zentraler Punkt ist „Sure” – eine Unterstützung für Kurzarbeiterprogramme in den EU-Staaten, die vor allem Italien und Spanien helfen soll und sich am deutschen Modell orientiert.
Von der Leyen sagte, sie habe ihren Plan bereits im Kreis der Staats- und Regierungschefs angerissen und mit einigen von diesen auch näher besprochen. Die Reaktionen seien positiv und sie rechne mit einer raschen Verabschiedung.
Allerdings ist die Finanzierung unklar. Die Kommission will für „Sure“ und andere Hilfen insgesamt 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen.
Nach EU-Recht ist eine Verschuldung aber eigentlich nicht zulässig. Von der Leyen hat sich daher ein trickreiches Modell ausgedacht: Mehrere EU-Staaten sollen freiwillig “glaubhafte, unwiderrufliche und verbindliche Garantien” in Höhe von 25 Milliarden Euro abgeben – müssen aber kein Geld einzahlen.
Mit den Garantien als Rückendeckung “leiht sich die Kommission Geld an den Finanzmärkten”, wie es in einer Erklärung der Brüsseler Behörde heißt.
Die Kommission würde dann die Kredite zu günstigen Konditionen an die Staaten weitergeben. Außerdem will die EU-Behörde die Regeln für die Vergabe von Strukturhilfen lockern. Es gehe darum, alle verfügbaren Mittel für den Kampf gegen Corona zu mobilisieren, sagte von der Leyen.
Einen anderen, weitreichenden Vorschlag machte die französische Regierung in Paris. Finanzminister Le Maire stellte Pläne für einen Corona-Hilfsfonds vor, der vor allem für den Wiederaufbau nach der Krise geplant ist.
Dieser Fonds solle über gemeinsame Anleihen oder eine Art Solidaritätszuschlag finanziert werden, sagte er. Paris stehe dazu auch mit den Bundesregierung in Kontakt.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz lehnt gemeinsame Anleihen jedoch ab. Bisher war Berlin auch strikt gegen die Möglichkeit, eine Verschuldung der EU-Kommission zuzulassen.
Doch nun, da es um das deutsche “Modell” Kurzarbeitergeld geht, könnte sich das ändern…
Siehe auch “Wir sitzen alle im selben Boot – really?”
P.S. Eben erreichen mich Zahlen vom Europäischen Gewerkschaftsbund zum Kurzarbeitergeld. Deutschland steht im EU-Vergleich nicht so toll da, wie man in Berlin wohl denkt:
Short-time work allowance as a percentage of normal wages in selected countries:
Net wages:
Ireland: 100%
Austria: 80-90%
France: 84%
Spain: 70%
Germany: 60 – 67%
Baer
4. April 2020 @ 10:09
Es reicht,wer schenkt Deutschland etwas,obwohl unsere Politiker ebensolche Defizite aufweisen wie Übrigen EU Länder?
Jedes Land ist für seine politische und gesellschaftliche Misere selbst Verantwortung.
European
4. April 2020 @ 12:41
Wenn in einem Binnenmarkt ein Land immer Überschüsse macht, die an das dreifache des möglichen Defizits herankommen, muss es in diesem Binnenmarkt mindestens 3 Defizitländer geben, insbesondere dann, wenn diese Länder die gleichen Produkte herstellen.
Es muss Überschussverfahren gegen Deutschland geben, damit das aufhört.
Außerdem muss es eine offizielle Untersuchung in Brüssel geben, die die Auswirkungen des massiven Lohndumpings in Deutschland auf seine Wirkung im europäischen Binnenmarkt untersucht.
Holly01
4. April 2020 @ 12:47
Hr. Baer,
handeln, kann man nur wenn man Handelspartner hat.
Jedes andere Land kaputt zu machen ist für eine Handelsnation einfach nur dumm.
Deutschland wurde nach dem DoppelWK “vom Haken” gelassen. Wir wurden nicht ruiniert.
Es gibt aber eine Menge Leute in Europa die das heute für einen Fehler halten. Auch oder weil sich Deutschland so mies verhält.
Das ist kein “schenken” das ist für Deutschland gut. Das dient dem Deutschen Selbsterhalt.
Freunde sind auch Konkurrenten, aber eben keine Feinde oder Opfer …
vlg
Alexander
4. April 2020 @ 17:57
@Baer:
“Hoch verschuldet, ohne Zugang zu frischem Kapital, mißtrauische Gläubiger – das war Deutschland 1953. Vor 60 Jahren wurde der Bundesrepublik die Hälfte ihrer Schulden erlassen. Der Grundstein für das Wirtschaftswunder.”
https://www.dw.com/de/ohne-schuldenerlass-kein-wirtschaftswunder/a-16630668
Aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Deutschland damals zu einem Acker geworden wäre!
Holly01
4. April 2020 @ 10:09
Einer, wenn nicht DER qualifizierteste Fachmann für “Recht” im Zwiespalt BRD vs EU mit starkem Bezug zum Euroregime. Er wird “Rechts” oder “Neu Rechts” eingeordnet. Ich denke man will ihn nur aus dem main stream raus haben.
” https://www.kaschachtschneider.de/staatsschulden-wider-dieschuldenbremsen/ ”
von Karl Albrecht Schachtschneider
vlg
Oudejans
3. April 2020 @ 16:08
>>”so genannte Coronabonds”
https://www.cicero.de/sites/default/files/styles/max_2600x2600/public/2020-04/coronabondschutzbunt.jpg?itok=y9s2qZXS
Freiberufler
3. April 2020 @ 14:12
Von Hans-Werner Sinn stammt der Vorschlag, Deutschland sollte das Geld bilateral einfach schenken. Der Bundestag beschließt, Italien 20 Milliarden Euro zu schenken. Punkt. Wäre zumindest eine ehrliche, klare Sache und kein EU-Verschiebebahnhof.
European
4. April 2020 @ 10:26
Wenn Hans Werner Sinn das sagt, dann weiß er ganz genau, dass diese 20 Mrd viel zu wenig sind und Deutschland den Südländern einschließlich Frankreich viel mehr schuldet.
Als Geschenk kommt das nur viel besser rüber.
Holly01
3. April 2020 @ 11:32
Wir sehen die Inszenierung der Corona-Epidemie als Chance für Kapital und Staatsmacht, im Schulterschluss mit weiten Teilen der Bevölkerung und gesellschaftlichen Institutionen oder über diese hinweg, die vermeintliche historische Endkrise des kapitalistischen Weltsystems zu überwinden und einen staatlich organisierten Kapitalismus zu errichten, wie wir ihn bisher nicht kannten. “
aus “ https://www.heise.de/tp/features/Post-Corona-4695731.html?seite=all
von Hannes Hofbauer und Andrea Komlosy
lesenswert finde ich.
vlg