Freibrief für China

Die EU und China haben ihren Handelsstreit über Solarpaneele beigelegt. EU-Handelskommissar De Gucht wählte einen “innovativen” Ansatz, der den Chinesen sowohl niedrige Preise als auch einen hohen Marktanteil garantiert. Zahlen nannte er nicht – doch wenn sich Schätzungen bestätigen, war dieser Konflikt für die Katz.

Selten ist ein Handelsstreit derart politisiert worden wie dieser. Obwohl die Klage von einem deutschen Unternehmen ausging, setzte Deutschland alles daran, Strafzölle zu vermeiden und De Gucht zu bremsen.

Zwar schaffte es Kanzlerin Merkel nicht, die europäischen Sanktionen ganz zu verhindern – denn in der Handelspolitik liegt das Initiativrecht bei der EU-Kommission.

Doch sie hat De Gucht derart geschwächt, dass er nun ganz im Sinne der Kanzlerin entschied. Der größte Antidumping-Fall sei mit einem “Wimmern” zu Ende gegangen, schrieb die “New York Times”.

Wenn die Zahlen stimmen, die die Solarlobby verbreitet, hat China, das jetzt schon fast 80 Prozent des europäischen Solar-Marktes beherrscht,  einen Freibrief zum Export zu Tiefstpreisen erhalten. Zitat aus “Finanzen.net”:

“Ein Mindestpreis zwischen 55 und 57 Eurocent, wie er jetzt in Rede steht, würde exakt auf der Höhe des aktuellen Dumpingpreises für chinesische Module liegen”, erklärte der Präsident des Verbandes EU Pro Sun, Milan Nitzschke. Gleichzeitig solle eine zollfreie Importmenge festgelegt werden, die rund 70 Prozent des EU-Marktanteils betrage. “Das ist quasi eine Absatzgarantie für China und ein Freibrief, weiter zu Dumpingpreisen zu verkaufen. Ein klarer Verstoß gegen das europäische Handelsrecht”, so Nitzschke.

Klar, man muss diese Einschätzung mit Vorsicht genießen. Die EU-Kommission will erst Anfang August eine endgültige Entscheidung treffen – und dann auch offizielle Zahlen nachliefern.

Doch die positiven Reaktionen aus China und Deutschland (und die Kritik aus den USA) deuten darauf hin, dass De Gucht – ein Belgier – den Chinesen sehr weit entgegen gekommen ist.

Wenn es bei diesen Zahlen bleibt, war der Handelsstreit wahrscheinlich wirklich unnötig, wie die deutsche Industrie moniert. Die Kommission hat sich aufgeblasen – und ist sogleich wieder eingeknickt.

Schwamm drüber, könnte man sagen – wenn es nicht doch um Grundsätzliches ginge. Zum einen vertreten viele Experten die Ansicht, dass De Guchts “innovativer” Ansatz gegen die WTO-Regeln verstößt und China bevorzugt.

Zum anderen sieht es nun so aus, als könne Brüssel gegen die geballte Macht der Exportjunkies Deutschland und China nicht mehr viel bewegen.

Last not least leitet De Gucht auch die Freihandelsgespräche mit den USA. Wenn er auch da so eine schwache Figur macht, dann dürfte Europa als großer Verlierer aus diesen Verhandlungen hervorgehen…

Siehe zu diesem Thema auch “Das China der Eurozone”