Wem nützt Korruption?
Rund 120 Mrd. Euro soll die Korruption Europas Wirtschaft im Jahr kosten. Dies behauptet die EU-Kommission in ihrer ersten, viel beachteten Studie zum Thema. Doch wie kommt diese Zahl zustande, gibt es keine Nutznießer?
Die Brüsseler Behörde gibt in einem “Q&A” keine Auskunft. Dort wird nur auf externe Experten verwiesen. Warum man nicht die eigenen Experten von der Antibetrugsbehörde OLAF gefragt hat?
Und wieso hat es eigentlich so lange gedauert, bis der Bericht endlich veröffentlich wurde? Offenbar gab es massive Pressionen von den Mitgliedsstaaten – doch von welchen? Was wurde geändert?
Merkwürdig auch die Formulierung, “die europäische Wirtschaft” erleide durch Korruption Schaden. So weit bekannt, zahlt “die Wirtschaft”, um an Aufträge zu kommen, die ihr sonst womöglich entgangen wären.
Zudem passt dies nicht zu der von der EU verwandten Definition, wonach Korruption jede Art von ‘abuse of power for private gain’ sei soll. Wieso werden dann private Unternehmen als Opfer dargestellt?
Und wieso Deutschland in dem Bericht relativ gut abschneidet, ist mir auch schleierhaft. Lange Zeit war Schmiergeld bei uns sogar von der Steuer absetzbar. Und war da nicht mal was mit Siemens in Griechenland?
Immerhin spießt Kommissarin Malmström das “Drehtür-“-Prinzip in der deutschen Politik auf. Doch auch da werden weder Ross (Von Klaeden) noch Reiter (Merkels Kanzleramt) genannt.
Und die Verquickung von privaten Interessen mit politischen Entscheidungen zugunsten von Daimler und BMW (Brüsseler CO2-Streit) ist schon gar kein Thema.
Wer sich dafür interessiert, sollte vielleicht mal in diesem Blog nachlesen, zum Beispiel hier...
ebo
5. Februar 2014 @ 09:15
Lesetipps fü @Johannes
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/moegliche-vorteilsnahme-staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-eckart-von-klaeden-12646314.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/nach-schmiergeldaffaere-siemens-erlaesst-griechen-80-millionen-euro-schulden-a-820225.html
http://www.wiwo.de/unternehmen/korruption-deutschlands-spektakulaerste-bauskandale/5563676.html
in zwei Minuten zusammengestellt, eine intensivere Recherche ergibt mit Sicherheit mehr…
Johannes
5. Februar 2014 @ 00:39
Uff, klar, Ebo, Deutschland ist schuld an allem, danke, ich brauch das Blog hier wirklich nicht mehr lesen.
fufu
4. Februar 2014 @ 22:12
Wie waere es denn mit der Korruption der Politik gegenueber dem Buerger zwecks Erzeugung von Konsens durch unerfuellbare Versprechungen wie kuenftige Renten, oder Sozialleistungen auf Pump, allgemein durch ein Geldsystem basierend auf Kredit. Ebenso in der Aussenpolitik, EU-Erweiterung …
ebo
4. Februar 2014 @ 21:13
Das ist typisch für diese EU-Kommission: ein ungenauer, populistischer Sprachstil. Natürlich schadet Korruption nicht “der Wirtschaft”, sondern vor allem den öffentlichen Einrichtungen und ihren Steuerzahlern, die zu viel für Bauten und Dienstleistungen zahlen müssen. Nutznießer sind nach der selbst gewählten Definition vor allem private Firmen und Individuen, die die Hand aufhalten. Insbesondere die Privatisierung, die diese Kommission massiv betreibt, ist ein ausgezeichneter Nährboden für Korruption…
Peter Nemschak
5. Februar 2014 @ 08:50
Die Privatisierung ist, wie das Beispiel Österreichs unter Schwarz/Blau zeigte, ein besonders anfälliger Bereich, neben dem Einkauf. Was sich derzeit in Ungarn abspielt (kalte “Verstaatlichung” unter dem Titel “Reungarisierung” in die privaten Taschen der Regierenden) scheint in Brüssel verdrängt zu werden. Gläserne Prozesse helfen, sind aber auch keine Garantie gegen menschliche Gier und Fehlverhalten.
Peter Nemschak
4. Februar 2014 @ 09:29
Am Ende sind alle schuld — und keiner (cosi fan tutte). Mit “europäischer Wirtschaft” sind wohl jene gemeint, die nicht schmieren. Solche soll es auch geben, auch wenn sie von den anderen belächelt werden. Es ist bei Korruption leider wie bei Kapitalverbrechen: Strafen schrecken nicht wirklich ab, sondern machen nur erfinderisch. Whistleblowing mag unsympathisch sein, ist aber ein unverzichtbares Mittel im Kampf gegen die Korruption, ebenso wie der (ausbaufähige) Kronzeugenschutz, um die Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Ob und wie sich Big Data auf die Entwicklung der Korruption auswirken wird, bleibt spannend.