Finnland ist durch den Nato-Beitritt nicht sicherer geworden – im Gegenteil
Vom Nato-Beitritt hat sich Finnland mehr Sicherheit versprochen. Doch seither lebt die finnische Gesellschaft in Angst vor Krieg – und nun baut Russland eine Militärbasis. Wird der Beitritt zum Fluch?
Jahrzehntelang genoß Finnland ein friedliches Miteinander mit Russland – ohne Grenzbefestigungen und ohne US-Militärs. Dann kam der Ukraine-Krieg – und Helsinki drängte in die Nato.
Doch seitdem ist die Sicherheitslage nicht etwa besser geworden – im Gegenteil. Die finnische Gesellschaft lebt nun in ständiger Angst vor Krieg, baut Bunker und Grenzbefestigungen.
Einen objektiven Grund gab es dafür nicht – bis jetzt. Denn nun hat Russland begonnen, in Petrosawodsk, ca. 200 Kilometer von der Grenze, ein neues militärisches Hauptquartier aufzubauen.
Keine akute Gefahr
Moskau reagiert damit offenbar auf einen neue Nato-Stützpunkt in Mikkeli. Diese Stadt ist ca. 200 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, etwa ebenso weit wie Petrosawodsk von der finnischen Grenze.
Wer reagiert hier eigentlich auf wen, fragt das “Blättchen”. Die Antwort liegt wohl auf der Hand: Russland reagiert auf den Aufmarsch der Nato, zu der ja auch amerikanische Streitkräfte gehören.
Allerdings ist die russische Aufrüstung noch längst nicht so bedrohlich wie einst an der Grenze zur Ukraine, wie die “New York Times” berichtet. Von einer akuten Kriegsgefahr kann keine Rede sein.
Angst vor Frieden
Allerdings haben die Finnen nun plötzlich Angst vor einem möglichen Ende des Krieges in der Ukraine – denn dann würden russische Truppen frei und könnten verstärkt auch an die finnische Grenze kommen.
Es ist ein Teufelskreis: Die eigene Aufrüstung provoziert eine Antwort, die die Lage unsicherer macht – bis zu dem Punkt, wo sogar plötzlich der Frieden als unberechenbare Gefahr erscheint…
Neu ist das übrigens nicht. In Fachkreisen spricht man vom “Sicherheitsdilemma”. Aber davon hat die Nato natürlich nichts gesagt, als sie Finnland und Schweden die Mitgliedschaft anbot…
Mehr zur Nato hier
P.S. Wenn Finnland nicht sicherer wird, gilt dasselbe für die Nato. Aber das war ohnehin klar – denn sie bekam durch den Beitritt eine tausende Kilometer lange, kaum zu überwachende Grenze mit Russland….
Kleopatra
26. Mai 2025 @ 07:57
Es gab eine Zeit, in der die NATO in ihren östlichen Mitgliedstaaten nur wenig Militär stationiert hat, um Russland nicht zu verschrecken. Die Idee war seinerzeit, dass bei einem etwaigen Angriff eine gewisse Menge NATO-Territorium zunächst eingenommen würde und man den Angreifer (was freilich im hypothetischen Fall schon damals Russland gewesen wäre) dann zurücktreiben würde.
Seit die russische Armee allerdings in der Ukraine an vielen Orten mit Raub, Vergewaltigung und Mord gezeigt hat, wie sie sich in besetzten Gebieten um das Kriegsvölkerrecht einen Teufel schert, werden Pläne, die ein vorübergehendes Vordringen der russischen Armee auf NATO-Gebiet in Kauf nehmen, nicht mehr als akzeptabel angesehen, sondern der Auftrag lautet, jede Grenzüberschreitung sofort abzuwehren. Insofern hat die russische Armee durch ihre verbrecherische Art der Kriegsführung in Hauptmotiv der Aufrüstung auf westlicher Seite geliefert. (Und mit Abwandlungen eben auch für den NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens).
KK
23. Mai 2025 @ 12:18
“Aber davon hat die Nato natürlich nichts gesagt, als sie Finnland und Schweden die Mitgliedschaft anbot…”
Ich bin geneigt zu wetten, dass man aus der NAhTOd auch wieder austreten kann… denn war da nicht was mit “Selbstbestimmungsrecht” und “freie Bündnisewahl”?
Michael Conrad
23. Mai 2025 @ 11:13
Früher wurde die sogenannte Finnlandisierung als negatives Etikett für
Neutralitätsbestrebungen verwendet.
Dabei haben die Finnen sehr gut in diesem neutralen Finnland gelebt. Eine Form dieser
Finnlandisierung wäre auch eine realistische Möglichkeit den Ukraine Krieg zu beenden. Auch Österreich hat nach dem Krieg stark von seiner Neutralität profitiert.
Aber die EU ist nicht fähig zu strategischer
Neuorientierung und zur Entwicklung realistischer Friedens- und Sicherheitskonzepte.
Kleopatra
24. Mai 2025 @ 10:27
„Finnlandisierung“ bedeutete nicht nur, die Sowjetunion nicht militärisch anzugreifen, sondern auch in Finnland Unterdrückung sowjetfeindlicher Meinungen und den Zwang, vor allem mit der SU Handel zu treiben etc. Das soll man nichts schönreden.
KK
24. Mai 2025 @ 13:02
“…Unterdrückung sowjetfeindlicher Meinungen und den Zwang, vor allem mit der SU Handel zu treiben…”
Selbst, wenn Sie mal ausnahmsweise Recht hätten: Besser, als staatlich geförderter Russenhass und immer weiter eskalierendem Handelsboykott, an dessen – offensichtlich billigend in Kauf genommenem, wenn nicht gar gewünschtem – Ende ein dritter Weltkrieg steht!
Monika
23. Mai 2025 @ 11:11
@Karl “DIE” Finnen im Sinne der finnischen Bevölkerung sind sicher über die neue NATO-Mitgliedschaft zumindest gespalten, wenn nicht in großer Mehrheit unfroh damit.
Und Ja, ich gebe ihnen recht, die finnischen Politikdarsteller sind wie die französischen, englischen, besonders auch die deutschen Politikdarsteller mittlerweile die rechte Hand der Kriegslobbyisten. Die spielen im Moment “das ganz große Blatt”, sozusagen “all in”, wir “wollen sehen”…
Das ganze “geile Gerät” muss doch mal auf seine Wirksamkeit überprüft werden, natürlich “nur” um damit weiterhin wirksam abschrecken zu können…
Mit sehr viel Dusel, Glück haben wir den Kalten Krieg mit dieser “Strategie der maximalen Abschreckung” überlebt. Nun wird uns das zufällige Überleben als Beweis verkauft, dass diese “Wahnsinnsstrategie “erfolgreich uns jahrzehntelang DEN Wohlstand, DIE Freiheit und DIE Sicherheit” beschert habe. Jetzt muss “noch eins drauf” und die Wirksamkeit der Abschreckung durch maximale Eskalation eines Stellvertreterkriegs bewiesen werden. Im Grunde aber soll damit die bereits gescheiterte neoliberale Spielart eines entgrenzten Kapitalismus noch eine Spur länger am Laufen bleiben, Spieler sind Süchtige. Mit allen Konsequenzen wie Weiterspielen bis zur Selbstzerstörung und weil natürlich diese Spieler ihre Lebensart als einzig lebenswerte betrachten, ist es auch nicht weiter schlimm wenn alle anderen Menschen mit ins Gras beissen.. Vgl. Hitler mit seinem berühmten Ausspruch: dass DIE Deutschen wenn sie zu schwach zum Siegen sind, ihren Untergang verdient haben…
Josef Berchtold
23. Mai 2025 @ 09:14
Was hat Putin gesagt, dass die Finnen sich so erschrocken haben?
ebo
23. Mai 2025 @ 09:33
Haben Sie den Artikel gelesen? Nichts hat er gesagt…
european
22. Mai 2025 @ 22:39
Die Finnen können eigentlich ganz beruhigt sein.
Die EU hat nichts zu bieten, was Russland nicht schon hat. Land, Rohstoffe, Technologie, Ingenieure und eine Bevölkerung, die nach oben will. Ganz im Ernst, was soll Russland mit einem zerstrittenen Kontinent mit vielen verschiedenen Kulturen und Sprachen, ohne nennenswerte Rohstoffe und dem Willen zur kulturellen und technischen Weiterentwicklung jenseits von wokeness?
Deutschland hat mWn 7 Lehrstühle für Kernphysik aber über 200 für Genderfragen. Damit sichern wir für Abertausende die CO2-freien Jobs der Zukunft. 😉
Wir sind so bekloppt, dass es schon weh tut.
Karl
23. Mai 2025 @ 08:54
Sie plappern das dumme Zeug der Wirtschaftslobbyisten aus der CDU nach, wie es die ‘Welt’ gern veröffentlicht: https://www.welt.de/politik/deutschland/plus247341858/Deutschland-Acht-Lehrstuehle-fuer-Kernforschung-aber-173-Lehrstuehle-fuer-Genderforschung.html
Zählen Sie die 200 Gender-Lehrstühle in Deutschland bitte auf: Wo sind sie? Weiß die Wirtschaftslobbyistin, wovon sie redet? Und Sie glauben wirklich, es gäbe nur 8 Lehrstühle in Deutschland, die sich mit Kernphysik befassen. Das hat noch nicht einmal die Wirtschaftslobbyistin gesagt.
Und wozu brauchen wir die Atomkraft, die Frankreich bereits in die Staatspleite treiben? Nur für Atomwaffen machen Atomkraftwerke Sinn, das wusste bereits Verteidigungsminister F. J. Strauß, der sie in Deutschland eingeführt hat: die teuerste und tödlichste Energie überhaupt, aber sehr lukrativ für Wirtschaftslobbyisten.
european
23. Mai 2025 @ 09:34
@Karl
Ich hoffe doch sehr, dass es Ihnen jetzt besser geht. Nicht dass Sie hier noch einen Herzinfarkt bekommen. 😉
Guido B.
22. Mai 2025 @ 18:25
“Frieden durch Abschreckung” bzw. “Frieden durch Stärke” bedeutet nichts anderes, als den Feind durch endlose Aufüstung maximal zu bedrohen. Das ist die Bankrotterklärung des intelligenten Lebens und der kollektive Rückfall in die Barbarei.
Michael
22. Mai 2025 @ 17:20
Was heißt „Finnland“! Ganz Europa, insbesondere die NATO und EU Mitgliedstaaten dienen den USA als Bollwerk, vorderste Verteidigungs- oder Angriffs- Linie, ganz nach Wusch des Hegemon! Besonders Deutschland ist ein höchstes Sicherheitsrisiko bedingt durch die strategische Militärpräsenz, gefolgt von der Tschechei, Rumänien und Polen! Kurz gesagt: die NATO steht nicht für Sicherheit sondern für Sicherheitsrisiko! Das Paradoxe ist: die NATO selbst kreiert das Risiko!
Monika
22. Mai 2025 @ 20:20
Haben Finnen und Schweden nicht schon seit längerem an NATO-Übungen teilgenommen, auch wenn sie kein volles Mitglied waren? Sie hätten es also eigentlich wissen müssen…
In den Narrativen und dem Framing zu Beginn des Ukrainekriegs: die glasklare Vorstellung und Überzeugung von USA, EU und NATO Russland wäre mit den Ukrainern als den Bluthunden „ratz fatz“ zu ruinieren, die Liquidierung und Reorganisation Osteuropas und Russlands wäre quasi gesetzt, da sollten sie sich wohl entscheiden, ob sie auf der Siegerseite stehen wollen…Und haben den Köder endlich geschluckt, den die NATO schon lange Jahre gelegt hatte. Devise jetzt oder nie!
Nun ist alles ein wenig anders gekommen als projektiert… und nun wären sie wahrscheinlich froh, ihre Neutralität wieder zurückzubekommen.
Vielleicht sollten sie einfach den NATO-Beitritt rückabwickeln. Je länger sie damit warten umso schwieriger wirds… Vielleicht „wegen Nicht-Erfüllung“ der Vertragsgrundlage?
Michael
22. Mai 2025 @ 21:59
Ich kann nicht mehr mit Ihnen übereinstimmen als zu sagen: Sie haben recht!
Und die gefeierten deutschen Truppen in den Baltics (Litauen) – wie tragisch – werden im Ernstfall aufgerieben bevor ihnen bewußt sein wird wie ihnen geschieht! Wieder einmal! Bei diesen „Kleinsten“ ging es nie um Neutralität sondern immer nur darum die größten Kläffer zu sein wenn die Hunde bellen!
Karl
23. Mai 2025 @ 09:30
@Monika: “wären sie froh, ihre Neutralität wieder zurückzubekommen”:
Nein, sind die Finnen nicht! Haben Sie den rechtskonservativen Ministerpräsident Finnlands letzte Woche reden hören? Der eskaliert immer weiter, weil er jetzt in den für ihn neuen Militaristen-Clubs eine Rolle spielen will. Es ist genauso verflucht, wie Ebo schreibt!
Und die Sozialdemokraten Skandinaviens, die die Neutralität einst auf solide Grundlagen gestellt hatten, gibt es nicht mehr. Genau wie in Deutschland der Waffenlobbyist Klingbeil gibt es auch in Skandinavien Gestalten, die den Namen Sozialdemokratie für ihre fatalen Zwecke kapern.
Das Problem liegt darin, dass weite Teile vergessen haben, worauf die Existenzbedingungen eines Europas in Frieden und Wohlstand fundiert sind. Dieser Schwund an Wissen und politischer Kultur gehört wohl zu dem “Western im Niedergang”, den Emmanuel Todd analysiert.
Tatsächlich würde eine strategische Autonomie darin bestehen, dass sich Europa in der Mitte zwischen den USA und den Brics positioniert. Das böte nicht nur für die Wirtschaft enorme Vorteile. Dann wäre es gewungen, aus seinem Vasallenschatten herauszutreten, den Kopf wieder einzuschalten und sich um Verständnis und Diplomatie zu bemühen!