Gut gemeint, schlecht gemacht
Wie hat sich die EU in der Coronakrise geschlagen? Nicht gut, meint eine Mehrheit der Befragten im jüngsten “Eurobarometer”. Zudem wächst die Unzufriedenheit mit der Funktionsweise der Union.
Aus Umfragen lässt sich bekanntlich alles herauslesen. Vor allem, wenn es um die EU geht.
“Bürger haben weitgehend positives Bild von der EU, fordern aber Reformen”, heißt es in einer Pressemitteilung des Europaparlaments zur “Eurobarometer”-Umfrage, die zwischen März und April 2021 durchgeführt wurde.
Die Menschen wüßten, was die EU zur Bekämpfung der Pandemie getan hat – und sie wollten, dass sie im Gesundheitsbereich noch mehr tut, lautet das selbstzufriedene Fazit.
Insgesamt zeige die Umfrage “eine starke Unterstützung für die Europäische Union sowie einen breiten Konsens darüber, dass globale Herausforderungen wie die Covid-19-Pandemie am besten auf EU-Ebene angegangen werden.”
Doch im Detail ergibt sich ein völlig anderes Bild.
Weniger als ein Viertel (23 %, 20 % in Deutschland, 22 % in Österreich) befürwortet die EU, “wie sie bisher verwirklicht wurde” – ein Rückgang um vier Punkte seit November/Dezember 2020.
Fast die Hälfte der Befragten (47 % EU-weit, 57 % in Deutschland, 38 % in Österreich) gibt an, “für die EU zu sein, aber nicht so, wie sie bisher verwirklicht wurde”.
Das müssen alles Leser von “Lost in EUrope” sein 🙂 Denn genau dieses Grundgefühl – bzw. diese Einschätzung – hat mich zur Gründung dieses Blog bewegt.
Bestätigt fühle ich mich auch in der Einschätzung zur Coronakrise.
Jeder zweite Befragte ist unzufrieden mit dem europäischen Krisenmanagement. Besonders viele Kritiker gibt es in Deutschland (63 % unzufrieden) und Frankreich (60 %), also in den größten und wichtigsten EU-Ländern.
Doch das Europaparlament lässt sich davon nicht beirren. Im Gegenteil:
74 % der Europäerinnen und Europäer (65 % in Deutschland, 61 % in Österreich) wollen, dass die EU mehr Kompetenzen erhält, um mit Krisen wie der Covid-19-Pandemie umzugehen, freut sich die PR-Abteilung.
Also dürfen wir uns wohl auch hier auf “mehr EUropa” einstellen… – trotz der eklatanten Fehler in der Coronakrise…!?
Siehe dazu auch mein aktuelles E-Book
european
7. Juni 2021 @ 17:25
Ich wäre sehr für ein Mehr-Europa, im Sinne einer europäischen Republik mit Rechtssicherheit für alle Bürger. Schon allein aus familiären Gründen 🙂
Es war ein Fehler, die Finanzkrise eine Staatsschuldenkrise auszurufen und alles auf dem Rücken der Bürger auszutragen, Griechenland wirtschaftlich zu vernichten und Austerität zu verordnen. Das Haftungsprinzip wurde völlig außer Kraft gesetzt und die Bürger der EU-Länder gegeneinander aufgehetzt. Der Aufstieg von Rechtsaußen kommt ja nicht von ungefähr.
Was will man da jetzt erwarten? Jubelrufe?
ebo
7. Juni 2021 @ 18:57
Richtig, sehr viele Probleme gehen auf die Finanz- und Eurokrise zurück – also auf das deutsche (Miss-)Management derselben. Allerdings gibt es auch noch das Proble, dass wir eine Währungsunion ohne politishe Union haben (seit der Euro-Einführung). Und eine Erweiterung ohne Vertiefung. Und eine nicht gewählte Kommissionspräsidentin. Und, und, und..
Das Demokratieproblem existiert übrigens schon seit 2005, als die EU-Verfassung von zwei Ländern abgelehnt wurde. Doch das Votum der Völker wurde übergangen…
european
7. Juni 2021 @ 19:43
Ich stimme Ihnen in allen Punkten zu.
Macht ganz schön hilflos, weil es eigentlich ein gutes Gefühl ist bzw. sein könnte, EU-Bürger zu sein.
Fidas
4. Juni 2021 @ 12:50
Gute Fragen über die EU-Akzeptanz . Hier meine Antworten :
1. Für die EU, wie sie bisher verwirklicht wurde ?
Also der Grad der Erreichung des jeweilig angestrebten Sollzustands.
In der Anfangsperiode der EWG-Jahre : JA
In den EG-Jahren : JA
In den EU-Jahren : Von eher JA allmählig eher NEIN bis klar NEIN
Die neuen Ziele und Kompetenzen wirken insgesamt destruktiv, sogar vieles aus dem angestrebten Sollzustand der zwei Anfangsperioden wird oft nicht mehr erreicht und es wird immer schlimmer.
2. Für die EU zu sein, aber nicht so, wie sie bisher verwirklicht wurde ?
Wenn man mit EU ein angestrebtes einheitliches Staatsgebilde mit demokratischer Verfassung für die Europäer gemeint ist : JA
3. Sehr unzufrieden mit dem Management der Krise durch die EU
4. Um Gottes Willen nicht mehr Kompetenzen für die EU ( sehen Sie Antwort 1).