Erster Deal mit Biden, zweiter Korb für Verhofstadt – und der Bruch mit Orban
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Die EU macht ihren ersten Deal mit US-Präsident Biden. Der ehemalige belgische Premier Verhoftstadt darf nicht den Bürgerdialog leiten. Und die konservative EVP bricht mit Ungarns Premier Orban – jedenfalls teilweise.
Über den ersten Deal mit Biden schreibt das Handelsblatt:
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat den USA eine enge Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen angeboten und Präsident Joe Biden zum Weltgesundheitsgipfel im Mai nach Rom eingeladen. Dies teilte von der Leyen am Freitagabend nach einem Telefonat mit Biden mit. „Die EU und die USA sind beide wichtige Impfstoffhersteller, und wir haben ein starkes Interesse zusammenzuarbeiten, damit globale Lieferketten gut funktionieren“, erklärte von der Leyen. – Konkret möchte die EU nun Impfstoff von AstraZeneca aus den USA importieren. Dies ist ein neuer Offenbarungseid für die gescheiterte Impfstrategie, die von der Leyen ausgearbeitet hat...
Über den neuerlichen Korb für Verhofstadt schreibt der britische „Express“:
The Belgian MEP, a supporter of a united states of Europe, was French President Emmanuel Macron’s pick to oversee the reformation project. His position was said to have been stitched-up as part of the top jobs summit that saw Ursula von der Leyen appointed as the European Commission’s president. But now EU member states decided its time to distance themselves from Mr Verhofstadt’s brand of European politics. – Es ist eine Niederlage für Macron, dass er den liberalen Verhofstadt nicht durchsetzen konnte. Nun wird die Bürgerkonferenz zur Zukunft der EU von drei EU-Granden geleitet – es geht nur noch um Proporz, nicht mehr um eine (föderale) Weiterentwicklung!
Über den Bruch mit Orban schrieben wir:
Die große Frage ist nun, welche Konsequenzen dies für die EU-Kommission hat. Bisher hat Kommissionschefin von der Leyen den ungarischen “Diktator” (so ihr Amtsvorgänger Juncker) mit Samthandschuhen angefasst. Wird sich dies nun ändern? Kommt es gar zur Kürzung von EU-Mitteln, wie das Parlament fordert? Ich bezweifele es. Die CDU-Politikerin will ja noch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten und erst dann ein Konzept für Finanzsanktionen vorlegen. Vor der Bundestagswahl wird das wohl nichts mehr… – Immerhin hat sich nun CSU-Chef Söder von Orban losgesagt. Von der CDU vermissen wir immer noch eine klare Aussage – mehr hier
Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:
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Kleopatra
7. März 2021 @ 09:36
Manfred Weber hat hingegen Orbán in einem gerade veröffentlichten Gastbeitrag in der Welt scharf für seinen Austritt aus der EVP-Fraktion kritisiert; laut ihm sei die EVP doch u.a. für eine „klare Migrationsbegrenzung“ und dafür, dass die „Familienpolitik … rein nationale Kompetenz“ bleibe (also implizit: die EVP vertritt dieselben Werte wie die Fidesz), und er wirft ihm vor, dadurch ein linkes Europa zu befördern. Eine bemerkenswerte Aussage auch deshalb, weil Orbán ja mit dem Austritt der Fidesz aus der EVP-Fraktion auf Initiativen innerhalb der Fraktion reagiert, die Fidesz zu suspendieren oder gar auszuschließen. Für Weber ist der Austritt der Fidesz eine schwere politische Niederlage, denn er hat fast alles ihm Mögliche getan, um die Fidesz in der Fraktion zu halten, und die Initiativen gegen die Fidesz abzublocken. Nebenbei: er ist stellvertretender Vorsitzender der CSU; aber anders als Söder träumt er nicht davon, Kanzler einer CDU/CSU/Grün-Koalition zu werden, und braucht sich deshalb nicht bei den deutschen Grünen einzuschmeicheln. Dafür weiß er als Niederbayer wahrscheinlich gut, wie eng die Autoindustrie seiner Heimat mit ungarischen Fabriken zusammenhängt.
Für die Kommission hat es keine Folgen. Denn die ist nur vor ihrer Ernennung einmal auf eine Mehrheit im Parlament angewiesen. Und wenn UvdL ua. dank der Fidesz-Stimmen Kommissionspräsidentin geworden ist, hat sich an diesem Punkt nichts geändert.